Trachtler trifft Wassergott mit Nixe. Auf der Lechhauser Kirchweih in Augsburg ist so etwas möglich. Dieses Wochenende wird zum ersten Mal nach zwei schwierigen Corona-Jahren wieder richtig gefeiert: mit Umzug, Bierzelt, Buden und dem großen Marktsonntag. Vor allem ein Mann bekommt Jubel und Applaus.
Am Samstagmittag hat der Festumzug Wetterglück. Trachtlerinnen und Trachtler mit prächtigen Vereinsfahnen, Musikkapellen, Musketiere, Gartler, Turnkinder, Taucher in Kostümen von Sagengestalten und ein historischer Lastwagen, der Bierfässer geladen hat. Sie alle ziehen vom Marienplatz zum Festzelt in der Klausstraße. Kirchenglocken läuten, Böllerschützen lassen es krachen. Organisator Horst Hinterbrandner, stellvertretender Vorsitzender des Lechhauser Trachtenvereins und CSU-Stadtrat, freut sich über die große Zahl der Mitwirkenden: "Ein Festzug mit deutlich über 400 Teilnehmern, das hatten wir schon lange nicht mehr."
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Zum Neustart der Lechhauser Kirchweih scheinen am Wochenende viele sehr glücklich zu sein. Besucherin Edith Robert macht Fotos und Videos vom Umzug. Die will sie einem weitläufigen Verwandten in Texas/ USA per WhatsApp schicken, einem Augsburger, der früher in der Derchinger Straße wohnte. Erika Schneider vom Trachtenverein Schmuttertal-Gablingen ist ebenfalls gut drauf. "Es ist einfach super, wenn man wieder seine Tracht anziehen kann."
Im Festzelt gibt es gleich zwei Premieren. Hinterbrandner begrüßt den neuen Festwirt Stefan "Bob" Meitinger mit einem Servus auf der bayerischen Seite des Lechs. Im Publikum brandet Jubel auf. Der Kultgastronom, der mithelfen will, die Kirchweih neu zu beleben, bekommt zur Eröffnung den meisten Applaus. Oberbürgermeisterin Eva Weber ist zum Fassanstich nicht da. Sie hat sich wegen "leichter gesundheitlicher Probleme" entschuldigen lassen und als Vertretung Wirtschaftsreferent Wolfgang Hübschle geschickt. Auch auf ihn wartet eine Premiere. Hübschle zapft zum ersten Mal in offizieller Mission bei der Lechhauser Kirchweih an. Er erledigt den Job mit vier Hammerschlägen.
Volksfest in Augsburg: Wirtschaftsreferent vertritt OB beim Fassanstich
Hübschle ist ebenfalls froh, dass wieder gefeiert wird. "Die Lechhauser Kirchweih ist ein Schmiermittel für den Stadtteil und die Stadtidentität", sagt er. Neben den Veranstaltungen im Zentrum und dem Plärrer seien entsprechende Angebote in den Stadtteilen wichtig. Vom Gögginger Frühlingsfest bis zur Lechhauser Kirchweih im Herbst gebe es eine schöne Abfolge, die unterschiedliche Zielgruppen anspreche. Hübschle hält den Lechhauser Marktsonntag an diesem Wochenende ebenfalls für ein "tolles Angebot", damit sich der Einzelhandel vor Ort präsentieren kann. Der Bäcker oder Metzger um die Ecke sei auch für soziale Kontakte und für die Wohnqualität von Bedeutung.
Am Marktsonntag tummeln sich bei schönem warmem Wetter schon mittags tausende Besucher in Lechhausen. Peter Fischer von der Aktionsgemeinschaft Lechhausen erwartet, dass es bis zum Abend 25.000 bis 30.000 sein werden. Die Pferdestaffel der Polizei ist da. Neben den offenen Läden gibt es viele Stände und Aktionen, etwa den Infostand zum Brecht-Festival, das kommendes Jahr in großen Teilen in Lechhausen stattfinden wird. "Das ist genau der richtige Ansatz, Kultur in die Statteile zu bringen", sagt Fischer. Er kündigt zudem an, in Lechhausen werde es auch in diesem Jahr Weihnachtsbeleuchtung geben. Man habe die "sehr geringen Kosten" für die LED-Leuchten mit dem möglichen Schaden für den Einzelhandel ohne Beleuchtung abgewogen und hoffe auf Verständnis für diese Entscheidung.
Bei der Lechhauser Kirchweih gibt es aber ein sensibles Thema: Das Festzelt steht im Wohngebiet. Die nächsten Anwohner sind nur wenige Meter weit weg. Samstagabend ist das Zelt voll. Besonders stolz ist Bob Meitinger auf das Engagement der Roberts H-Band. Sie spiele erstmals seit 17 Jahren wieder zusammen, sagt er, zwei Fan-Busse von auswärts sind da. Die Stimmung kocht. Nicht nur bekannte Rock-Hits, auch eine Feuerspucker-Einlage sorgen für Begeisterung. Andererseits müssen die behördlichen Auflagen eingehalten werden. Meitinger wirkt etwas genervt von all den Vorschriften, wo er doch etwas Neues für den Stadtteil auf die Beine stellt. Hübschle beschreibt die Lage so: "Es ist positiv, wenn man ein Festzelt mitten im Wohngebiet machen kann."