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Augsburg: Lästiges Kribbeln in den Beinen: In Augsburg gibt es jetzt eine Polyneuropathie-Gruppe

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Lästiges Kribbeln in den Beinen: In Augsburg gibt es jetzt eine Polyneuropathie-Gruppe

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    Gisela Thanner ist an Polyneuropatie erkrankt. Bis sie die Diagnose erhielt, vergingen Jahre des Leidens.
    Gisela Thanner ist an Polyneuropatie erkrankt. Bis sie die Diagnose erhielt, vergingen Jahre des Leidens. Foto: Bernd Hohlen

    "Als würde das Wasser langsam in mir ansteigen", so beschreibt Gisela Thanner den Verlauf ihres Leidens. Schon als junger Mensch nahm sie Krämpfe und ein Schwächegefühl in den Füßen wahr, das über die Jahre bis zu den Knien hochwanderte. Nachts ist es für die 75-Jährige am schlimmsten. "Ruhe ist Gift, deshalb muss man sich bewegen", sagt sie. Thanners Krankheit, die sogenannte Polyneuropathie, kommt bei den Betroffenen in verschiedenen Erscheinungsformen. Ärzte seien über die Beschwerden oft ratlos, nun hat die Augsburgerin eine Selbsthilfegruppe gegründet, damit Betroffene sich austauschen können. 

    Polyneuropathie ist der Sammelbegriff für eine Gruppe von Erkrankungen, die die peripheren Nerven betreffen. So breit gefächert sich die Beschwerden äußern, so verschieden sind auch die Ursachen. Häufig führen Diabetes oder chronischer Alkoholismus zu einer Art von Polyneuropathie, sie kann aber auch vererbt werden. Was viele Betroffene gemein haben: Schmerzen und Krämpfe in Händen oder Füßen, was oft zu Gleichgewichtsstörung oder Gehschwierigkeiten führt. "Eine Krankheit, die man überhaupt nicht fassen kann", sagt Gisela Thanner. 

    Schon als Jugendliche fühlten sich ihre Beine nicht "normal" an

    Die 75-Jährige bemerkte bereits als Jugendliche, dass etwas nicht stimmte. Sie trieb oft Sport, war Skifahren oder Wandern. Dabei fühlten sich ihre Schuhe immer zu schwer an. Trotz der genetischen Vorbelastung in der Familie schob sie den Gedanken der Polyneuropathie immer wieder beiseite. Bis sie die Diagnose bekam, vergingen Jahrzehnte. 

    An Thanners 50. Geburtstag gestand sie sich beim Wandern ein, dass ihre Schmerzen nicht normal seien. Der Besuch beim Neurologen war aufschlussreich, nach Messung der Nervenströme folgte endlich die Diagnose. Die ehemalige Mitarbeiterin der Stadtbücherei hat eine besonders seltene Form der Neuropathie: die Charcot-Marie-Tooth-Krankheit. Heute ist sie froh, es erst so spät erfahren zu haben, da sie so länger unbeschwert leben konnte. Dennoch sei es schön, endlich einen Namen für das Unwohlsein zu kennen, um die Beschwerden besser greifen zu können, sagt Thanner. 

    Für Polyneuropathie-Patienten gibt es inzwischen Hilfe

    Die lange Ratlosigkeit der Ärzte löse sich langsam, es werde geforscht, und in der Medizin tut sich etwas, sagt die 75-Jährige. Und für betroffene Personen gibt es verschiedene Formen der Hilfe. Thanner verwendet seit zehn Jahren Gehstöcke, damit kann sie Stürzen vorbeugen. Auch Orthesen helfen ihr beim Laufen. Neben Gehhilfen können Osteopathie oder Physiotherapie helfen. Was Thanner Kraft gibt, ist eine Selbsthilfegruppe, die es seit Oktober in Augsburg gibt.

    Ins Leben gerufen wurde sie durch Ute Kühn vom Verein für Deutsche Polyneuropathie Selbsthilfe. Thanner gefällt es gut dort. Es werde sachlich über neue medizinische Erkenntnisse gesprochen, auch über Hilfsmittel tausche man sich aus. Der Augsburgerin tut es gut, mit anderen Betroffenen zu sprechen. Für sie ist es spannend, die unterschiedlichen Ausprägungen ihrer Krankheit kennenzulernen. "Am schönsten ist es, sich endlich einmal nicht als Außenseiterin zu fühlen", sagt sie. 

    Ohne ein hilfsbereites Umfeld wäre es für Gisela Thanner unmöglich, den Alltag zu bewältigen. Heute wohnt sie in einem barrierefreien Haus und blickt positiv auf die Jahre mit Polyneuropathie. "Ich nehme es locker, es ist halt so", sagt sie über ihre Einschränkungen. 

    Info: Wer sich in Thanners Geschichte wiedererkennt, kann sich über die E-Mail-Adresse polyneuro-in@t-online.de für die Selbsthilfegruppe anmelden. Treffen finden jeden dritten Donnerstag im Monat statt.

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