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Augsburg: Nach "Sportkind"-Streit will die Stadt alle Vorschriften entrümpeln

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Nach "Sportkind"-Streit will die Stadt alle Vorschriften entrümpeln

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    Der Streit über die Sportkind-Monitore in einem Schaufenster am Rathausplatz soll dauerhaft Folgen für Abläufe in der Verwaltung haben.
    Der Streit über die Sportkind-Monitore in einem Schaufenster am Rathausplatz soll dauerhaft Folgen für Abläufe in der Verwaltung haben. Foto: Silvio Wyszengrad

    Es war ein Aufreger im vergangenen Sommer: Das Geschäft "Sportkind" am Augsburger Rathausplatz hatte mit Monitoren für sein Angebot geworben und stieß bei der Stadt damit auf Widerstand. Die Ladeninhaberinnen und der Stadtrat gingen daraufhin auf Konfrontation. Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) grätschte schließlich in die Auseinandersetzung hinein und pfiff die eigene Verwaltung zurück. Offenbar auch um keine Wiederholung bei einem anderen Thema zu provozieren, sollen nun alle 180 städtischen Verordnungen und Satzungen auf den Prüfstand, ob sie in dieser Form noch zeitgemäß sind. "Sportkind" sei der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe, so Weber.

    Die Welt drehe sich inzwischen schneller als manche rechtlichen Regelungen, sagt die Oberbürgermeisterin. Sie wolle in der Stadtverwaltung einen Prozess anstoßen, um Zuständigkeiten zu vereinfachen. Wer ein Fest veranstalten wolle, müsse sich je nachdem, ob es auf einer Straße oder in einer Grünanlage stattfinden soll, an unterschiedliche Stellen bei der Stadt wenden. "Bei Bescheiden darf die Stadt nie schludrig werden, aber manche Dinge sollte man mit mehr Pragmatismus angehen", so Weber.

    Nach "Sportkind"-Streit soll Arbeitsgruppe Ergebnisse präsentieren

    Die OB tritt seit einigen Monaten mit der Parole auf, dass man "ins Ermöglichen kommen" müsse, statt Dinge zu verhindern. Es scheint, dass dieser Spruch zu einem Leitmotiv der zweiten Hälfte ihrer Amtszeit werden soll. Hintergrund war der Ärger um die Schaufensterbildschirme bei "Sportkind" am Rathausplatz letzten Sommer. Damals verbot die Bauverwaltung - unter anderem angesichts bestehender Regelungen im Bebauungsplan und im Hinblick auf den Denkmalschutz - die Monitore, die es in dieser Größe noch in keinem Innenstadtschaufenster gegeben hatte. Das Thema kochte über Monate im Bauausschuss des Stadtrats immer weiter hoch - am Ende setzte sich Weber über die Sichtweise ihrer Behörde hinweg und setzte eine Arbeitsgruppe ein, die sich über die künftige Gestaltung der Innenstadt Gedanken machen soll. Im Frühsommer ist mit Ergebnissen zu rechnen - dass Monitore in Schaufenstern künftig erlaubt sein werden, darf als sicher gelten.

    Diese Monitore im Schaufenster bei Sportkind am Augsburger Rathausplatz brachten im Sommer 2022 die Diskussion in Gang.
    Diese Monitore im Schaufenster bei Sportkind am Augsburger Rathausplatz brachten im Sommer 2022 die Diskussion in Gang. Foto: Silvio Wyszengrad (Archivbild)

    Als Watschn für ihre Verwaltung - wie es die Opposition sah - will Weber das Vorgehen nicht verstanden wissen. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen seien engagiert. Auch die Bauverwaltung habe im Sommer ihren Job gemacht, indem sie bestehende Regeln durchsetzen wollte. Für die Zukunft wünscht sich Weber aber, dass das Verwaltungshandeln an dieser Stelle nicht endet, sondern stärker nach Lösungen sucht. "Wir haben Verordnungen, die noch aus der Zeit kommen, als es keine Smartphones gab", so Weber. Darum sei es Zeit für eine Neuregelung. 

    Wie weit wird das "Ermöglichen" in Augsburg künftig gehen?

    Auf die Frage, wie weit das "Ermöglichen" gehen und ob dies über - womöglich angreifbare - Einzelfallentscheidungen oder grundsätzliche Neuregelungen laufen soll, gibt Weber eine differenzierte Antwort: "Ermöglichen bedeutet nicht, dass man schaut, dass jeder alles darf." Wenn es Landesvorschriften wie die Bauordnung gebe, könne man ohnehin nur über Ermessensspielräume nachdenken. Und grundsätzlich sei die Überzahl der Regelungen auch inhaltlich sinnvoll. Dass künftig reihenweise Bebauungspläne aufgehoben werden, um Hausbesitzern größtmögliche Freiheit bei der Wahl des Gartenzauns zu ermöglichen, sei nicht beabsichtigt. "Es käme dann einiges ins Rutschen, was momentan gut geregelt ist." Es gehe nicht um einen regellosen Zustand, betont Weber. Was die Stadt entscheide, müsse vor Gericht Bestand haben, und wenn man Regeln an manchen Stellen lockern wolle, werde das dem Stadtrat zur Entscheidung vorgelegt. 

    Grundsätzlich will Weber die Verwaltung ein Stück weit reformieren, was Prozesse innerhalb und zwischen den Ämtern betrifft. Es sei Bürgern und Bürgerinnen schwer vermittelbar, wenn sie für einen Antrag beim Jugendamt erst zum Standesamt geschickt werden, um sich dort ein Dokument beglaubigen zu lassen, bevor sie ins Jugendamt zurückkehren können. Die Frage, wie die Verwaltung mit ihren 7000 Beschäftigten sich verhält, beschäftigt Weber seit der Pandemie. Damals habe die Verwaltung gezeigt, dass sie sehr pragmatisch und schnell handeln konnte. Diese Tür soll sich nicht wieder schließen. Zudem mache sich der Personalmangel auch in der Verwaltung bemerkbar, weil nicht mehr alle Stellen besetzbar seien. "Wir stellen uns selbst einen Fuß, wenn wir Regelungen und Abläufe komplizierter machen."

    Dem Stadtrat sollen sechs veraltete Regelungen vorgelegt werden

    Weber spricht von einem Dauerprozess, der nun angestoßen werde. Wann es wie viele konkrete Ergebnisse geben wird, sei noch ungewiss. Als erstes Ergebnis sollen dem Stadtrat in den kommenden Monaten sechs veraltete Regelungen aus dem Stadtrecht vorgelegt werden, um sie aufzuheben. Dazu zählt eine Satzung zur Landesgartenschau von 1985, die seitdem nicht mehr benötigt wurde und durchs Stadtrecht geisterte. Künftig soll jede Satzung eine Art "Verfallsdatum" bekommen, zu dem sie auf den Prüfstand kommt.

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