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Augsburg Königsplatz: Polizeipräsident: "Können nicht auf offener Bühne ermitteln"

Augsburg Königsplatz

Polizeipräsident: "Können nicht auf offener Bühne ermitteln"

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    Polizeipräsident Michael Schwald bei der Pressekonferenz am Montag. Die Arbeit seiner Behörde steht durch die tödliche Attacke am Königsplatz derzeit in besonderem Fokus.
    Polizeipräsident Michael Schwald bei der Pressekonferenz am Montag. Die Arbeit seiner Behörde steht durch die tödliche Attacke am Königsplatz derzeit in besonderem Fokus. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    Herr Schwald, Augsburg ist derzeit wegen eines Kriminalfalls bundesweit in den Schlagzeilen – die Tötung eines 49-Jährigen in der Innenstadt am Freitagabend. Eigentlich gilt die Stadt als sehr sicher, Sie haben das in der Vergangenheit auch betont. Wie bewerten Sie die aktuelle Lage?

    Michael Schwald: Die Gewalttat hat viele fassungslos und bestürzt gemacht und bei vielen Menschen wahrscheinlich auch zu einer Verunsicherung geführt. Sicherheit, das ist einmal die objektive Sicherheit - das sind die Zahlen. Und die Zahlen sagen: Augsburg ist die zweitsicherste Stadt mit über 200.000 Einwohnern in Deutschland. Und die Polizei hier hat eine Erfolgsquote wie in keiner anderen Stadt dieser Größenordnung. Aber die Frage ist tatsächlich: Was bringen diese Zahlen aktuell?

    Wie meinen Sie das?

    Schwald: Der reine Blick auf die Zahlen bringt viele Menschen gerade nicht weiter. Wir nehmen auch das Sicherheitsgefühl ernst und versuchen durch verschiedenste Maßnahmen, es wieder herzustellen. Augsburg ist eine sichere Stadt, aber die Stimmung ist derzeit teils eine andere. Das Gefühl der Sicherheit weicht derzeit ganz stark von den objektiven Zahlen ab.

    Nun erfasst die Kriminalitätsstatistik auch Straftaten, die das Sicherheitsgefühl der Menschen eher weniger beeindrucken dürfte, etwa Schwarzfahren. Betrachtet man die reine Gewaltkriminalität, steht die Stadt nicht ganz so gut da.

    Schwald: Da fällt Augsburg ab, das wissen wir auch. Im Konzert der bayerischen Großstädte stehen wir da zwischen München und Nürnberg. Ich sage aber auch, im Vergleich zu anderen Städten hat Augsburg immer noch einen Platz in der oberen Reihe. Aber noch mal: Das sind Zahlen, die momentan weniger interessieren und mit denen es uns sicher nicht gelingen wird, ein Sicherheitsgefühl wiederherzustellen. Da hilft schon eher der schnelle Ermittlungserfolg, den wir hatten.

    Steht die verstärkte Polizeipräsenz am Königsplatz in diesem Zusammenhang? Um ein Gefühl der Sicherheit zu erzeugen? Zuletzt sah man dort teils acht Mannschaftsbusse stehen.

    Schwald: Ja, das ist ein Zeichen an die Bevölkerung: Wir sind da. Man muss aber auch sehen: Der Notruf am Freitagabend ging um 22.43 Uhr ein, eine Minute später war die Streife vor Ort. Das gelingt nur, wenn man in der Innenstadt ohnehin präsent ist.

    In der Tat ist speziell der Königsplatz ein Ort, der von der Polizei bereits unter großer Beobachtung steht. Man könnte auch sagen: Die noch einmal größere Präsenz dort aktuell ist reine Symbolik.

    Schwald: Wir waren auch schon vor dem Freitag sehr präsent am Kö, das stimmt. Aber ist es wichtig, dort aktuell verstärkt mit uniformierter Polizei vor Ort zu sein.

