Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten

Augsburg: Mieterverein nennt Stimmung "hoffnungslos": Die Mieten steigen weiter

Augsburg

Mieterverein nennt Stimmung "hoffnungslos": Die Mieten steigen weiter

    • |
    Auf dem Augsburger Immobilienmarkt stagnieren die Kaufpreise nach jahrelanger Preisrallye, die Mieten gehen aber weiter nach oben.
    Auf dem Augsburger Immobilienmarkt stagnieren die Kaufpreise nach jahrelanger Preisrallye, die Mieten gehen aber weiter nach oben. Foto: Silvio Wyszengrad

    Für die Stimmungslage der Menschen, die in die Beratung zu Thomas Weiand kommen, gebe es teils nur ein Wort, sagt der Vorsitzende des Augsburger Mietervereins: "hoffnungslos". Das Thema Mieterhöhungen beschäftige ihn und sein Team aktuell stark. "Es ist auffällig, wie sich die Zahl erhöht hat. Teils wird als Begründung aufgeführt, dass ja die Renten erhöht werden und sich der Mieter eine höhere Miete leisten könne", sagt Weiand. Solange die Mieterhöhung sich im Rahmen der zulässigen Kappungsgrenze bewegt, könne man auch wenig machen. "Ich glaube, dass die Zahl der Augsburger, die Wohngeld in Anspruch nehmen müssen, zunehmen wird", so Weiand. Eine Wohnung unter 8,50 Euro pro Quadratmeter gebe es kaum noch, mit Nebenkosten sei man bei zehn Euro und mehr. Unabhängig von den Mieterhöhungen mache die Inflation vielen Mietern das Leben schwer. "Die Entwicklung ist besorgniserregend." Allerdings trifft die Inflation auch viele Vermieterinnen und Vermieter.

    Es sei mitnichten so, dass jeder Eigentümer sich mit den Einnahmen ein schönes Leben mache, sagt Gabriele Seidenspinner, Geschäftsführerin des Eigentümerverbands Haus&Grund. "Das Hausgeld geht mitunter so hoch, dass manche Eigentümer verkaufen", berichtet Seidenspinner. Rücklagenbildungen für energetische Sanierungen seien einer der Gründe dafür. "Es gibt Rentner, die das finanziell überfordert." Auch Maßnahmen wie ein neues Dach schlügen angesichts der Baupreissteigerungen der vergangenen Jahre heftig zu Buche. "Bei manchen wird die vermietete Wohnung zur finanziellen Nullnummer", sagt Seidenspinner. Dass es aktuell zu großflächigen Mieterhöhungen kommt, beobachtet sie nicht. Mit Mieterhöhungen ließen sich die Belastungen kaum schultern. "In unseren Beratungen sehen wir auch, dass die Leute eine Hemmschwelle haben, jetzt Mieten hochzusetzen", sagt Seidenspinner. 

    Dass die Mieten in Augsburg aber ganz grundsätzlich steigen, dafür gibt es durchaus Hinweise. Der Immobilien- und Maklerverband IVD stellte für Augsburg angesichts der gestiegenen Kreditzinsen ein Ende der jahrelangen flächendeckenden Preisrallye beim Kauf fest, bei der die Mieten hinter den Kaufpreisen zurückblieben. Nun dreht sich das Verhältnis. Die Mieten sind laut IVD bei neuen Verträgen zwischen Herbst 2022 und Frühjahr 2023 je nach Immobiliensegment um 1,2 bis 1,8 Prozent gestiegen. Ohne mehr Neubauten, die es aktuell aber nicht gibt, sei eine Beruhigung kaum vorstellbar, so Prof. Stephan Kippes, Leiter der IVD-Marktforschung.

    Bis zu 6900 Euro kostet ein Quadratmeter Neubauwohnung in Augsburg

    Auch die Hypovereinsbank geht in ihren jetzt veröffentlichten Marktdaten für Augsburg von stagnierenden Kaufpreisen aus – wenngleich auf hohem Niveau. Für eine neue Eigentumswohnung geht die HVB in guter Lage von einem Quadratmeterpreis zwischen 6200 und 6900 Euro aus, bei Gebrauchtwohnungen von 4200 bis 5200 Euro. Ob es nun zu stadtweiten Preisrückgängen kommen wird, sei schwierig abzuschätzen. Die Mietpreise für eine Neubauwohnung liegen in der Stadt laut HVB zwischen 11,50 und 13 Euro. Im Umland seien Etagenwohnungen, die zuletzt teils den klassischen Einfamilienhausbau überholten, sehr begehrt. Hier wird bei Neuvermietungen je nach Gemeinde mit 8,50 bis 14,50 Euro kalkuliert. 

    Auch die HVB-Experten gehen von steigenden Mieten aus. "Es gibt zu wenig Wohnungen, gleichzeitig wird hoher Zuzug prognostiziert. Auf der Mietseite rechnen wir darum weiterhin mit Dynamik", sagt Martin Schießwohl, Bereichsleiter für das Privatkundengeschäft in Südbayern. Zudem dränge mancher von den Zinsen abgeschreckte Kaufinteressent in den Mietmarkt. Die Nähe zu München tue ihr Übriges. Insofern könne ein Kauf zu Anlagezwecken weiter interessant sein, sagt Schießwohl. Allerdings müsse man die Finanzierung genau planen und intensiv prüfen, ob die Immobilie zu den finanziellen Möglichkeiten passt.

    Stadt Augsburg entkoppelt Mietspiegel von Teuerungsrate

    Die Stadt versuchte zuletzt, die Mietsteigerungen nicht noch durch den eigenen Mietspiegel zu befeuern. Das zuletzt im Dezember 2021 aktualisierte Zahlenwerk geht von einer Basismiete von 8,78 Euro aus, wobei auf diesen Betrag je nach Wohnungsbeschaffenheit (Baujahr, Lage etc.) Zu- oder Abschläge anzurechnen sind. Zum Dezember muss der Mietspiegel, der als Richtschnur für Vermieter und Mieter dient, aktualisiert werden. Für Augsburg soll eine Stichprobe von Bürgern befragt werden. Aus Kostengründen war ursprünglich vorgesehen, die allgemeine Teuerungsrate zugrundezulegen. Allerdings wäre dann eine Mietpreissteigerung von 13 Prozent herausgekommen – die Basis-Kaltmiete hätte damit bei knapp zehn Euro gelegen. 

    Mietervereins-Chef Weiand begrüßt den Schritt der Stadt – andernfalls hätte er eine Katastrophe befürchtet. Der Neubau auch von geförderten Wohnungen sei aufgrund der Rahmenbedingungen schwierig, müsse aber vorangebracht werden. Dafür müsse die Politik aktiv werden. "Der Bevölkerungszuwachs war in der Vergangenheit prognostiziert und bleibt es auch für die Zukunft." Kurzfristig bleibe nur der Appell an Eigentümer, die Sozialverantwortung stärker zu gewichten. Eigentümerverbands-Chefin Seidenspinner hält hingegen einen Blick auf die Vorschriften für Eigentümer für nötig. Bei Sanierungen und Energiestandards, die grundsätzlich nötig seien, müsse man die soziale und wirtschaftliche Komponente stärker in den Blick nehmen. "Die Frage ist, was in der Praxis überhaupt umsetzbar ist." 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden