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Augsburg: Mobbing mit Fake-Accounts? Strafbefehl gegen Augsburger Stadtrat beantragt

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Mobbing mit Fake-Accounts? Strafbefehl gegen Augsburger Stadtrat beantragt

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    Der Augsburger Kommunalpolitiker Peter Hummel soll mithilfe von Fake-Accounts Menschen diffamiert haben.
    Der Augsburger Kommunalpolitiker Peter Hummel soll mithilfe von Fake-Accounts Menschen diffamiert haben. Foto: Silvio Wyszengrad

    Mehr als ein Jahr haben Polizei und Staatsanwaltschaft in Augsburg gegen den früheren OB-Kandidaten der Freien Wähler und heutigen Stadtrat Peter Hummel von der Fraktion "Bürgerliche Mitte“ ermittelt. Nach Informationen unserer Redaktion hat die Staatsanwaltschaft Augsburg nun einen Strafbefehl gegen Hummel beantragt. Dieser sieht dem Vernehmen nach eine achtmonatige Haftstrafe auf Bewährung für Hummel vor, unter anderem wegen Verleumdungsdelikten. Wie berichtet, ging es im Verfahren darum, dass Hummel andere Menschen unter falschem Namen im Internet und in einem Fall in einem Brief diffamiert haben soll. Die Vorwürfe gegen Hummel sind allerdings umfangreicher als bislang bekannt.

    Die Ermittler sehen es demnach als erwiesen an, dass der Freie-Wähler-Mann Aliasnamen nutzte, um über Beiträge in sozialen Netzwerken und persönliche Nachrichten politische Gegner und Menschen, mit denen er im Konflikt war, zu schädigen. Offenbar haben Polizei und Staatsanwaltschaft Erkenntnisse, dass der 52-Jährige dabei teils auch den Boden der Legalität verließ. Ein schwerwiegender Fall in den Ermittlungen betraf einen anderen Kommunalpolitiker, den früheren Kulturreferenten und heutigen Stadtrat Peter Grab.

    Diese Vorwürfe gibt es gegen den Augsburger Stadtrat Peter Hummel

    Der Hintergrund hängt mit einem Vorgang zusammen, der die Freien Wähler in der Region 2018 teilweise ins Chaos stürzen ließ. Damals wurde zunächst Peter Grab, heute Stadtrat der von ihm mitgegründeten Gruppierung WSA („Wir sind Augsburg“), zum Landtagskandidat der Freien Wähler im Stimmkreis Augsburg-West gewählt. Kurz darauf annullierte der Landesvorstand der Freien Wähler die Nominierung aber. Mit der Begründung, dass einige Personen, die an der Wahl teilgenommen hätten, nicht stimmberechtigt gewesen seien. Bei der Wahlwiederholung wurde dann die Augsburger FW-Stadträtin Regina Stuber-Schneider zur Landtagskandidatin gewählt.

    Im Zuge dieser Querelen, die tiefe Risse zwischen den Freien Wählern in Augsburg Stadt und Land offenbarten, erhielt der Kreisverband Augsburg-Land ein Schreiben, in dem eine Frau behauptete, Peter Grab habe sie sexuell missbraucht. Es existierte allerdings nach Informationen unserer Redaktion gar keine Frau unter dem auf dem Schreiben angegebenen Namen, auch die darin angegebene Adresse führte ins Leere – was den Verdacht nahelegt, dass jemand den Kandidaten schlicht verleumden wollte. Offenbar haben die Ermittler nun konkrete Hinweise darauf, dass Hummel hinter diesem Schreiben steht.

