Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten

Augsburg: Lesbische und queere Menschen fordern beim Dyke March mehr Toleranz

Augsburg

Lesbische und queere Menschen fordern beim Dyke March mehr Toleranz

    • |
    Rund 200 Teilnehmende zogen beim Augsburger Dyke March 2023 durch die Stadt und warben für mehr Rechte und Freiheiten für lesbische und queere Menschen.
    Rund 200 Teilnehmende zogen beim Augsburger Dyke March 2023 durch die Stadt und warben für mehr Rechte und Freiheiten für lesbische und queere Menschen. Foto: Klaus Rainer Krieger

    Andrea sitzt am Samstagnachmittag zusammen mit ihrer Frau im Park am Königsplatz und hört den Reden beim Dyke March zu. Die Veranstaltung setzt sich für die Rechte und Freiheiten von lesbischen und queeren Menschen ein. Rund 200 Gäste sind gekommen und halten bunte Plakate in die Luft, auf denen Zeilen wie "Lesbische Liebe ist wunderbar!" stehen. Von einer kleinen Erhöhung aus sprechen verschiedene Rednerinnen und formulieren ihre Gedanken. Andrea selbst ist seit 16 Jahren mit ihrer Frau verheiratet. Sie leben ihre lesbische Beziehung offen. In den letzten Jahren, so Andrea weiter, habe sich die Gesellschaft immer mehr geöffnet, das habe das Leben für sie als Ehepaar einfacher werden lassen. Dennoch gebe es nach wie vor Momente, in denen sie sich in der Öffentlichkeit unwohl fühlten - ja sogar Angst hätten. Das müsse aufhören, deshalb seien sie hier. 

    Der Dyke March durch die Innenstadt war Auftakt für die Pride Week in Augsburg. Diese wiederum reiht sich in den sogenannten Pride Month ein. Jedes Jahr im Juni setzen sich weltweit Menschen der LGBTQIA+ Gemeinschaft für ihre Rechte und ihre Freiheit ein. LGBTQIA steht dabei als Abkürzung für Menschen, die lesbisch, schwul, bisexuell, transsexuell (Transgender), queer, intersexuell oder asexuell sind. Am Samstag ging es bei der Demo vor allem um die Rechte lesbischer und queerer Menschen.

    Lesbisches Ehepaar fühlt sich in Augsburg nicht immer wohl

    Andrea und ihre Frau haben sich unter die Menge gemischt und ziehen nach den Reden am Königsplatz mit dem Demozug Richtung Rathaus. Die Gruppe fällt auf, propagiert immer wieder "Wir sind bunt, laut und queer, Feminismus wollen wir." Aus ihrer Sicht sei hier noch viel Luft nach oben - auch im Hinblick auf Gleichstellung mit Heterosexuellen. Weil Andreas Frau sich gerade beruflich neu orientiert, will sie nicht einmal mit ihrem Vornamen in der Zeitung als lesbisch in Erscheinung treten. "Das kann noch immer dazu führen, dass man eine Stelle nicht bekommt", erzählt sie. Obwohl sich in der Gesellschaft schon viel zum positiven verändert habe, gebe es immer noch Momente, in denen man als lesbisches Paar öffentlich angegangen werde. "Es macht mir schon Angst, wenn wir nachts in einem Parkhaus unterwegs sind und dann Einzelnen begegnen, die uns verbal attackieren", sagt Andrea. 

    Rund 200 Teilnehmende zogen beim Augsburger Dyke March 2023 durch die Stadt und warben für mehr Rechte und Freiheiten für lesbische und queere Menschen.
    Rund 200 Teilnehmende zogen beim Augsburger Dyke March 2023 durch die Stadt und warben für mehr Rechte und Freiheiten für lesbische und queere Menschen. Foto: Klaus Rainer Krieger

    "Rund fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung rechnen sich laut Studien der LGBTQIA-Gemeinschaft zu. In Städten sind es tendenziell mehr", erzählt Sandra Eck, Leiterin der Beratungsstelle Lebis im Augsburger Frauenzentrum. Sie selbst ist lesbisch und mit einer Frau verheiratet. Dass sexuelle Orientierung nun häufiger öffentlich diskutiert werde, sieht sie mit gemischten Gefühlen. "Wir erleben viele positive Strömungen, gleichzeitig schafft mehr Sichtbarkeit auch mehr Angriffsfläche", erzählt sie. Vor allem Übergriffe aus dem rechten Lager würden zunehmen. Das sei für die Betroffenen keine angenehme Situation. Sie wünschten sich stattdessen Anerkennung und Gleichstellung. "Auch lesbische Paare möchten Kinder und wollen in einer Kinderwunschklinik behandelt werden", nennt sie ein Beispiel. Noch sei das nicht überall möglich. 

    Stadt Augsburg ruft "Queeren Tisch" ins Leben

    Das Thema treibt viele Menschen um. Zuletzt, so Sandra Eck, hätten sich in Augsburg verschiedene neue Gruppen gebildet, das Netzwerk sei deutlich stärker, als noch vor zehn Jahren. Auch politisch erfahre man zunehmend mehr Unterstützung. So fördert der Freistaat seit 2021 unter anderem die Beratungsstelle Lebis, die Eck leitet. Und auch die Stadt unterstützt seit einigen Jahren queere Organisationen in Augsburg. "Die queere Community ist fester Bestandteil der Stadtgesellschaft und soll auch als solche wahrgenommen werden", so Carmen Buschinger von der zentralen Antidiskriminierungsstelle. Es seien bereits verschiedene Initiativen gegründet worden. Im Oktober 2022 wurde in Augsburg erstmals der „Queere Tisch“ umgesetzt - mit dem Ziel der Vernetzung von Organisationen der Gemeinschaft untereinander und gleichzeitig mit relevanten anderen Organisationen wie Beratungsstellen oder eben der Stadt. Er soll nach einer Fortsetzung im Februar dieses Jahres nun zweimal im Jahr stattfinden. 

    Für queere Jugendliche in Augsburg soll außerdem ein eigenes Raumangebot geschaffen werden, Fortbildungen - unter anderem seitens des Amts für Kinder, Jugend und Familie - für das Thema sensibilisieren. Denn auch das wünschen sich die Teilnehmenden am Samstag: mehr Aufklärung zum Thema sexuelle Orientierung und dem Umgang damit, unter anderem auch in den Schulen oder in Pflegeeinrichtungen. "Jeder Mensch ist genau so wie er ist richtig und wertvoll", sagt Andrea noch, bevor sie den Demozug verlässt. Das müsse man öffentlich klarstellen. 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden