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Foto: Silvio Wyszengrad
Foto: Silvio Wyszengrad

Die Tarifzonen 10 und 20 im Augsburger Stadtgebiet werden zusammengelegt: Wer mit der Streifenkarte oder mit einem Einzelfahrschein unterwegs ist, muss eventuell mehr zahlen.

Augsburg
29.12.2017

Neue Tarife: Das kommt ab Montag auf Fahrgäste zu

Von Stefan Krog

Wer mit Einzelfahrscheinen unterwegs ist, darf ab Montag doppelt so viel bezahlen. Dies sorgt für Unmut. Die Abo-Kunden bleiben dem Verkehrsverbund aber offenbar treu.

Ab Montag müssen sich Fahrgäste von Bus, Straßenbahn und Nahverkehrszügen auf neue Preise und Tarifzonen gefasst machen: Dann tritt die Reform im Augsburger Verkehrs- und Tarifverbund (AVV) in Kraft. In der Stadt werden die Stadtwerke an den zentralen Haltestellen Personal im Einsatz haben, das Fahrgästen Hilfestellung gibt. Zudem werde man in den ersten Tagen bei Kontrollen kulanter sein, sollten Fahrgäste aufgrund der Zonen-Neuregelung in Augsburg unfreiwillig zu Schwarzfahrern werden.

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„Wir werden beobachten, wie die Fahrgäste mit den Änderungen zurechtkommen“, so Stadtwerke-Sprecher Jürgen Fergg. Die größte Änderung im Stadtgebiet Augsburg wird die Vereinigung der Zonen 10 und 20 sein. Davon sind Fahrgäste mit Einzelfahrschein und Streifenkarten betroffen – bei Abos gibt es nach wie vor eine Wahlmöglichkeit nach Zonen.

Fahrer mit Einzelfahrschein müssen mehr zahlen

Eben weil es bei den Bartarifen keine Zone 10 (ein Gebiet mit etwa 2,5 Kilometern Radius rund um die Stadtmitte) mehr geben wird, wird künftig für Fahrten innerhalb der Stadt automatisch Preisstufe 2 fällig. Der Einzelfahrschein kostet hier 2,90 Euro, stempeln kann man auch zwei Streifen auf der Streifenkarte für umgerechnet 2,40 Euro. Ausnahme: Für kurze Strecken gibt es das neue Kurzstreckenticket (1,45 Euro), das eine Fahrt über vier Haltestellen (Einstiegshaltestelle nicht mitgerechnet) erlaubt. Analog kann dafür ein Streifen auf der Streifenkarte entwertet werden.

Allerdings ist das Kurzstreckenticket keine volle Kompensation. Beispiel: Von der Haltestelle Pfersee aus konnte man bisher mit der Preisstufe 1 einmal zum Königsplatz und sogar darüber hinaus bis zur Berliner Allee fahren. Mit dem Kurzstreckenticket kommen Pferseer künftig nur bis zur Rosenaustraße, also nicht einmal bis in die Innenstadt.

Nachdem sich Proteste im Sommer, bevor das Tarifwerk politisch mit Mehrheit beschlossen wurde, in Grenzen hielten, häuften sich zuletzt wütende Reaktionen.  Hauptkritikpunkt: 100 Prozent Preissteigerung für Fahrgäste in der Stadt, die bisher mit Preisstufe 1 zurechtkamen und für die das Kurzstreckenticket kein Ersatz ist. Für eine Fahrt von Hochzoll-Süd nach Hochzoll-Nord zahle man künftig das Doppelte, klagt etwa Fahrgast Ernst Geiger. „Erst zwingen die Verkehrsbetriebe uns Fahrgäste, am Bus vorne einzusteigen – was ich als Schikane empfinde – und jetzt diese unverständliche Verteuerung. So darf man doch mit uns Bürgern und Wählern nicht umgehen!“ Auch der Fahrgastverband ANA hatte diesen Punkt kritisiert.

Das Senioren-Abo fällt weg

Bei den Stadtwerken, die im AVV den Großteil des Augsburger Stadtverkehrs fahren, verweist man darauf, dass von der Zonen-Zusammenlegung nur relativ wenige Fahrgäste betroffen seien. Von den 62 Millionen jährlichen Fahrten mit den Stadtwerken seien zuletzt 1,8 Millionen mit einem Einzelfahrschein der Preisstufe 1 gemacht worden, so Fergg. Hinzu kommen geschätzte 1,6 Millionen Fahrten, bei denen ein Streifen auf der Streifenkarte gestempelt wurde. „Zusammen sind das in etwa fünf Prozent aller Fahrten." Bei dieser Rechnung spielt allerdings eine Rolle, dass die von der Zonen-Zusammenlegung nicht betroffenen Abo-Kunden natürlich deutlich häufiger fahren als Gelegenheitskunden. Macht man also nicht Fahrten, sondern (potenzielle) Fahrgäste als Personen zum Maßstab, ist die Betroffenheit größer.

Im Detail: Ausgewählte Zugverbindungen und Preise

Hier eine Auswahl von Zugverbindungen an einem Wochentag von und nach Berlin-Hauptbahnhof aus unserer Region mit Abfahrt jeweils am späten Vormittag (in Klammern bisherige Fahrzeit zu ähnlichen Abfahrtszeiten)

Im Detail: Ausgewählte Zugverbindungen und Preise

Augsburg

A ab: 10.47 Uhr, B an: 15.29 Uhr. Fahrzeit: 4:42 Std. (bisher: 6:08).

B ab: 10.30 Uhr, A an: 15:09 Uhr. Fahrzeit: 4:39 Std. (bisher: 5:56).

