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Augsburg: Mehr als "nur" fair gehandelter Kaffee: Der Augsburger Weltladen wird 40

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Mehr als "nur" fair gehandelter Kaffee: Der Augsburger Weltladen wird 40

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    Mehr als "nur" fair gehandelter Kaffee: Der Augsburger Weltladen gilt als Vorreiter der modernen Start-up-Bewegung.
    Mehr als "nur" fair gehandelter Kaffee: Der Augsburger Weltladen gilt als Vorreiter der modernen Start-up-Bewegung. Foto: Alexander Kaya (Symbol)

    In Augsburg wurde im Mai 1980 der erste „Dritte-Welt-Laden“ eröffnet. Eine Bezeichnung die sich bei vielen verfestigt hat, denn die korrekte Bezeichnung ist heute „Weltladen Augsburg GmbH“. Nostalgiker werden sich noch an das Geschäft in der Steingasse erinnern, das ein paar Jahre später in die Altstadt, in die Pfladergasse, zog. Seit 2005 ist der Weltladen in der Weißen Gasse 3 zu finden. Was die Macher in den vergangenen vier Jahrzehnten bewegte.

    Weltladen in Augsburg: Der Erfolg liegt in der Vernetzung

    40 Jahre als Ladengeschäft zu bestehen setzt finanzielle Kraft voraus oder eine gut organisierte Vernetzung und allerhand Ehrenamt, um sich dem Kommen und Gehen im Einzelhandel zu widersetzen. Der Erfolg lag in der Vernetzung. Der erste Impuls zur Gründung kam aus der Regionalstelle für kirchliche Jugendarbeit, um internationale Produkte fair gehandelt in Augsburg anzubieten. Es wurde schließlich ein Trägerverein gegründet, die „Werkstatt Solidarische Welt e. V.“ (WSW) und die „Weltladen GmbH“. Mittlerweile betreibt die „Weltladen GmbH“ Geschäfte für gerechten Handel auch in Bobingen, Dillingen und Friedberg. Es gibt selbst geröstete Kaffeespezialitäten aus Äthiopien, Mexiko und Peru, fair gehandelte Produkte, wie Süßigkeiten und Gewürze, Kunsthandwerk und Textilien.

    Das Ziel: Wirtschaftlich benachteiligte Produzenten in Länder der sogenannten Dritten Welt sollten unterstützt werden.
    Das Ziel: Wirtschaftlich benachteiligte Produzenten in Länder der sogenannten Dritten Welt sollten unterstützt werden. Foto: Bernd Hohlen

    Ziel war und ist es, Produkte aus wirtschaftlich benachteiligten Regionen zu unterstützen. Sprach man damals von „Dritte-Welt-Ländern“, so ist auch hier, in politisch korrekter Sprache, die Bezeichnung „Länder des Südens“ üblich. Das Geschäft in der Weißen Gasse ist nur der sichtbare Teil, denn die weitere Arbeit der Werkstatt Solidarische Welt und des Weltladens ist nicht nur die Verbreitung des ,fairen Handels‘, sondern auch Bildungsarbeit, menschenwürdiges Asyl sowie die Unterstützung einzelner Projekte im Ausland“, sagt Bildungsreferentin Sylvia Hank von der WSW.

    Weltladen GmbH in Augsburg hat den Welthandel heute im Blick

    In der gut dokumentierten Chronik des Weltladens fällt der politische Begleitton auf, der an den Sound der linken Tageszeitung taz erinnert. Der einst regional-politische Ton der ersten Jahre hat sich im Laufe der Zeit globalisiert auf die gewinnmaximierten Strukturen des Welthandels und die ökonomischen Nachteile der Produzenten. Immerhin ist der Weltladen damit Vorreiter einer modernen Start-up-Bewegung. „Wir beobachten, dass die letzten Jahre ethisch nachhaltige Start-ups auf dem Weg sind. Der Trend, also der Zuspruch, geht an uns etwas vorbei.

    Seit vier Jahrzehnten gibt es den Augsburger Weltladen: Sylvia Hank von der Werkstatt Solidarische Welt (links) und Martina Zidek, die stellvertretende Leiterin der Weltladen GmbH.
    Seit vier Jahrzehnten gibt es den Augsburger Weltladen: Sylvia Hank von der Werkstatt Solidarische Welt (links) und Martina Zidek, die stellvertretende Leiterin der Weltladen GmbH. Foto: Bernd Hohlen

    Der Weltladen hat viele dieser Themen schon in den Achtzigern aufgegriffen. Es ist insgesamt eine tolle Entwicklung, zu sehen, dass unsere Idee in die Breite getragen wird. Auch Supermärkte bieten Fairtrade-Produkte an“, sagt Sylvia Hank. In der Absicht, die Idee im Einzelhandel mehrheitsfähig zu machen, stand auch die Vorstellung, sich selbst abzuschaffen. Raimund Kamm, einer der Gründungsmitglieder des Weltladens, sagte einst: „Wir haben ja gedacht, wenn Fairtrade im Supermarkt ist, können wir den Laden wieder zumachen. Dann haben wir unser Ziel erreicht.“ Eine Ansicht, die typisch war für die Zeit, aber die komplexen Strukturen des Welthandels nicht einschloss. „Es geht bei uns nicht darum, für Einzelne das meiste herauszuholen, sondern idealerweise für alle ein gutes Leben hinzubekommen“, sagt Sylvia Hank.

    Moderne Kleidung statt Strickmützen und Palästinensertuch

    Was ein bisschen nach Weltverbesserung klingt, hat durchaus seine Berechtigung. Das gilt besonders für den Handel mit Kleidung. Auch hier ist noch mancher mit der Vorstellung behaftet, im Weltladen gebe es nur Strickmützen und Palästinensertücher. Heute wird im Weltladen auch moderne Kleidung angeboten. Es gibt aber kein anderes Produkt, bei dem die Lieferketten so schwer nachverfolgbar sind, wie bei der Herstellung von Kleidung. Deswegen sagt Martina Zidek, stellvertretende Leiterin des Weltladens, „wir sind noch lang nicht fertig. Bei Kleidung gibt es noch kein ,Rundumsorglos-Fairtrade‘, weil die Lieferketten weltumspannend sind. Um hier ein gutes Spektrum anbieten zu können, sagen wir, gut, die Produzenten sind auf dem richtigen Weg, die nehmen wir mit ins Programm. Wenn ich sehe, die halten unsere Standards nicht ein, nehme ich sie aus dem Sortiment“.

    Auch die Feierlichkeiten zum 40-jährigen Bestehen sind zunächst aus dem Programm verschwunden. Grund: das Coronavirus und seine weltweite Verbreitung. Auf einer Postkarte des Weltladens zum Jubiläum steht aber „Alles wird gut“.

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