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Ausgangsbeschränkungen: Muss Augsburg hunderte Corona-Bußgelder zurückzahlen?

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Muss Augsburg hunderte Corona-Bußgelder zurückzahlen?

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    Die Corona-Bußgelder waren ein Reizthema in Augsburg: Hier eine Kontrolle am Kuhsee in Augsburg im Sommer 2020.
    Die Corona-Bußgelder waren ein Reizthema in Augsburg: Hier eine Kontrolle am Kuhsee in Augsburg im Sommer 2020. Foto: Klaus Rainer Krieger

    Wer im April 2020 vor seine Haustür trat, brauchte dazu in Bayern einen "triftigen Grund". Das konnte der Gang zum Supermarkt sein oder zur Arbeit, wer aber etwa auf einer Parkbank sitzen und ein Buch lesen wollte, lief Gefahr, sich ein Bußgeld einzufangen. Die damaligen Einschränkungen im Freistaat zu Beginn der Corona-Pandemie waren hart – und in Teilen rechtswidrig, wie das Bundesverwaltungsgericht zuletzt feststellte. Für Augsburg bedeutet die Entscheidung, dass die Stadt viele der damals verhängten Bußgelder möglicherweise zurückzahlen muss. Doch das hängt an offenen Fragen.

    Hintergrund der Entscheidung des obersten deutschen Verwaltungsgerichtes ist die "1. Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung", die eine Ausgangsbeschränkung vorsah; gültig war sie vom 1. bis zum 19. April 2020. Jene Regelung, wonach man einen "triftigen Grund" zum Verlassen der Wohnung brauchte, erklärte das Gericht für unverhältnismäßig. Von der Beschränkung sei auch das "Verweilen im Freien alleine oder ausschließlich mit Angehörigen des eigenen Hausstandes erfasst gewesen", heißt es vom Gericht. Eine Notwendigkeit dieser Maßnahme im Sinne des Infektionsschutzes sei "nicht zu erkennen". 

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    Was dies für tausende Betroffene bedeutet, die in dem Zeitraum ein Bußgeld wegen der nun im Nachhinein als unrechtmäßig erkannten Regelung erhielten, ist noch ungewiss. Um wenige geht es nicht; im Freistaat waren in dem Zeitraum mehr als 22.000 Bußgelder verhängt worden, weil Menschen draußen unterwegs waren, die aus Sicht von Polizei oder Ordnungsdienst keinen triftigen Grund dazu hatten. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) plädierte zuletzt dafür, dass diese Gelder zurückgezahlt werden sollten, wenn Bürgerinnen und Bürger einen begründeten Antrag stellten. Doch für eine endgültige Schlussfolgerung will die Staatsregierung erst die schriftlichen Urteilsgründe analysieren, die zugestellt werden müssen.

    Ohnehin ist derzeit noch nicht klar, um welche Summen oder um wie viele Fälle es in Augsburg möglicherweise geht, da die Verwaltung diese Zahlen nicht direkt griffbereit hat. Die Stadt teilt auf Anfrage mit, dass man zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussagen über Fallzahlen in dem Zeitraum treffen könne, weil das Erfassungssystem bislang bestimmte Tatbestände nicht herausfiltern kann und daher eine händische Erfassung erforderlich sei. 

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    Man kann allerdings ein wenig rechnen und spekulieren. So ist es doch wahrscheinlich, dass zumindest ein beträchtlicher Teil der damals verhängten Bußgelder aufgrund von Verstößen gegen die strikten Ausgangsbeschränkungen erfolgten. Zwar sah der damalige Bußgeldkatalog des Freistaates auch andere Zahlungen vor, etwa 5000 Euro für die "Öffnung eines Gastronomiebetriebes" oder 500 Euro für das "Betreten einer Hochschule", diese Regelungen sind allerdings von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nicht betroffen und dürften auch kaum die Mehrheit der damaligen Bußgelder ausmachen. Für das Verlassen der Wohnung ohne triftigen Grund sah der Katalog ein Bußgeld von 150 Euro vor. Im Juli 2020 hatte die Stadt rund 2000 Bußgelder verhängt, deren Gesamtsumme 373.000 Euro betrug, wie sie damals mitteilen konnte – was bedeutet, dass die meisten Zahlungen eher in die Größenordnung von 150 Euro als von 5000 Euro fielen. Auch darf man davon ausgehen, dass die meisten Verstöße eher in der Zeit des ersten Lockdowns notiert wurden, nicht in den Monaten unmittelbar danach, als die Einschränkungen lange nicht so hart waren. 

    Für Augsburg könnten also möglicherweise hunderte Rückzahlungen anstehen, sollte der Freistaat eine entsprechende Entscheidung fällen. Von der Stadt Augsburg heißt es, man werden die angekündigte Stellungnahme der Staatsregierung abwarten und "das dann empfohlene Vorgehen umsetzen".

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