Im Detail: Ausgewählte Zugverbindungen und Preise

Kempten

KE ab: 11.16 Uhr, B an: 17.29 Uhr (Umsteigen in München). Fahrzeit: 6:13 Std. (bisher: 8:12).

B ab: 12.05 Uhr, KE an: 17.54 Uhr (Umsteigen in München und Buchloe). Fahrzeit: 5:49 Std. (bisher: 7:14).

Im Detail: Ausgewählte Zugverbindungen und Preise

Memmingen

MM ab: 10.15 Uhr, B an: 15:51 Uhr (Umsteigen in München). Fahrzeit: 5:36 Std. (bisher: 7:26).

B ab: 12:05 Uhr, MM an: 17.44 Uhr (Umsteigen in München). Fahrzeit: 6:13 Std. (bisher: 8:11).

Im Detail: Ausgewählte Zugverbindungen und Preise

Ulm

UL ab: 11.10 Uhr, B an: 17:29 Uhr (Umsteigen in München). Fahrzeit: 6:19 Std. (bisher: 6.34).

B ab: 12.05 Uhr, UL an: 17:48 Uhr (Umsteigen in München). Fahrzeit: 5:43 Std. (bisher: 6:33).

Im Detail: Ausgewählte Zugverbindungen und Preise

Landsberg

LL ab: 10.46 Uhr, B an: 15.51 Uhr (Umsteigen in Kaufering und München). Fahrzeit: 5:05 Std. (bisher: 7:39).

B ab: 12.05 Uhr, LL an: 16.13 Uhr (Umsteigen in München und Kaufering). Fahrzeit: 5:43 Std. (bisher: 7:13).

Im Detail: Ausgewählte Zugverbindungen und Preise

Donauwörth

DON ab: 11.08 Uhr, B an: 15.29 Uhr. Fahrzeit: 4:21 Std. (bisher: 6:27).

B ab: 10.30 Uhr, DON an: 14.48 Uhr. Fahrzeit: 4:18 Std. (bisher: 5:36).

Im Detail: Ausgewählte Zugverbindungen und Preise

Neuburg/Donau

ND ab: 11:28 Uhr, B an: 15:51 Uhr (Umsteigen in Ingolstadt und Nürnberg). Fahrzeit: 4:23 Std. (bisher: 7:01).

B ab: 12:05 Uhr, ND an: 16:24 Uhr (Umsteigen in Nürnberg und Ingolstadt). Fahrzeit: 4:19 Std. (bisher: 6:24).

Im Detail: Ausgewählte Zugverbindungen und Preise

Preise: Mit dem neuen Fahrplan hat die Bahn auch ihre Preise erhöht. Das heißt: Der sogenannte Flexpreis – also Tickets ohne Sparpreis oder Bahn-Card – beträgt in der zweiten Klasse im Schnitt 1,9 Prozent und in der ersten Klasse 2,9 Prozent mehr. Im Regionalverkehr erhöhen sich die Preise durchschnittlich um 2,3 Prozent.

Im Detail: Ausgewählte Zugverbindungen und Preise

Sprinter: Auch wenn die Sprinter-Verbindung zwischen München und Berlin schneller ist, kostet sie mit Flexpreis nicht mehr als der normale ICE.

Abo-Kündigungen, so die Stadtwerke, habe man bisher nicht mehr bekommen als während des Jahres aufgrund von Wegzug, Todesfällen oder veränderter Lebenssituation. Mit der Nachfrage nach dem neuen 9-Uhr-Abo (30 Euro pro Monat) und den von der Stadt bezuschussten Schüler-Abos (für die bisher nicht zuschussberechtigten Schüler) sei man recht zufrieden. Allerdings kommt die Nachfrage nach dem 9-Uhr-Abo auch dadurch zustande, dass das Senioren-Abo wegfällt. Kritisiert wird von Rentnern, dass sie mit dem Ersatzangebot erst ab 9 Uhr fahren dürfen. Die Stadtwerke kontern, dass der Grundpreis dafür um 42 Euro günstiger ist. Dies entspreche 35 Streifen auf einer Streifenkarte, die man für unvermeidbare Fahrten vor 9 Uhr nutzen könne.

Ziel ist es, mehr Fahrgäste zu gewinnen 

AVV-Geschäftsführer Olaf von Hoerschelmann verhehlt nicht, dass rund 25 Prozent der Fahrgäste im gesamten Verbundgebiet (Stadt und Landkreise Augsburg, Aichach-Friedberg und Dillingen) schlechter gestellt werden als heute. Allerdings geht mit der Verteuerung meist auch eine Ausweitung des Angebots einher, speziell für Fahrgäste im Augsburger Umland. Ob sie diese im Alltag benötigen, steht auf einem anderen Blatt. „Aber ein Ziel der Reform ist es, die Leute dazu zu bringen, grundsätzlich öfter auf den öffentlichen Nahverkehr umzusteigen“, so von Hoerschelmann. Dabei helfe es durchaus, wenn Kunden mehr Fahrtmöglichkeiten im Abo haben.

Insgesamt sei die Reform ein Kompromiss aus den gesetzten Zielen, die Tarife einfacher, gerechter, günstiger und für die Verkehrsunternehmen ergiebiger zu machen. „Teils stehen die Ziele ja in gegenseitigem Konflikt“, sagt von Hoerschelmann. Oberstes Ziel sei aber, mehr Fahrgäste zu gewinnen. So erklärten sich auch die prognostizierten Einnahmesteigerungen. „Vielleicht werden wir an der einen Stelle einige Fahrgäste verlieren, aber dafür wollen wir an anderer Stelle umso stärker zulegen.“ Die Stadtwerke rechnen damit, ab Mitte Februar einen ersten Vergleich über Fahrkarten-Verkaufszahlen vorlegen zu können.

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