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Augsburg: Nach Aufnahmebegrenzung: Ukrainer kritisieren Regierung von Schwaben

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Nach Aufnahmebegrenzung: Ukrainer kritisieren Regierung von Schwaben

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    Die Stadt Augsburg begrenzt die Neuaufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine. Dies hängt auch damit zusammen, dass die Kapazitäten in den Unterkünften eng werden.
    Die Stadt Augsburg begrenzt die Neuaufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine. Dies hängt auch damit zusammen, dass die Kapazitäten in den Unterkünften eng werden. Foto: Silvio Wyszengrad

    Die Nachricht, mit der die Stadt Augsburg am Freitag an die Öffentlichkeit ging, kam etwas verklausuliert daher. Man wende ab sofort "das 'FREE'-Verfahren zur Verteilung Geflüchteter aus der Ukraine an", hieß es in einer Mitteilung. Konkret bedeutet das: Die Stadt begrenzt die Aufnahme von Geflüchteten, und zwar deutlich. Neuankommende werden demnach künftig auf andere Bundesländer verteilt - es sei denn, Verwandte ersten Grades leben bereits in Augsburg oder die Betroffenen haben "gesundheitliche Einschränkungen". Die Umstände, die zu dieser Entscheidung beigetragen haben, sorgen für Kritik - sie richtet sich aber weniger gegen die Stadt, sondern vielmehr gegen die Regierung von Schwaben.

    Nach Angaben der Stadt sind bislang rund 4500 Personen erstmals in Augsburg registriert worden. Im deutschlandweiten Vergleich liegt Augsburg damit deutlich über dem Schnitt. Auch der gesamte Freistaat Bayern hat bislang mehr Geflüchtete aufgenommen als die meisten anderen Bundesländer. Um Ungleichheiten vorzubeugen, haben sich Bund und Länder im Frühjahr darauf verständigt, Neuankommende nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel zwischen den Bundesländern zu verteilen. Eine IT-Anwendung mit dem Namen "FREE" bestimmt demnach automatisiert, wo noch Kapazitäten für Geflüchtete frei sind. Gleichzeitig, heißt es, werden dabei "individuelle Rahmenbedingungen der Geflüchteten berücksichtigt, wie zum Beispiel familiäre Bindungen". Seit Anfang Mai ist "FREE" bundesweit verfügbar, jetzt greift auch die Stadt Augsburg darauf zurück. Warum jetzt? Weil es eng wird.

    Regierung von Schwaben stoppt Finanzierung von Unterkünften

    Etliche Geflüchtete sind bei Privatpersonen untergekommen, etwa bei Verwandten oder Bekannten. Alle anderen fanden bislang in Unterkünften Platz, die von Stadt Augsburg oder der Regierung von Schwaben betrieben werden. In den Einrichtungen der Regierung von Schwaben leben derzeit 611 Personen, in jenen der Stadt 929. Bis vor Kurzem lag die Kapazität der Stadt noch bei rund 1200. Der Grund für diesen Rückgang: Die Regierung von Schwaben finanziert manche Mietverträge, die für "kurzfristige" Unterbringungen gedacht waren, nicht mehr. Betroffen ist etwa das Hostel Übernacht in der Karlstraße, das allein für rund 200 Personen Platz bietet. Diese Menschen müssen nun neu untergebracht werden, was die Kapazitäten für Neuankommende - derzeit sind dies nach Angaben der Stadt zwischen zehn und 20 pro Woche - enorm limitiert.

    Von der Stadt heißt es, grundsätzlich sei es richtig, stärker in Richtung einer gleichmäßigen Umverteilung zu gehen. Bei der Aufnahme bewege man sich bereits auf sehr hohem Niveau. Je mehr Menschen neu kämen, desto schwieriger sei es, die "gute Integrationsleistung" aufrechtzuerhalten, da etwa auch Schulen oder Kitas entsprechende Kapazitäten schaffen müssten. Zwischen den Zeilen wird aber deutlich: Die "Vollbremsung" der Regierung von Schwaben, eigene Kapazitäten in kurzer Zeit deutlich zu reduzieren, führt zu Engpässen, die man sich bei der Stadt gerne erspart hätte. Ein Puffer von zwei oder drei zusätzlichen Monaten hätte die Lage entzerrt, heißt es. Die Stadt selbst will an den eigenen Unterkünften festhalten - und sucht händeringend nach neuen Immobilien, um diese für Geflüchtete anzumieten. Was angesichts der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt kein Leichtes ist.

    Stadt Augsburg will Verträge für Notunterkünfte verlängern

    Warum also werden die Unterkünfte zur kurzfristigen Unterbringung nicht verlängert? Die Regierung von Schwaben verweist lediglich darauf, Mietverträge zur "mittel- bis langfristigen" Unterbringung von Geflüchteten seien verlängert worden. Wegen einer Gesetzesänderung sollten Überbrückungsmaßnahmen zur "mittelfristigen Unterbringung in Hotels, Pensionen und Jugendherbergen nicht mehr erfolgen". Ziel sei, dass sich die betroffenen Menschen um "dauerhafte Unterbringsmöglichkeiten" bemühten. Erstanlaufstellen und Notunterkünfte blieben "selbstverständlich erhalten". Die Notunterkunft auf dem ehemaligen Fujitsu-Gelände soll Stand jetzt mindestens bis Ende September betrieben werden, Stadt und Regierung von Schwaben verhandeln derzeit um eine Verlängerung. Hier hat die Regierung offenbar Entgegenkommen signalisiert.

    Deutliche Kritik an der Regierung von Schwaben formuliert Tanja Hoggan-Kloubert vom Deutsch-Ukrainischen Dialog in Augsburg. Die Entscheidung, die Plätze in Unterkünften zu reduzieren, sei für sie "absolut nicht nachvollziehbar. Es ist fatal, wenn die Politik das Signal aussendet: 'Wir wollen jetzt unsere Ruhe vom Krieg in der Ukraine haben', wir wollen zurück zu 'Business as usual'". Nicht nur Pragmatismus sollte politisches Handeln begründen, sondern vor allem Humanität." Zwar sei die Zahl der Menschen, die derzeit in Augsburg ankämen, begrenzt. "Diejenigen, die hier ankommen, brauchen aber unsere Hilfe, so schnell wie möglich." Augsburgs Bevölkerung habe seit Ausbruch des Kriegs "Unglaubliches" geleistet, auch die Stadt habe immer sehr dabei geholfen, Lösungen zu finden. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass sich Augsburg gegenüber Hilfsbedürftigen nun verschließe.

    Tanja Hoggan-Kloubert engagiert sich für die Belange von Ukrainerinnen und Ukrainern in Augsburg.
    Tanja Hoggan-Kloubert engagiert sich für die Belange von Ukrainerinnen und Ukrainern in Augsburg. Foto: Silvio Wyszengrad

    Hoggan-Kloubert vom Deutsch-Ukrainischen Dialog fordert mehr Ausnahmen

    Dass die Aufnahmebegrenzung keine Auswirkung auf bereits untergebrachte Geflüchtete hat, begrüßt Hoggan-Kloubert, ebenso die getroffenen Ausnahmeregelungen. Sie fordert jedoch, diese auszuweiten - mindestens auf Personen, die nachweislich persönliche Beziehungen zu Geflüchteten haben, die in Augsburg bereits untergekommen sind. "Es gibt Menschen, die haben sonst niemand. Die dürfen wir nicht allein lassen."

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