Die Firma Martini liefert Stoff für viele Geschichten. Das traditionsreiche Unternehmen gehörte einst zu den erfolgreichen Textilbetrieben in Augsburg. Mit dem Abschied der Textilindustrie veränderte Martini sein Firmenprofil. Im Martini-Park, der nach der großen Unternehmerfamilie benannt ist, begann das Unternehmen, die vorhandenen Produktionsstätten im Textilviertel zu vermieten. Längst hat sich auf dem riesigen Areal nicht nur Gewerbe angesiedelt. Das Staatstheater Augsburg betreibt eine Interimsspielstätte. Die Feuerwehrerlebniswelt, das etwas andere Museum, sitzt ebenfalls im Martini-Park. In den zurückliegenden Jahren ist unmittelbar neben dem eingezäunten Gewerbekomplex eine große Wohnanlage mit insgesamt 360 Wohnungen entstanden. Wohnen und Arbeiten werden verbunden. Einige Bewohner der Anlage sind im Martini-Park tätig. Dass das kleine Stadtviertel mit der wertvollen Industriekultur künftig stärker ins Bewusstsein der Augsburgerinnen und Augsburger rückt, liegt auf der Hand. Martini hat seinen historischen Park mit vielen alten Bäumen für die Öffentlichkeit geöffnet.
Die geografische Lage des Martini-Parks zu beschreiben, fällt nicht allzu schwer. Er liegt zwischen Textilmuseum und Häusern auf dem ehemaligen AKS-Gelände sowie der Amagasaki-Allee, auch als Schleifenstraße bekannt. Der Martini-Park war viele Jahre lang für die Öffentlichkeit schwer zugänglich. An Zufahrten gab es Schranken. Besucherinnen und Besucher, die mit dem Auto kamen, mussten sich an der Pforte anmelden. Weil immer mehr Firmen sich im Gewerbesektor ansiedelten, wurde die Zugangskontrolle aufgegeben. Mittlerweile ist die Zufahrt zu den Firmen problemlos möglich. Dies gilt auch für die Feuerwehrerlebniswelt, die in einer früheren Halle der Firma Freudenberg sitzt. Freudenberg ist der größte Mieter. Das Unternehmen produziert in Augsburg die Vileda-Produkte.
Die Martini-Gruppe in Augsburg ist eine Familiengesellschaft
Die Martini-Gruppe ist eine Familiengesellschaft. Die Familienmitglieder bestimmen über die strategische Ausrichtung des Unternehmens. Als Geschäftsführer agiert seit vielen Jahren Wolfgang Geisler. Er war es auch, der zusammen mit der Familiengesellschaft die Idee entwickelte, auf einem lange Zeit brachliegenden Areal eine Wohnbebauung zu errichten. Das Grundstück gilt als Filetstück, da es nicht weit von der Innenstadt entfernt ist. Bei den eigenen Immobilien geht Martini einen Sonderweg. Alle 260 Wohnungen, die seit dem Jahr 2018 errichtet wurden, sind vermietet. Martini verkauft keine Wohnungen, man wählt die Mieterinnen und Mieter selbst aus.
Die Wohnanlage ist seit Herbst komplett bezogen. Freie Wohnungen gibt es derzeit nicht. Das Angebot reicht von der Ein-Zimmer-Wohnung bis zur großen Dachterrassenwohnung. Die durchschnittliche Wohnfläche beträgt 70 Quadratmeter. "Es gibt eine bunte Mischung der Mieter", sagt Geisler. Neben vielen Familien leben Menschen in der Anlage, die es zurück in die Nähe der Innenstadt gedrängt habe. "Das sind gar nicht mehr unbedingt die 70-Jährigen, die ihre Häuser oder Wohnungen im Augsburger Umland aufgeben", sagt der Geschäftsführer. Auch 55-Jährige, die zuvor außerhalb der Stadt Augsburg gelebt hätten, ziehe es ins Zentrum.
Martini investierte 65 Millionen Euro in das Wohnbauprojekt
Die Wohnanlage umfasst aber nicht allein die 265 Martini-Wohnungen. Zur Amagasaki-Allee hin stehen Gebäude mit weiteren 95 Wohnungen, die ebenfalls vermietet sind. Investoren sind in diesem Fall das Dominikus-Ringeisen-Werk und Familiengesellschaften. Martini hat für seinen Wohnkomplex laut Geisler insgesamt 65 Millionen Euro für Bau- und Planungskosten investiert. Das Wohnareal umfasst 27.000 Quadratmeter Mietfläche, die Gewerbeeinheiten haben eine Mietfläche von mehr als 80.000 Quadratmetern. Der Martini-Park hat eine Gesamtfläche von 200.000 Quadratmetern.
Eine Besonderheit des Martini-Parks ist zudem, dass eine Kindertagesstätte integriert wurde. Eröffnet wurde der Bau im Oktober dieses Jahres. Träger sind die Johanniter. 132 Kinder haben hier eine Anlaufstation. "Es ist ein Angebot, dass auch von unseren Mietern gerne genutzt wird", informiert Geisler. Das Wohnprojekt ist mittlerweile nahezu abgeschlossen. Auch die Grünanlagen mit Spielplätzen sind angelegt. Im Herbst 2023 soll ein Projekt mit hoher Aufenthaltsqualität abgeschlossen sein. Am Hanreibach gibt es dann eine Terrasse und Sitzstufen am Wasser. Dieser Bereich ist öffentlich zugänglich.
Eine Kindertagesstätte ist in die Wohnanlage integriert
Geöffnet ist seit wenigen Tagen auch der große Park auf dem Areal. Es ist eine 10.000 Quadratmeter große Fläche, die nahe der Kindertagesstätte liegt. "Es handelt sich um einen alten Baumbestand, der dauerhaft geschützt wird", erläutert Geisler. Dieser Park ist jetzt im Eigentum der Stadt Augsburg. Der Park soll künftig für alle Augsburgerinnen und Augsburger geöffnet sein.
Es gibt auch keine Absperrungen, alles ist frei zugänglich. Neu ist ein asphaltierter Fuß- und Radweg. Dieser knapp 500 Meter lange Weg mit dem Namen Am Martinipark trennt den Wohnbereich von den Gewerbeeinheiten. "Vom Weg bin ich selbst ganz begeistert", sagt Geisler. Er geht davon aus, dass dieser kleine Weg auf großen Zuspruch stößt. Die Stadt sehe in ihm eine direkte Verbindung von der Innenstadt kommend in Richtung Lech.
Und dann gibt es noch den kleinen Park auf dem Gelände
Auf dem Areal gibt es darüber hinaus den kleinen Martini-Park. Er befindet sich entlang der Reichenberger Straße. Auch diese Grünanlage, die momentan nicht zugänglich ist, soll eigentlich für Bürger geöffnet werden. Allerdings lässt die Umsetzung dieser Idee auf sich warten. Zunächst müsste die Stadt das Grundstück erwerben, das derzeit im Eigentum der Firmengruppe Martini ist. Erst mit dem Kauf des Areals ließen sich die Pläne weiter verfolgen, da mit der Öffnung des Parks für die Bürger Eingriffe in das Umfeld verbunden sind. Der idyllisch gelegene Park würde von einem Zaun zum Firmenareal abgegrenzt. In einem anderen Schritt müssten an der Mauer, die den Zugang zum Park verhindert, zwei Tore geschaffen werden – sprich: Es müssten Mauerteile herausgebrochen werden.