Im September 2023, frühmorgens in einer Filiale der Stadtsparkasse in Lechhausen. Eine Videokamera filmt, wie ein älterer Kunde den Vorraum betritt, wieder umkehrt, um eine Stunde später zurückzukommen. Kurz nach 9 Uhr lässt er sich am Schalter 5000 Euro auszahlen, stopft das Geld in eine Plastiktüte von Norma. Er hat die Zwischenzeit genützt, im nahen Supermarkt eingekauft. Was er nicht ahnt: Er wird die ganze Zeit beobachtet. Als der 82-Jährige wieder vor seinem kleinen Einfamilienhaus steht, den Briefkasten öffnen will, wird er von hinten gepackt. Ein Mann entreißt ihm die Plastiktüte, rennt davon.
Mehrmals wegen Diebstahls vorbestraft
Ein Jahr später wurde jetzt ein Mann mit Fußfesseln in einen der Gerichtsäle des Strafjustizzentrums geführt. Dass der graubärtige schmächtige Mann der Täter ist, daran gab es schon vor Prozessbeginn tatsächlich keinen Zweifel. Der 58-Jährige aus dem westrumänischen Temeswar hat es ungewollt den Ermittlern der Kripo leicht gemacht. Gleich vier Videokameras haben ihn vor, während und nach der Tat gefilmt. Auf der Plastiktüte fanden sich zudem Spuren seiner DNA. Sie führten über eine internationale Polizeidatenbank zu dem Mann, der in seiner Heimat schon mehrmals im Gefängnis gesessen ist. Immer wegen Diebstahls.
Rumäne kam mit Landsleuten nach Augsburg
Als der 57-Jährige diesen Juni mit Landsleuten auf dem Weg nach Spanien ist, dort am Bau arbeiten will, wird ihr Reisebus in Triest von der Polizei kontrolliert. Weil er international zur Fahndung ausgeschrieben ist, wird er festgenommen, kommt in Auslieferungshaft. Der Angeklagte hat während der Haft erfahren, dass er bei dem Raub gefilmt wurde. Wenig überraschend daher sein mit Hilfe einer Dolmetscherin abgelegtes Geständnis zu Prozessbeginn. Einschränkend teilt jedoch Verteidigerin Mira Bode mit, Nachfragen zur Tat werde ihr Mandant nicht beantworten. Immerhin erfährt das Gericht vom 58-Jährigen, dass er mit acht Landsleuten eine Woche vorher aus Rumänien nach Augsburg gebracht wurde. Ihr Kontaktmann sei dann verschwunden, habe sie weitgehend ohne Geld und Essen zurückgelassen. Daher kann es sein, dass sie aus Hunger auf die Idee kamen, Lebensmittel zu stehlen. Der Angeklagte sagte im Prozess aus, er sei einmal im Supermarkt festgehalten und von der Polizei durchsucht worden. „In meinen Taschen war aber nichts.“
Rentner stürzte zu Boden
Wegen des angekündigten Geständnisses war verzichtet worden, den Geschädigten als Zeugen zu laden. Auch ohne die Aussage des 82-Jährigen konnten sich alle im Gerichtssaal ein Bild von der Tat machen. Eine Überwachungskamera im Nachbarhaus hat sie aufgezeichnet. Auf dem Film ist zu sehen, wie der Täter sich dem Mann von hinten nähert, ihm die Plastiktüte aus der Hand reißt. Offensichtlich mit großem Kraftaufwand. Der Rentner, der als Gehhilfe einen Stock benutzt, dreht sich einmal um seine Achse, bevor er zu Boden stürzt. Glücklicherweise verletzt er sich dabei nur leicht, erleidet Hautabschürfungen an beiden Händen.
Das Schöffengericht hat den Angeklagten des Raubes und der gefährlichen Körperverletzung schuldig gesprochen. Der 58-Jährige hat dabei noch Glück, dass die verhängte Haftstrafe von zweieinhalb Jahren nicht höher ausfiel. Im Urteil wies Richterin Julia Ehlert darauf hin, dass ursprünglich schwerer Raub angeklagt war. Um die Schwere beurteilen zu können, hätte im Prozess ein Gutachter gehört werden müssen. Die Richterin hatte, auch um dem Geschädigten die Belastung zu ersparen, darauf verzichtet.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden