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Prozess in Augsburg: Nach Protest gegen Abholzaktion: Gericht verurteilt Klimaaktivist

Prozess in Augsburg

Nach Protest gegen Abholzaktion: Gericht verurteilt Klimaaktivist

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    Der Augsburger Klimaaktivist Ingo Blechschmidt steht vor Gericht.
    Der Augsburger Klimaaktivist Ingo Blechschmidt steht vor Gericht. Foto: K.-J. Hildenbrand, dpa

    Ingo Blechschmidt hat drei Bücher auf dem Tisch vor sich platziert, darunter "Das Klima-Buch" von Greta Thunberg. Die Einlasskontrolle in den kleinen Saal im Augsburger Amtsgericht sind strikt, die Plätze voll, das Polizeiaufgebot ist groß, dabei geht es juristisch gesehen um nicht viel; Hausfriedensbruch, üble Nachrede. Um manche Mordprozesse hier im Gebäude gibt es bedeutend weniger Trubel. Aber es ist eben kein ganz gewöhnliches Verfahren, das am Montag verhandelt wird, das zeigt sich an vielen Stellen. Auch daran, dass Blechschmidt, 34, sich ohne Anwalt selbst verteidigt, und das nicht einmal schlecht. 

    Klimaschützer protestierten gegen Abholzaktion der Lech-Stahlwerke

    Die Staatsanwaltschaft Augsburg wirf dem bekannten Augsburger Klimaaktivisten mehrere Straftaten vor, Blechschmidt selbst sieht die Lage anders und hat daher gegen einen Strafbefehl Einspruch eingelegt. Die Emotionalität und die Dringlichkeit des Anliegens der Klimaaktivisten treffen an diesem Tag auf die routinierten Abläufe der bayerischen Justiz. Blechschmidt hatte mit anderen Aktivisten im Oktober das Gebäude der Regierung von Schwaben besetzt – aus Protest dagegen, dass diese eine Abholzaktion für die Erweiterung der Lech-Stahlwerke in Meitingen (Kreis Augsburg) genehmigt hatte.

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    Klimacamper protestierten im Herbst 2022 gegen die Abholzung des Meitinger Lohwalds am Stahlwerk Meitingen. Am Gebäude der Regierung von Schwaben in Augsburg seilte sich eine Demonstrantin ab.

    Es ist eine Fällung, die Blechschmidt auch im Gerichtssaal heftig kritisiert. Der Meitinger Lohwald, um den es ging, sei ein Bannwald, der besonderen rechtlichen Schutz habe. Die Genehmigung der Behörde sei "frech und undemokratisch" gewesen und "im Geheimen" erfolgt. Klimaschützer und Naturschützer kritisieren, dass die artenschutzrechtliche Genehmigung zur Fällung von Bäumen erteilt wurde, obwohl Klagen anhängig gewesen seien. Der Wald sei ein Verbündeter im Kampf gegen die Klimakrise, sagt Blechschmidt, ein promovierter Mathematiker. Als Wissenschaftler habe er etwas machen müssen, und er habe dabei eine breite Öffentlichkeit erreichen wollen. 

    Quasi gleichzeitig zur Aktion bei der Regierung von Schwaben im Oktober, hatte jemand von Blechschmidts Mailaccount in einer Mitteilung Korruptionsvorwürfe gegen den damaligen Regierungspräsidenten Erwin Lohner erhoben, was die Staatsanwaltschaft als üble Nachrede wertet, da sie nicht nachweislich wahr seien. Allerdings: War es Blechschmidt selbst, der sie verfasste und verschickte? Im Gerichtssaal sagt der Klimaaktivist, er sei es nicht gewesen, viele andere Personen hätten Zugriff auf seine E-Mail-Zugangsdaten. Eine Behauptung, die ihm im Prozess niemand widerlegen kann; tatsächlich wird das Verfahren in diesem Punkt auf Antrag der Staatsanwaltschaft eingestellt. Die Besetzung der Behörde, die Blechschmidt im Kern einräumt, werten die Strafverfolger als Hausfriedensbruch. Blechschmidt allerdings sagt, ihm sei nie ein Hausverbot erteilt worden, darauf habe er genau geachtet, ein Hausfriedensbruch stelle die Aktion also aus seiner Sicht nicht dar. Und: Ohnehin liege ein rechtfertigender Notstand wegen des Klimawandels vor, er sei also freizusprechen.

    Klimacamp-Mitinitiator Ingo Blechschmidt vor Gericht in Augsburg

    Was das Gericht letztlich anders bewertet. Amtsrichterin Beate Christ verurteilt den 34-Jährigen zu einer Geldstrafe von 140 Tagessätzen je 15 Euro, wegen Hausfriedensbruchs, der "abweichenden Durchführung einer Versammlung", weil an einem anderen Tag am Augsburger Klimacamp ein Banner auf dem Boden angebracht war, wo es laut Bescheid der Stadt nicht hätte befestigt werden dürfen – und dann doch wegen einer gegen eine Person des öffentlichen Lebens gerichtete üble Nachrede, weil eine Zeugin beobachtet hatte, wie Blechschmidt die Korruptionsvorwürfe gegen den Regierungspräsidenten aus dem Fenster des Gebäudes rief. Das Klimacamp Augsburg teilt mit, dass man Rechtsmittel einlegen werde.

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