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Augsburg: Kurze Wege, Kitas, Handel: Wie sieht das Stadtviertel der Zukunft aus?

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Kurze Wege, Kitas, Handel: Wie sieht das Stadtviertel der Zukunft aus?

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    So könnte Haunstetten Südwest einmal aussehen: Kennzeichnend ist ein Park mit See als Achse in Nord-Süd-Richtung.
    So könnte Haunstetten Südwest einmal aussehen: Kennzeichnend ist ein Park mit See als Achse in Nord-Süd-Richtung. Foto: Illustration: Albert Wimmer + KnollConsult Wien + Rosinak Wien

    Wo man sich ein Beispiel für die Zukunft des Wohnens in Augsburg vorstellen kann, stehen aktuell noch die drei früheren Mannschaftsunterkünfte der Reese-Kaserne, die eingerüstet auf ihren Abriss warten. Entlang der Sommestraße in Kriegshaber sollen bis zu 470 neue Wohnungen entstehen. Das Quartier wird ein Stück weit einen Ausblick darauf geben, wie die Stadt sich Wohnen in Neubaugebieten in Zukunft vorstellt, nämlich mit wenigen Autos im Viertel, verdichtetem Wohnen in Mehrfamilienhäusern mit kurzen Wegen und unterschiedlichen Wohnkonzepten. Die augenfälligste Neuerung im Vergleich zu anderen Neubaugebieten soll eine zentrale Quartiersgarage sein, die mit einem weitgehenden Verzicht auf oberirdische Stellplätze einhergeht. 

    "Wir wollen die Bedeutung des Autos im Quartier aufs Nötige reduzieren. Verkehr ist kein Selbstzweck", sagt Baureferent Steffen Kercher. Ein Schritt sollen zu Mobilitätsknoten ausgebaute Quartiersgaragen sein - fürs eigene Auto, aber auch für Sharing-Autos und -Fahrräder, möglichst mit Nahverkehrsanschluss. Auch Einkaufsmöglichkeiten oder Paketabholstationen sind dort geplant. 

    Wohnen in Augsburg: Tägliche Anlaufstellen an einer Stelle konzentrieren

    Die Idee, die dahintersteckt und die Kercher, der seit Mai im Amt ist, in anderen Neubauvorhaben verstärkt berücksichtigen will: die Einrichtungen des täglichen Bedarfs so zu platzieren, dass Wege reduziert werden. Das bedeutet weniger Autofahrten bis hin zur Möglichkeit, dass die Wege so kurz werden, dass kein Auto mehr nötig ist. Er nennt ein Beispiel: "Die Kita wurde bisher nicht an der Straße geplant, wo öffentlicher Nahverkehr und Läden liegen, sondern am Park." Das sei eine malerische Lage, aber damit erzeuge man "irrsinnige Wegeketten": Man müsse das Haus verlassen, 500 Meter in die eine Richtung gelangen, dann wieder zurück, wenn man weiter zur Arbeit müsse. Mit dem Auto sei das kein Problem, "zu Fuß oder mit dem Rad wird das aufwendig", so Kercher. Wenn man Kita, Supermarkt und Nahverkehrshaltestelle in relative Nähe zueinander bringe, werde es für die Bürger möglich, drei oder vier Erledigungen mit einem Weg zu schaffen. "Dann kann man das Auto stehen lassen, weil es zu nervig ist, sich alle 50 Meter einen neuen Parkplatz zu suchen."

    Umsetzen will Kercher diese Überlegungen möglichst konsequent bei der Neuplanung der "Weltwiese" in Kriegshaber, wo die städtische Wohnbaugruppe alle Bestandsgebäude abreißen und das Viertel auf insgesamt 1100 Wohnungen verdichten möchte. Die geplante Straßenbahnlinie 5 biete dafür ideale Voraussetzungen. Und auch auf dem Obi-Areal neben dem Fabrikschloss im Textilviertel ist eine "Stadt der kurzen Wege" in Planung - die 400 Wohnungen sollen ergänzt werden von Gewerbe, Handel, Gastronomie, Kita und einem "Haus der Nachbarschaft". Dort denkt die Stadt auch über einen reduzierten Stellplatzschlüssel nach. Kercher betont, es gehe nicht darum, Stellplätze einfach zu streichen. Was man im neuen Quartier weniger an abgestellten Autos habe, finde sich dann in den Nachbarstraßen wieder. Nötig seien Alternativen wie öffentlicher Nahverkehr und Sharing-Angebote, die von Anfang an da sein müssen. 

    In Haunstetten Südwest sollen einmal tausende Wohnungen entstehen

    Den jetzt in Planung befindlichen Augsburger Stadtvierteln wird man in 30 Jahren vermutlich ansehen, in welcher Zeit sie geplant wurden, so wie das momentan bei den heute 30 Jahre alten Vierteln der Fall ist: Inzwischen zählt eine Kita zum Standardrepertoire eines Neubauviertels, mitunter auch das Thema Nahversorgung. In älteren Vierteln wurde das nicht mit berücksichtigt. Inzwischen sind Dinge wie Verkehr und Klimaschutz wichtiger geworden, ebenso der Wohnungsmangel. Neubaugebiete für Einfamilienhäuser sind heute - abgesehen vom Neubaugebiet Wernhüterstraße in Lechhausen - eine Seltenheit, stattdessen dominieren Mehrfamilienhaus-Quartiere. 

    Kercher betont, dass die Verkehrsthematik nur einer von vielen Gesichtspunkten bei der Planung neuer Viertel sein werde. Es gehe auch um Fragen von Klimaschutz und Energieversorgung, Anpassung an den Klimawandel, die Verwendung neuer Materialien wie Holz oder Fragen des sozialen Zusammenlebens. Auch das werde den Städtebau prägen. 

    Viele der Projekte, die aufzeigen, wie Viertel der Zukunft geplant werden, wurden noch unter Kerchers Vorgänger Gerd Merkle (CSU) angestoßen. Eine Aufgabe für Kercher, der vor seinem Amtsantritt in der Münchner Bauverwaltung für große Wohnbau-Entwicklungen zuständig war, ist die Umsetzung der bisher nur sehr grundsätzlichen Planungen zu Haunstetten Südwest. Tausende Wohnungen sollen hier einmal entstehen. In der Umsetzung werde es auf einen abschnittsweisen Bau hinauslaufen. "Es werden nicht 15.000 Menschen auf einmal einziehen, sondern vielleicht 1000 pro Jahr", sagt Kercher. Die Stadt werde hier mit Infrastruktur in Vorleistung gehen müssen, um von Anfang an ein funktionierendes Leben im Quartier zu ermöglichen. 

    Parallel werde es darum gehen, die Ideen für Neubauquartiere auch für bestehende Viertel anwendbar zu machen, etwa im Zuge von Sanierungsmaßnahmen. "Da gibt es keine Patentrezepte, weil man sich das immer vor Ort anschauen muss", so Tobias Häberle vom Stadtplanungsamt. Ein Beispiel sei das Pilotprojekt in Oberhausen zur Klimawandelanpassung, bei dem die Stadt mehr Grün in den Stadtteil bringen möchte. Auch für die Hofackerstraße in Haunstetten liegen Pläne für einen klimagerechten Umbau in der Schublade. Allerdings ist eine baldige Umsetzung noch nicht absehbar.

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