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Augsburg: "Lückenlose Aufklärung": So reagiert die Politik auf Pflegeheim-Missstände

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"Lückenlose Aufklärung": So reagiert die Politik auf Pflegeheim-Missstände

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    Das Seniorenheim Ebnerstraße im Augsburger Stadtteil Oberhausen sorgt für negative Schlagzeilen.
    Das Seniorenheim Ebnerstraße im Augsburger Stadtteil Oberhausen sorgt für negative Schlagzeilen. Foto: Silvio Wyszengrad

    Die bekannt gewordenen Pflegemissstände im Oberhauser Seniorenheim Ebnerstraße rufen zahlreiche Reaktionen hervor. Bezirks- und Stadtrat Frederik Hintermayr (Die Linke) hält eine Schließung der Einrichtung für dringend geboten. Er fordert zudem „Sofortmaßnahmen, um die Bewohnerinnen und Bewohner aus der menschenunwürdigen Situation zu befreien.“ Nicht nur der Kommunalpolitiker ist über die angeblichen Missstände in dem Heim entsetzt.

    Hintermayr, der selbst als Pflegefachkraft und Pflegedienstleiter gearbeitet hat, rät, die Senioren schnell in anderen Augsburger Einrichtungen unterzubringen. Die Fraktion SPD/Die Linke im Augsburger Stadtrat fordert zudem lückenlose Aufklärung in der Angelegenheit. „Sollten die erhobenen Vorwürfe zutreffen, wird zu klären sein, wie es soweit kommen konnte und warum die beschriebenen Zustände so lange nicht abgestellt worden sind“, sagt die sozialpolitische Sprecherin Jutta Fiener (

    Grünen-Politiker spricht bei Augsburger Pflegeskandal von "Armutszeugnis"

    Andreas Krahl, pflegepolitischer Sprecher der Landtags-Grünen, ruft die Missstände des mittlerweile geschlossenen Heims in Schliersee ins Gedächtnis, das zum selben Betreiber wie die Augsburger Einrichtung gehörte. Es sei ein Armutszeugnis, dass es ein Jahr nach dem Fall Schliersee noch immer keine konkreten Verbesserungsvorschläge für die Kontrolle von Pflegeeinrichtungen gibt, kritisiert er. Es sei zudem nicht zielführend, wenn die städtische Heimaufsicht, die die Beratungsleistung erbringe, auch sanktionieren müsse.

    Die städtische Heimaufsicht - offiziell FQA - müsse prüfen, ob Mängel in angemessener Zeit und mit der nötigen Nachhaltigkeit behoben würden, betont die Regierung von Schwaben. Als höhere Heimaufsichtsbehörde beteilige sich die Regierung an Prüfungen regelmäßig nur bei Vorliegen einer besonderen Situation. "Dies war bei der angesprochenen Einrichtung, insbesondere wegen der Schließung einer Einrichtung desselben Trägers in Schliersee im Jahr 2020 erforderlich", heißt es. Die in der aktuellen Berichterstattung beschriebenen Missstände seien ihr jedoch in ihrer Dimension und diesem geschilderten Ausmaß nicht bekannt gewesen.

    Im Januar gab es in dem Augsburger Pflegeheim erneut Beanstandungen

    "Die FQA Augsburg hat die Einrichtung nach unseren Informationen im vergangenen Jahr engmaschig überprüft und teilweise unter Einbeziehung des Sozial- und Gesundheitsministeriums sowie der Regierung von Schwaben beraten. Die Begehungen fanden jeweils unangekündigt statt, reine Beratungstermine waren vorab angekündigt", teilt die Regierung weiter mit. Bei zwei unangemeldeten Begehungen im Mai und Oktober 2021 habe es Beanstandungen unter anderem wegen des Einsatzes defekter Hilfsmittel beziehungsweise im Bereich der Pflegedokumentation gegeben. Diese hätten zu Anordnungen durch die Heimaufsicht geführt.

    Weitere Beanstandungen ergaben sich nach Angaben der Regierung von Schwaben bei einer unangemeldeten Begehung zuletzt im Januar 2022. Führten Anordnungen nicht zum Erfolg, könne die städtische Heimaufsicht letztendlich nach umfassender Prüfung den Betrieb des Heims untersagen. Sie werde nun zusammen mit der Regierung, des Staatsministerium sowie der ARGE der Pflegekassenverbände in Bayern das weitere Vorgehen abstimmen.

    Kritik von Verdi: Heimkontrollen wegen Corona weniger geworden

    Für Roman Martynez, Gewerkschaftssekretär bei Verdi, Bezirk Schwaben, liegt hier ein klares Scheitern der Kontrollorgane vor. "Hier haben der Medizinische Dienst und die Heimaufsicht versagt." Zudem kritisiert er, dass Kontrollen in Pflegeheimen seit der Corona-Pandemie abgenommen hätten. "Manche Einrichtungen haben sich ein Stück weit auch verbarrikadiert." Natürlich gebe es Heimleiter und Mitarbeitende mit einer großen Portion Idealismus. "Aber bei skrupellosen Führungskräften hat Corona dazu geführt, dass ein Heim ein Stück weit zum rechtsfreien Raum werden konnte", glaubt

    Der Verdi-Sekretär sagt, er stehe viel in Kontakt mit Betriebs- und Personalräten von Pflegeeinrichtungen und bekomme mit, dass deren Mitbestimmungen Corona zum Opfer fielen. So dürften manche Betriebsräte keine Versammlungen mehr abhalten. "Ich glaube, es wird immer mehr Zeit, zum normalen Leben zurückzukehren. Das dient nämlich auch dem Wohl der Heimbewohnerinnen und Heimbewohner."

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