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Augsburg: Menschenmassen und Alkohol: Was Polizei und Sanitäter auf dem Plärrer erleben

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Menschenmassen und Alkohol: Was Polizei und Sanitäter auf dem Plärrer erleben

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    Björn Flocken (links) und seine Helferinnen und Helfer vom BRK Augsburg-Stadt schwärmen auf dem Plärrer immer wieder zu Einsätzen aus.
    Björn Flocken (links) und seine Helferinnen und Helfer vom BRK Augsburg-Stadt schwärmen auf dem Plärrer immer wieder zu Einsätzen aus. Foto: Klaus Rainer Krieger

    Die Polizei hat die Eltern informiert, sie sollen ihren Sohn vom Plärrer abholen. Es ist Freitagabend, halb neun und der 19-Jährige auf der Plärrerwache ist sturzbetrunken. Er denkt gar nicht daran, mit seinen Eltern mitzukommen, wird aggressiv. Der Polizei bleibt nichts anderes übrig, sie nimmt ihn in Gewahrsam. Den Rausch kann er nun in einer Arrestzelle ausschlafen. Tausende Menschen tummeln sich am Freitagabend auf Augsburgs Volksfest, das so voll wie selten scheint. Die Besucherinnen und Besucher strömen durch die Gassen, tanzen in den Zelten auf Bierbänken, bestaunen das Feuerwerk. Die Stimmung ist ausgelassen. Nach zwei Jahren Pandemie gibt es kein Halten mehr. Es wird gelacht, gesungen, getrunken, geküsst, gestritten. Bei der Polizei und dem Sanitätsdienst des Roten Kreuzes beobachtet man den steigenden Alkoholkonsum im Laufe des Abends mit gemischten Gefühlen. Später schlägt auf der Plärrerwache, die sich die Einsatzkräfte teilen, eine überraschende Nachricht ein.

    Für viele junge Augsburgerinnen und Sie alle haben sich gefreut: Endlich wieder Plärrer. Die meisten ihrer Corona- und Desperados-Flaschen sind bereits leer. "Zehn Euro dreißig für eine Maß und dann noch Trinkgeld, das kann sich ja keiner leisten", sagt die 22-jährige Anna zu den Bierpreisen auf dem Plärrer.

    Polizist über Augsburger Plärrer: "Bislang wird vernünftig gefeiert"

    Die Gruppe ist nicht die einzige mit dieser Pegel-Strategie. Am Haupteingang des Augsburger Volksfestes stapeln sich ausgetrunkene Bier-, Prosecco- und Weinflaschen. Auf dem Gelände herrscht Flaschenverbot, Sicherheitsleute kontrollieren am Eingang. Ein Mann huscht zwischen den Menschenströmen hin und her, sammelt das Leergut zusammen. Er schaut auf eine seiner prallgefüllten Plastiktüten, grinst und schätzt den Pfandwert auf 20 Euro.

    Jörg Eisele ist Einsatzleiter der Polizei auf dem Augsburger Plärrer.
    Jörg Eisele ist Einsatzleiter der Polizei auf dem Augsburger Plärrer. Foto: Ina Marks

    Tausende Menschen auf einem Platz, viel Alkohol - die Einsatzkräfte der Polizei und des Rot-Kreuz-Rettungsdienstes Augsburg-Stadt sind erfahren genug, um sich von dieser Mischung nicht beunruhigen zu lassen. Alle sind jedoch hochkonzentriert. Jeder weiß, wie schnell die Stimmung unter solchen Umständen kippen kann. "Aber bislang wurde vernünftig gefeiert, trotz dieser Massen", meint Jörg Eisele, Einsatzleiter der Polizei. Seit über 30 Jahren ist er auf dem Plärrer im Einsatz. Ihn, so scheint es, kann nichts erschüttern. Doch dann wirkt auch er überrascht. Gegen 21.30 Uhr verbreitet sich auf der Plärrerwache die Nachricht wie ein Lauffeuer: Die Bierzelte sind so voll, dass sie nun dicht gemacht werden. Es darf niemand mehr herein. "So was gab es noch nie", entfährt es Eisele.

    Auseinandersetzungen bleiben nicht aus. Wie etwa die "KV am Binswanger Zelt", die plötzlich über Funk gemeldet wird. Körperverletzung also. Hinter dem Bierzelt, aus dem die Musik der Partyband laut wummert, umringen Einsatzkräfte einen jungen Mann, ein paar Meter daneben befragen Polizisten zwei junge Frauen. Eine hält sich mit der Hand den Kiefer. Offenbar hat sie soeben mit einem Bierkrug einen Schlag ins Gesicht verpasst bekommen, ihrer Freundin wurde wohl auf die Nase gehauen. Der mutmaßliche Übeltäter weint vor den Beamten. Einsatzleiter Jörg Eisele verdreht kurz die Augen. Die Einsätze häufen sich allmählich. Das merkt auch der Rettungsdienst.

    "Die Arbeit begann heute mit dem Verteilen von Pflastern", erzählen Björn Flocken und Martin Eigl von der Kreisbereitschaftsleitung des Roten Kreuzes. Sie versorgen Plärrergäste in misslichen Lagen. Als ein Mann von einer Bierbank stürzt, fällt er auf eine junge Frau, die sich den Kopf an einer Maßkrug-Kante aufschlägt. Sie muss ins Krankenhaus.

    Björn Flocken vom Roten Kreuz bewahrt in dem Trubel auf dem Augsburger Plärrer die Ruhe.
    Björn Flocken vom Roten Kreuz bewahrt in dem Trubel auf dem Augsburger Plärrer die Ruhe. Foto: Klaus Rainer Krieger

    Früher, als die Leute noch auf den Tischen tanzten durften, was mittlerweile verboten sei, berichtet Flocken, habe es teilweise sogar Beckenbrüche gegeben. Auch für die Polizei wird die Lage, als das Ende des Plärrers um Mitternacht naht, angespannter.

    Augsburger Plärrer: Am späteren Abend gibt es Platzverweise im Minutentakt

    Als aus einer Menge jemand "ACAB" zu Einsatzleiter Jörg Eisele ruft (All Cops are Bastards, Anm. d. R.) lässt sich dieser nicht provozieren. Die Beamten halten sich nun verstärkt an den Zelten auf, fast schon im Minutentakt erteilen sie Platzverweise. Sie unterstützen Mitarbeiter eines Ordnungsdienstes, die den Streit eines Pärchens schlichten wollen und nun selbst angegriffen werden.

    Das Feuerwerk am Freitagabend auf dem Plärrer begeisterte viele Menschen.
    Das Feuerwerk am Freitagabend auf dem Plärrer begeisterte viele Menschen. Foto: Klaus Rainer Krieger

    Auf der Langenmantelstraße wird es kurz vor Schluss chaotisch, als die Besuchermenge das Gelände verlässt. Eine Polizeistreife sichert die Fahrbahn ab. Betrunkene Fußgänger und Autoverkehr sind schließlich kein guter Mix. Ein junger Mann in Tracht, der sichtlich einen im Tee hat, streitet an seinem Handy offenbar mit seiner Freundin. Außer sich brüllt er ins Telefon: "Als das Feuerwerk war, bist du einfach weggegangen. Da ist so ein Feuerwerk und du gehst!" Nicht für jeden endet der Plärrerbesuch in Harmonie.

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