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Augsburg: Kommentar: Gegen fehlenden Anstand helfen nur Kontrollen

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Kommentar: Gegen fehlenden Anstand helfen nur Kontrollen

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    Der städtische Ordnungsdienst ist an viele Orten gefordert. Er wird aufgestockt, doch auch 20 Frauen und Männer könnten noch zu wenig sein.
    Der städtische Ordnungsdienst ist an viele Orten gefordert. Er wird aufgestockt, doch auch 20 Frauen und Männer könnten noch zu wenig sein. Foto: Peter Fastl, Symbolbild

    Es ist eine Momentaufnahme aus der Innenstadt in diesen Tagen. Vier junge Männer rennen die Treppen neben dem Rathaus hinauf, sie schreien alle lauthals in einer fremden Sprache. Eine ältere Frau um die 80, die mühsam die Stufen erklimmt, schüttelt den Kopf. Sofort baut sich einer der Männer vor der Frau auf. Er sagt: „Alte, was willst Du?“ Ein anderer ruft: „Lass doch die Oma.“ Die jungen Männer ziehen weiter.

    Ein Tag Mitte November, hinter der Kirche St. Peter am Perlach: Ein Mann Mitte 50 uriniert ungeniert gegen die Wand des Gotteshauses. Es scheint ihn nicht zu stören, dass mehrere Passanten vorbeikommen. Einige Tage später bei der langen Einkaufsnacht in der Annastraße: Zwei junge Leute spielen Weihnachtsmusik, mit einer Klarinette und einer Tuba. In Hörweite haben sich drei Männer aufgestellt. Sie hören lautstark Rockmusik, trinken Bier und grinsen. Es ist ihnen offenbar nicht nur egal, dass sie hier stören. Es bereitet ihnen scheinbar auch noch Freude. Wer mit offenen Augen durch die Stadt geht, kann solche Szenen leider nahezu täglich wahrnehmen.

    Für immer mehr Menschen ist Anstand ein Fremdwort

    Die allermeisten Menschen verhalten sich friedlich und ordentlich. Doch die Zahl jener, für die Anstand scheinbar ein Fremdwort ist, scheint zuzunehmen. Mit der Flüchtlingskrise hat das nichts zu tun. Es ist ein gesellschaftliches Problem. Die Entwicklung gibt es schon deutlich länger. Und natürlich gab es das – in einem gewissen Ausmaß – auch schon immer. Objektiv ist Augsburg eine sichere Stadt. Die Straßenkriminalität bewegt sich seit Jahren auf eher niedrigem Niveau. Erst recht im Vergleich zu vielen anderen deutschen Großstädten. Es gibt keinen Grund, sich Sorgen zu machen.

    Doch all die kleinen Respektlosigkeiten im öffentlichen Raum wirken sich auf das Sicherheitsgefühl der Menschen aus. Es sind auch diese kleinen Alltagserlebnisse, welche die Menschen für Protestparteien zugänglich machen – nicht nur Euro-Rettung oder Flüchtlingspolitik. Und es sorgt dafür, dass öffentliche Plätze gemieden werden, die eigentlich allen Bürgern zustehen und die, wie am Kö, teils für viel Geld saniert wurden. Eine Jugendliche berichtet, sie fühle sich nicht wohl, wenn sie morgens durch den Kö-Park gehe und dort von Männern, die bereits betrunken sind, angesprochen wird. Ähnliches erzählen Menschen vom Oberhauses Bahnhof, seit Jahren ein Treffpunkt der Süchtigenszene.

    Der Ruf nach mehr Polizeipräsenz wird verhallen. Ein früherer

    Den Ordnungsdienst in Augsburg aufzustocken ist richtig

    Deshalb sind die Pläne von Ordnungsreferent Dirk Wurm (SPD), den städtischen Ordnungsdienst aufzustocken, richtig. Er will die Truppe von 15 auf künftig 20 Frauen und Männer ausbauen. Selbst das erscheint aber noch zu wenig angesichts der vielen Orte, wo nach dem Ordnungsdienst gerufen wird. Sie sollen am Rathausplatz Präsenz zeigen, am Kö, am Oberhauser Bahnhof, am Elias-Holl-Platz und nachts in der Maximilianstraße. Gleichzeitig sollen sie auch noch Radl-Rowdys stoppen und kontrollieren, wer mit dem Auto in die Fußgängerzone fährt. Das ist mit 20 Leuten vernünftig nicht zu stemmen. Zumal es wenig hilft, an Brennpunkten sporadisch vorbei zu schauen. Nur eine dauerhafte Präsenz bewirkt wirklich etwas. Ordnungsdienst soll in Augsburg öfter auf Streife gehen

    Mehr Kontrolle erscheint dringend nötig. Doch sie löst nicht alle Probleme. Süchtige, die sich am Kö und am Oberhauser Bahnhof aufhalten, sind krank. Sie brauchen auch Sozialarbeiter – und die Politik sollte sich auf den Versuch einlassen, in Oberhausen eine sogenannte Trinkerstube als Anlaufstelle einzurichten. Es gibt Städte, die damit gute Erfahrungen gemacht haben. Es sind sich ja alle einig, dass sich an der Situation auf dem Helmut-Haller-Platz etwas ändern muss. Das Geld dafür wird nicht nur für die betroffenen Menschen eingesetzt. Es dient letztlich allen, die in der Stadt unterwegs sind.

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