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Augsburg: Kontroverse um israelkritischen Auftritt: Welchen Spielraum hat die Stadt?

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Kontroverse um israelkritischen Auftritt: Welchen Spielraum hat die Stadt?

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    Ein geplanter Auftritt des Israelkritikers Jakob Reimann im städtischen Zeughaus sorgt für laute Kritik.
    Ein geplanter Auftritt des Israelkritikers Jakob Reimann im städtischen Zeughaus sorgt für laute Kritik. Foto: Silvio Wyszengrad

    Der geplante Auftritt von Israelkritiker Jakob Reimann am 20. November im Augsburger Zeughaus wird zum Politikum. Auch Stadtrat Peter Grab (WSA) fordert nun öffentlich von der Stadtspitze, "alles Machbare zu tun", damit der Vortrag von Reimann nicht stattfindet. Zuvor hatte die Jüdische Gemeinde an Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) appelliert, die Veranstaltung der Augsburger Friedensinitiative und ihrer Partner in städtischen Räumen zu unterbinden. Aber ist das rechtlich überhaupt möglich? 

    Das Zeughaus ist eine öffentliche Einrichtung – es muss also grundsätzlich jedem für Veranstaltungen zur Verfügung stehen. Der Spielraum ist dabei "gering", wie die Stadt Augsburg mit Verweis auf entsprechende Vorgaben der Bayerischen Gemeindeordnung mitteilt. "Schwierigkeiten ergeben sich häufig hinsichtlich der Frage der Zulassung extremistischer Parteien und Gruppierungen", erklärt – unabhängig vom aktuellen Fall – Bernhard Maurmeir, Leiter des Hauptamts der Stadt. Dabei nur nach "politischen Gesichtspunkten" zu unterscheiden, sei unzulässig, "solange die Verfassungsfeindlichkeit einer Gruppierung nicht festgestellt ist". Nicht ausgeschlossen sei hingehen, dass die Zulassung im Einzelfall "aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung" verweigert werde. "Das kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn zu erwarten ist, dass im Rahmen der Veranstaltung Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten begangen werden oder anlässlich der Veranstaltung mit erheblichen Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu rechnen ist."

    Geplanter Auftritt von Israelkritiker Jakob Reimann sorgt für Aufsehen

    Wie auch Maurmeir betont, ist bei der Vermietung öffentlicher Räume zentral, dass Gleichbehandlungsgrundsatz und Meinungsfreiheit gewahrt bleiben. Dies machte 2022 auch eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts deutlich: Mit Verweis auf die Meinungsfreiheit hatte es eine Entscheidung der Stadt München, der gegen Israel gerichteten Boykott-Bewegung BDS keine öffentlichen Räume zur Verfügung stellen, für unzulässig erklärt. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter sagte damals anschließend, das Scheitern der Stadt vor dem Bundesverwaltungsgericht sei ein "Rückschlag, der auch viele jüdische Münchner*innen persönlich und die demokratische Stadtgesellschaft insgesamt betrifft." Allerdings seien der Stadt "leider die Hände gebunden", da eine gesetzliche Grundlage fehle, Veranstaltungen wie solcher der

    OB Eva Weber muss in einem schwierigen Streitfall vermitteln.
    OB Eva Weber muss in einem schwierigen Streitfall vermitteln. Foto: Silvio Wyszengrad

    Die Israelitische Kultusgemeinde Augsburg wirft auch Reimann "Verbindungen zur Boykott-, Desinvestitions- und Sanktionsbewegung (BDS)" vor und brachte zugleich Sicherheitsbedenken ins Spiel, sollte sein Vortrag in Augsburg stattfinden. Der Journalist hatte ähnlichen Vorwürfen selbst widersprochen. Bei der Augsburger Friedensinitiative (AFI) hatte man zuletzt angekündigt, auf der Veranstaltung mit Reimann im Zeughaus bestehen zu wollen. Es gebe einen gültigen Mietvertrag. Vor allem gehe es jedoch um das Grundrecht der Meinungsfreiheit. OB Weber ist derzeit als Vermittlerin gefordert, sie hat der Friedensinitiative auch wegen Sicherheitsbedenken eine Absage nahegelegt. Klaus Stampfer von der AFI sagte am Mittwoch: "Wir sind mit der Stadt im Gespräch und versuchen, eine Lösung zu finden." Er ergänzte aber auch: "Es gibt die AFI seit 43 Jahren. In der Zeit gab es keinen einzigen Vorfall, wo wir ein Problem mit der Sicherheit hatten." Die Initiative sei bei Veranstaltungen immer in enger Abstimmung mit der Polizei und genieße dort Vertrauen.

    Friedensinitiative Augsburg verweist auf Meinungsfreiheit

    Für größeres Aufsehen sorgte ein Auftritt in öffentlichen Räumen 2016: Damals versuchte die Stadt, eine Rede der AfD-Politikerin Frauke Petry im Rathaus per Hausverbot zu verhindern. Auch diese Entscheidung wurde durch ein Gericht gekippt, diesmal durch das Verwaltungsgericht Augsburg. Petry trat im Rathaus auf, es kam zu körperlichen Übergriffen. "Unter der entsprechenden Voraussetzung wird also die Möglichkeit der Ablehnung einer Veranstaltung sehr wohl geprüft", teilt die Stadt mit. Dies gelte für das Zeughaus ebenso wie für die – ebenfalls öffentliche – Stadtbücherei. Insgesamt seien aber Fälle, in denen eine genauere Betrachtung der Vermietungen notwendig erscheine, "sehr selten".

    Die aktuellen Verhandlungen der Stadt dauern noch an. Sollte sie den Mietvertrag für die Veranstaltung mit Reimann kündigen, könnte eine Klage im Raum stehen. Stadtrat Peter Grab (Wir sind Augsburg) hat unterdessen nicht nur beantragt, die Stadt müsse den Vortrag verhindern. Angesichts der Massaker der Hamas in den vergangenen Tagen sei es vielmehr geboten, stattdessen zeitnah einen Vertreter oder eine Vertreterin Israels zu einem Vortrag einzuladen, um nicht nur aus den Medien die Situation in Israel zu erfahren, so sein Vorschlag. Parallel beantragte er eine möglichst parteiübergreifende Resolution im Stadtrat zum terroristischen Überfall auf Israel und zu allen davon betroffenen Opfern.

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