Als Richard Flor das Rathaus verlässt, ist der Oberhauser enttäuscht. Gemeinsam mit Hülya Aydingünes hat er gerade Oberbürgermeisterin Eva Weber und Ordnungsreferent Frank Pintsch (beide CSU) zwei dicke Ordner überreicht. Darin abgeheftet sind 3099 Unterschriften gegen den geplanten Süchtigentreff in St. Johannes an der Donauwörther Straße. „Die Unterschriften wurden entgegengenommen. Aber das war‘s. Das Ding ist durch.“ Flor hegt kaum noch Hoffnung, dass sich der Stadtrat kommende Woche gegen das Projekt aussprechen könnte. Auch bei manch der rund 40 Oberhauserinnen und Oberhausern, die sich anlässlich der Übergabe am Mittwochnachmittag am Rathausplatz treffen, scheint Ernüchterung eingekehrt.
Augsburg
Die Kirchengemeinden in Oberhausen zeigen, dass sie Wasser predigen und Wein trinken. Man beruft sich auf die Lehre von Jesus, aber man vergisst dabei, dass Jesus die Nächstenliebe als Gebot genannt hat. Die Gleichnisse vom barmherzigen Samariter oder vom Zöllner zeigen deutliche Parallelen zu den Reaktionen der Kirchengemeinden. Liebe deinen Nächsten wie dich selbst - schöne Worte, denen hier Egoismus entgegen steht. Wie soll man da die Kirche noch ernst nehmen? Sucht ist eine schwere Erkrankung, die durch ignorieren auch nicht verschwindet. Selbst wenn das Projekt nicht in St. Johannes installiert wird, so bleiben die Süchtigen trotzdem existent. Ich finde es allemal besser, kranken Menschen Hilfsangebote zu machen, als diese aus dem eigenen Blickfeld verbannen zu wollen.
Vielen Dank! Ich bin ganz ihrer Meinung!
Es spricht keiner davon die Kranken aus zu Grenzen oder ihnen keine Hilfe an zu bieten. Lediglich der Ort für die geplante Hilfe wird als nicht ideal gesehen. Eine Gesellschaft muss helfen und auch für Hilfe sorgen die angenommen wird und das ohne sich selbst zu schaden. Genau dieses "ohne sich selbst schaden" steht stark im Zweifel wenn eine nötige Hilfseinrichtung in einem durch Familien, Einrichtungen für Kinder und Wohnungen geprägten Gebiet umgesetzt wird. Es geht den Glaubensgemeinschaften also nicht darum keine Hilfe an zu bieten und somit Wasser zu predigen und Wein zu saufen, sondern es wird hier seitens der Stadt verlangt Kinder und Jugendliche einem Umfeld aus zu setzen, das sie aufgrund der täglichen Vorkommnisse mit über 500 Blaulicht Einsätzen pro Jahr nachhaltig prägen wird. Braucht das ein durch den Bunten mix der Kulturen eh schon sozial gemischter Stadtteil?
Es ist klar, dass dadurch, wenn der geplante Ort erst einmal nicht käme, es eine weitere Verzögerung gäbe und man sich dem Thema erst einmal "nicht aussetzen müsste". Auch aus meiner Sicht haben sich die Agierenden in der römisch-katholischen Pfarreiengemeinschaft nicht mit Ruhm bekleckert. In gewisser Weise macht St. Johannes vor, was die christliche Botschaft eigentlich bedeutet...
Was sich hier extrahieren lässt, ist eindeutig, dass die Belange von Süchtigen und Straftätern wesentlich höher eingestuft werden als die Wünsche und Belange der Bürger und ihrer Kinder vor Ort. Fragt man sich natürlich, was noch alles geschehen muss?
Süchtige und Straftäter sind auch Bürger dieser Stadt. Einen Ausgleich der verschiedenen Interessen und Wünsche zu finden, ist allerdings nicht einfach. Zu einfach macht es sich aber die Aktionsgemeinschaft, die eine Hilfezentrum für Süchtige in Oberhausen kategorisch ablehnt und mit Horrorszenarien Stimmung macht.
Das kann ich in der öffentlichen Diskussion so nicht erkennen, dass es sich die Aktionsgemeinschaft einfach macht. Es wurden diverse Standorte auch in Oberhausen genannt, die evtl. ebenfalls geeignet sein können. Und die Horrorszenarien (Spritzen und zeitweise hilflose Menschen im öffentlichen Raum, Blaulichteinsätze, Beschaffungskriminalität, bleibender Eindruck für Kinder und Jugendliche, dass Drogensucht etwas völlig normales und förderungswertes ist...) sind bereits da wie Herr Pintsch von der Stadt regelmäßig betont. Es ist kein Einfaches Thema, daher sollte das auch nicht Stumpf und auf einem Standpunkt verharren seitens der Stadt entschieden werden, sondern es sollte mit Hirn und Herz eine Lösung gefunden werden die dem Optimum nahe kommt. Dieser Standort ist wie man dem öffentlichen Interesse entnehmen kann wohl nicht geeignet und da sprechen über 3.000 Menschen die sich gegen den Standort aussprechen eine klare Sprache.
"Ist ganz einfach." So generiert man "Wutwähler"
Sind es die Kinder, die zu Hause Gewalt und Missbrauch erleben müssen, die an der Armutsgrenze leben, die in der Schule Mobbing ausgesetzt sind. Oder sind es die Kinder die gut behütet in die Schule gefahren und abgeholt werden.. In unserer Gesellschaft gibt es Kinder die leben auf der Straße ! Sicher ist es ein schwieriges Thema, aber wo will man diese Menschen verstecken, dass sie nie mehr von den edlen Augen der betuchten Schicht gesehen werden. Alles was nicht passt wird passend gemacht... Wie wärs mit Ruanda..!
Sicher hat es den Eindruck, als wäre alles bereits entschieden und würden Alternativen nur vor dem Hintergrund "wir entscheiden uns für St. Johannes" geprüft. Doch was soll die Stadt tun? Sie hat akuten Handlungsdruck (wer das bezweifelt, soll einfach mal vormittags zum Hallerplatz kommen) und Standorte drängen sich nicht gerade auf. Als engagierter Katholik habe ich von den Aktionen, die ja anscheinend auch die Pfarreiengemeinschaft unterstützte, außer des Wurfblattes der „Aktionsgemeinschaft Oberhausen“ nichts mitbekommen. Zudem frage ich mich, was – wenn nicht eine Unterbringung in einer Pfarrkirche – denn der christlichen Botschaft am nächsten käme? Zumindest im Großteil der Bevölkerung ist unstrittig, dass den Süchtigen geholfen werden soll. Nach allen bekannten Informationen ist dies die beste Möglichkeit. Was mich viel mehr stört, ist, dass gravierende bestehende Probleme in Oberhausen hinter diesem Thema völlig zurückbleiben: 1) starke Vermüllung 2) soziale Probleme
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