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Nach Sturz: Wiesn-Toni Tamer Bugan kehrt auf die Wiesn zurück

Augsburg/München

Der Wiesn-Toni ist auf seine Wiesn zurückgekehrt

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    Nach seinem schweren Unfall kehrte Wiesn-Toni Tamer Bugan am Wochenende zurück auf das Münchner Oktoberfest. Dort traf er seine Kollegen und Freunde Kamila und Berni wieder.
    Nach seinem schweren Unfall kehrte Wiesn-Toni Tamer Bugan am Wochenende zurück auf das Münchner Oktoberfest. Dort traf er seine Kollegen und Freunde Kamila und Berni wieder. Foto: Katharina Indrich

    Als sich die Tür zum Bräurosl-Zelt öffnet, sind die Erinnerungen alle wieder da. 16 Jahre lang hat Tamer Bugan, den hier alle nur als Wiesn-Toni kennen, in diesem Zelt bedient. Hat hektoliterweise Bier, Tausende Hähnchen und Schweinshaxen an die Tische geschleppt. 14 Maß konnte er auf einmal tragen. Nun ist er wieder da. "Es ist diese Luft im Zelt, die Energie. Das ist einfach das Bräurosl, so wie ich es kenne." Und doch ist alles anders. Denn seit einem schweren Sturz im Urlaubsparadies Bali Ende April sitzt der gebürtige Augsburger im Rollstuhl. Lang hat er überlegt, ob er in diesem Jahr auf die Wiesn kommen soll. Der 50-Jährige wusste, dass der Besuch an seiner alten Wirkungsstätte emotional nicht einfach werden würde. Am Ende überwog die Vorfreude auf Kollegen, Stammgäste und Freunde. "Ich musste einfach herkommen", sagt Bugan, der auch in Augsburger Lokalen jahrzehntelang bediente. 

    Es ist das zweite Oktoberfestwochenende. Das Zelt ist seit Stunden wegen Überfüllung geschlossen. Die Stimmung kocht. Die Band spielt gerade "Que Sera", als Tamer Bugan, flankiert von seinem Bruder Selcuk, mehreren Freunden und Krankenpflegerin Corinna Seidl, die in ihrer Freizeit aus Murnau mitgekommen ist, seinen Weg durch das Zelt nimmt. Wie viele Kilometer er hier schon gelaufen ist, kann er nicht sagen. Oft war er von 8.30 Uhr bis Mitternacht auf den Beinen. Auch dieses Jahr wollte er wieder auf der Wiesn mit dabei sein. Trotz der Auswanderung nach Bali. "Dafür hab ich die Tracht extra im Keller von meinem Bruder eingelagert." Auf den Bänken schmettern die bierseligen Besucher "The future's not ours to see - wir können die Zukunft nicht vorhersehen". Kaum einer hier hat das so schmerzlich erfahren müssen wie der Wiesn-Toni.

    Für den Wiesn-Toni Tamer Bugan ist es eine Achterbahn der Gefühle

    Keine zwei Meter ist er im Zelt gekommen, da steht schon eine ehemalige Kollegin vor ihm. Weinend umarmen sie sich. Ein kurzes Gespräch. Dann muss sie weiter. Alle paar Meter geht das so. Gestandene Mannsbilder wischen sich die Tränen aus den Augen. Viele von ihnen, erzählt der Wiesn-Toni, seien mehr als Kollegen. Mit einigen hat er über zehn Jahre zusammengearbeitet. "Das ist wie eine große Familie", sagt er mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Nach den vielen Monaten in der Unfallklinik in Murnau merkt man dem 50-Jährigen an, wie gut ihm der Besuch auf der Wiesn tut. Aber auch wie sehr ihn die Rückkehr auf das Oktoberfest aufwühlt. "Es ist unglaublich emotional. Eine Achterbahnfahrt, im wahrsten Sinne des Wortes." 

    Keine zwei Meter kam der Augsburger Wiesn-Toni im Bräurosl-Zelt, ohne auf alte Weggefährten zu treffen.
    Keine zwei Meter kam der Augsburger Wiesn-Toni im Bräurosl-Zelt, ohne auf alte Weggefährten zu treffen. Foto: Katharina Indrich

    Besonders, als er seine ehemaligen Teammitglieder Berni und Kamila wieder trifft. Lange liegen sie sich in den Armen. Stoßen gemeinsam mit einer Maß Bier auf die Rückkehr des Wiesn-Toni an, halten den Moment mit Fotos fest. Kamila und er kennen sich seit 25 Jahren. Eine Wiesn ohne den Toni, das konnte sie sich nie vorstellen. "Als ich vor ein paar Tagen an unserem alten Platz war, da hat mein Gehirn nach ihm gesucht", sagt sie. Viel habe sie von ihm gelernt. Wenn der Toni an den Tisch kam, stellte er den Maßkrug immer laut auf den Tisch, um zu zeigen, dass er da ist, erzählt Kamila. An ihrer Tracht trägt sie einen kleinen Button, auf dem der Toni in Aktion zu sehen ist. Mit blondierten Haaren, wie er sie immer zur Wiesn trug, und einem Dutzend Maßkrügen in den Armen. Darunter steht der Link zu Tamer Bugans Instagram-Auftritt. So, sagt sein Freund Stefan Hof, der die Idee für die Buttons hatte, wolle man das Oktoberfest nutzen, um weitere Spenden für den 50-Jährigen zu sammeln. Bisher kamen auf der Plattform Go Fund Me fast 65.000 Euro für ihn zusammen. 

    Mit Pins sammeln seine Kollegen Spenden für den Wiesn-Toni

    Eine von mehr als 1000 Spenden kam von Stammgast Stefan Koller. Als er gehört hat, dass der Toni heute aufs Oktoberfest kommt, ist er, wie so viele andere auch, sofort zu ihm geeilt. "Er hat hier wirklich Kultstatus und ist eine absolute Marke. Dafür lieben ihn die Menschen", sagt Koller. Das kann Marc, der ebenfalls seit Jahren zu Toni ins Bräurosl-Zelt kommt, nur bestätigen: "Er ist eine Legende und hat einfach Charisma." Das hat er sich bewahrt. Trotz seines schweren Schicksals. "Er hat so eine Art, ist jedermanns Liebling", sagt auch sein Bruder Selcuk. "Und jeder sagt: Wenn es einer schafft zurückzukommen, dann er." Dafür arbeitet der Wiesn-Toni jeden Tag hart in unzähligen Therapieeinheiten. Die Arme werden immer beweglicher, auch das linke Bein kann er mittlerweile immer besser bewegen. Es geht in die richtige Richtung. 

    Doch der Mann mit den Hummeln im Hintern weiß, dass der Weg zurück noch lang werden wird. "Das ist ganz schlimm", verrät er mit Tränen in den Augen, während das Feiervolk um ihn herum "So ein Tag, so wunderschön wie heute" singt und sich im Hintergrund das Riesenrad dreht. Dann steht schon der nächste Besucher vor ihm. Das breite Lächeln, das für ihn so charakteristisch ist, ist zurück auf dem Gesicht des 50-Jährigen. Tamer Bugan saugt jede Begegnung, den Flair der Wiesn tief in sich auf. "Und jetzt bestellen wir, glaube ich, erst mal eine Schweinshaxe", sagt er lachend.

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