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Augsburg: Krise und kein Personal: Parfümerie Sammüller schließt nach 115 Jahren

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Krise und kein Personal: Parfümerie Sammüller schließt nach 115 Jahren

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    Nach 115  Jahren schließt die Parfümerie Sammüller. Alexandra Schneid (links) und Katharina Sammüller stehen auch bei dieser Entscheidung Seite an Seite.
    Nach 115 Jahren schließt die Parfümerie Sammüller. Alexandra Schneid (links) und Katharina Sammüller stehen auch bei dieser Entscheidung Seite an Seite. Foto: Silvio Wyszengrad

    Die Parfümerie Sammüller in Lechhausen ist den Menschen vor Ort bestens bekannt. Seit 115 Jahren führt die Familie ihr Einzelhandelsgeschäft, das viele Stammkunden hat. Inhaberin Alexandra Schneid ist zudem im Vorstand der Aktionsgemeinschaft Lechhausen aktiv und kümmert sich um die Entwicklung in ihrem Stadtteil. Jetzt hat sie schweren Herzens einen Entschluss gefasst: Sie wird ihr Geschäft in der Neuburger Straße zum Ende des Jahres aufgeben – nach 115 Jahren. Obwohl damit eine Ära endet, hat Alexandra Schneid die volle Unterstützung ihrer Mutter Katharina Sammüller, die ihr das Geschäft einst übergeben hat und noch heute aktiv mitwirkt.

    1907 eröffnete Ludwig Sammüller in der Schleiermacherstraße 1 seinen Obst- und Gemüseladen. Damals war Lechhausen noch ein eigenständiges Dorf und daran, dass seine Nachfahren einmal Parfüm und Kosmetik anbieten würden, dachte Ludwig Sammüller sicher nicht. Doch so ist es gekommen: 1958 integrierte der Enkel zunächst eine Drogerie und ein Reformhaus, eröffnete weitere Geschäfte und erweiterte um den Bereich Parfümerie. Als nach dessen frühem Tod seine Frau Katharina die Geschäfte weiter führte, konzentrierte sie sich ausschließlich auf die Filiale in Lechhausen und teilte diese in eine Parfümerie sowie ein Reformhaus auf – so, wie man das Geschäft auch heute kennt. 2004 übergab Katharina Sammüller an die vierte Generation und damit an ihre Tochter Alexandra Schneid.

    Spätestens am 12. Dezember schließt die Parfümerie in Lechhausen

    Sie wird das Familienunternehmen allerdings nicht mehr in die Zukunft führen. Sammüller schließt zum Jahresende. Spätestens am 12. Dezember soll letzter Verkaufstag sein. "Die Gründe für die Geschäftsaufgabe sind vielfältig", erzählt Alexandra Schneid. Corona habe seinen Beitrag geleistet, aber auch das Internet. "Immer mehr Kundinnen und Kunden testen bei uns im Haus einen Duft und bestellen ihn dann im Netz", schildert Katharina Sammüller, die nach wie vor täglich im Laden steht. Auch die steigenden Energiekosten und die aktuelle Krise hätten zum Entschluss beigetragen. "Ich verkaufe Luxus, daran wird natürlich als Erstes gespart", so Schneid.

    Der entscheidendste Punkt sei jedoch die Tatsache, dass das Personal überaltert sei, man aber keine jungen Nachfolger findet. "Ich habe wirklich versucht, neues Personal zu gewinnen, weil eine Mitarbeiterin in Rente geht, meine Mutter kürzertreten und eine Kollegin mehr Zeit für die Enkel haben möchte. Aber vergebens", erzählt Alexandra Schneid. Auch ein Verkauf der Parfümerie sei gescheitert. "Es kauft sich keiner mehr Arbeit ein", versucht es die Inhaberin mit einer Begründung.

    Katharina Sammüller führte das Geschäft nach dem frühen Tod ihres Mannes weiter

    Sechs Tage die Woche steht Alexandra Schneid im Geschäft, berät und bietet Kosmetikbehandlungen an. Das sei eine schöne Aufgabe, die sie immer gerne übernommen hat. Aber reich gemacht habe sie und ihre Familie das Geschäft nie. Es sei eben immer "gerade so umgegangen". Als ihre Mutter nach dem frühen Tod des Vaters die Geschäfte übernehmen musste, sei das eine große Herausforderung gewesen. "Dafür bewundere ich meine Mutter", so Schneid. Die beiden Frauen sind ein enges Team und arbeiten seit vielen Jahren Hand in Hand. Dass ihre Tochter das Geschäft nach 115 Jahren nun aufgeben und die Familientradition beenden will, trägt Katharina Sammüller mit. "Es sind einfach zu viele Baustellen, die anstehen. Ein Geschäft nur aufrechtzuerhalten, um einer Tradition gerecht zu werden, ist nicht der Sinn der Sache", sagt sie. Eine Übergabe an den Enkel ist aus ihrer Sicht daher auch nicht sinnvoll. Sie selbst wird zum Ende des Jahres in die längst überfällige Rente gehen. Alexandra Schneid bleibt der Branche treu und hat bereits einen neuen Arbeitsplatz sicher. Dem Vorstand der Aktionsgemeinschaft Lechhausen bleibt sie als Privatperson erhalten.

    1907 gründete Ludwig Sammüller ein Einzelhandelsgeschäft in Lechhausen. 2022 wird das Familienunternehmen aufgegeben.
    1907 gründete Ludwig Sammüller ein Einzelhandelsgeschäft in Lechhausen. 2022 wird das Familienunternehmen aufgegeben. Foto: Alexandra Schneid

    Die beiden Frauen haben mit ihrer Entscheidung ihren Frieden gemacht, nur eines steht jetzt noch bevor: "Der Abschied von unseren Kundinnen und Kunden wird hart werden. Viele begleiten wir seit Jahrzehnten und haben hier mehr als nur eine Beziehung zwischen Kunde und Verkäufer", so Katharina Sammüller. Der Räumungsverkauf läuft bereits.

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