    Wie berichtet, hatten Anzeigen mehrerer Menschen, die sich von Hummel im Internet gemobbt und beleidigt fühlten, die Ermittlungen ins Rollen gebracht. Eine Augsburgerin, die im Jahr 2019 Strafantrag bei der Polizei gestellt hat, ist Andrea Röder, Leiterin eines Verlages. Sie war früher bei den Freien Wählern aktiv, trat 2014 auf der Stadtratsliste an und geriet damals, wie sie sagte, mit Peter Hummel in Konflikt, der ebenfalls auf der Liste stand. Sie wurde 2019 in Facebook-Veröffentlichungen eines mittlerweile wieder gelöschten Profils namens "Florian P." (Namen abgekürzt) als "Rechtsradikale" und als "untervögelt" verunglimpft. Bereits vor einigen Jahren hatte Röders Arbeitgeber eine rätselhafte E-Mail einer gewissen "Franziska S." erhalten. "Franziska S." schrieb darin, dass Röder "seit Wochen auf dem Portal Facebook gegen Menschen auf der Flucht" agiere. Und kündigte an: "Wir werden mit dem Unternehmen, in dem ich tätig bin, die Geschäftsverbindung beenden, sollte sich dieses Verhalten fortsetzen."

    Eigenartige Verbindungen zwischen Social-Media-Profilen

    Nach Informationen unserer Redaktion erhärteten die Ermittlungen inzwischen den Verdacht, dass Hummel der Eigentümer des E-Mail-Accounts von "Franziska S.“ ist, die als reale Person nicht zu existieren scheint. Auch unserer Redaktion gelang es nicht, sie ausfindig zu machen. Hummel soll, so die Erkenntnisse der Ermittler, wohl auch hinter dem Facebook-Profil von Florian P. stehen.

    Dem Freie-Wähler-Stadtrat Peter Hummel droht womöglich juristischer Ärger.
    Dem Freie-Wähler-Stadtrat Peter Hummel droht womöglich juristischer Ärger. Foto: Silvio Wyszengrad (Archivfoto)

    Neben bisher bekannten Sachverhalten soll der Stadtrat auch für ein weiteres Delikt verantwortlich sein, das sich im Wahlkampf 2020 abspielte. Dem Vernehmen nach soll er versucht haben, einem weiteren Stadtrats-Kandidaten, mit dem er sich zerstritten hatte, zu verbieten, das Logo der Freien Wähler im Wahlkampf zu verwenden – außer, dieser Stadtratskandidat zahle eine Spende von mehreren Hundert Euro an den Verein der Freien Wähler. Die Staatsanwaltschaft wertet dies als versuchte Erpressung.

    Strafbefehl sieht achtmonatige Bewährungsstrafe für Peter Hummel vor

    Wenn die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl beantragt, heißt das noch nicht, dass die Vorwürfe juristisch erwiesen sind oder Hummel die beantragte Strafe tatsächlich bekommt. Zunächst muss ein Richter am Amtsgericht entscheiden, ob der Strafbefehl erlassen wird. Dies passiert in der Mehrheit der Fälle, ist aber keine Selbstverständlichkeit. Möglich ist auch, dass das Gericht den Strafbefehl ablehnt. Die Staatsanwaltschaft wollte den Antrag auf Erlass des Strafbefehls auf Anfrage nicht bestätigen. Man könne keine Auskünfte zum Verfahrensstand geben, weil nicht sichergestellt sei, dass die Verfahrensbeteiligten von der Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft Kenntnis haben, heißt es.

    Sollte der Strafbefehl erlassen werden, haben Beschuldigte zwei Wochen Zeit, dagegen vorzugehen. Sofern sie dies tun, wirkt der Strafbefehl wie eine Anklageschrift, es kommt dann zu einem öffentlichen Prozess. Hummels Verteidiger Bernd Oostenryck sagt auf Anfrage, er könne inhaltlich noch nichts zu den Vorwürfen sagen, zumal ihm der Strafbefehl noch nicht vorliege, und er verärgert sei, dass die Presse schon davon wisse. Die Beschuldigungen, sagt Oostenryck, stünden aber aus seiner Sicht auf tönernen Füßen.

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Vorwürfe gegen Augsburger Stadtrat: Ein Schaden für die Freien Wähler

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