    Massive Polizeipräsenz könnte aber auch einen gegenteiligen Effekt erzeugen. Als Passant kann man sich so denken, dass dort ein Ausmaß an Kriminalität herrscht, das gar nicht existiert. Könnte eine Möglichkeit für mehr Präsenz nicht auch sein, mehr Fußstreifen einzusetzen – Polizisten also, die sich vor Ort auskennen - statt große Polizeiaufgebote?

    Schwald: Die PI Mitte (das Innenstadtrevier) macht das seit etwa einem Jahr so, dass dort wieder Sektionsbeamte eingeführt wurden. Also Beamte, die tatsächlich vor Ort den Kontakt suchen, sodass die Bevölkerung nicht nur dann auf den Polizeibeamten trifft, wenn irgendwas schief gelaufen ist. Das ist ein Stück Präsenz, ein Stück Sicherheit. Es ist für uns wichtig, dass die Menschen hier die Polizei als „ihre Polizei“ begreifen. Unser Ziel ist, dass man sich in der Stadt gerne bewegt. Diese Beamten sind definitiv ein gutes Mittel, um Kontakt zu halten, um auch mal was mitzukriegen, wenn es nicht um Straftaten geht. Vielleicht habe ich deshalb auch etwas heftiger reagiert auf Kritik im Netz an unserer Arbeit nach der Attacke am Kö. Weil die Kollegen hier eine gute Arbeit machen. Wenn wir Fehler machen, werden wir zurecht kritisiert. Ich glaube aber, in dem Fall haben wir keinen Fehler gemacht.

    Es gab online tatsächlich eine Menge Kritik an der Arbeit der Augsburger Polizei, auch Unterstellungen und Beschimpfungen. Wie kam das bei der Polizei an?

    Schwald: Die Kollegen in der Ermittlungsgruppe haben sich damit sicher nicht beschäftigt, die haben anderes zu tun. Aber wir haben das natürlich im Umkreis mitbekommen. Wir haben versucht zu erklären, warum wir so vorgehen, also ohne Öffentlichkeitsfahndung etwa. Bei einem kleinen Teil der User konnten wir etwas bewirken, die konnten das nachvollziehen. Bei einem anderen haben wir es gemerkt, dass es ihnen um Verunsicherung geht oder darum, diese Verunsicherung zu befeuern. Zum Teil waren wirklich krude Verschwörungstheorien darunter. Wir würden im Auftrag einer höheren Macht handeln, in die Richtung. Uns ging es um den Ermittlungserfolg, wir wollen die Tat aufklären. Ich will auch um Verständnis bitten. Wir können nicht auf offener Bühne ermitteln; wir müssen die Möglichkeit haben, über bestimmte Dinge zu schweigen. Wir haben am Schluss eine Gerichtsverhandlung, da kommt alles auf den Tisch. Aber aus ermittlungstaktischen Gründen können wir nicht immer zu jedem Zeitpunkt eine Wasserstandsmeldung abgeben.

    Befürchten Sie angesichts der großen Anteilnahme und Aufregung um die Tat, dass sich die Stimmungslage in Augsburg verändert, angespannter wird? Einige Jugendlichen mit Migrationshintergrund befürchten nun, im öffentlichen verstärkt als Angstfaktoren wahrgenommen zu werden.

    Schwald: Ich bin kein Prophet, aber hoffe, dass es nicht so sein wird. Die Stadt hat einen Migrationsanteil von über 40 Prozent – das gehört zu Augsburg dazu und macht die Stadt ein Stück weit auch aus. Wir müssen daran arbeiten, dass eine solche Stimmung nicht dauerhaft besteht. Man sollte nie ganze Gruppen von Menschen für Taten einzelner verantwortlich machen. Die sieben Inhaftierten haben sich aus unserer Sicht eines schweren Gewaltdeliktes strafbar gemacht – das ist der aktuelle Ermittlungsstand. Am Ende wird ein Gericht entscheiden.

    In einer aktuellen Folge unseres Podcasts erklärt Reporter Stefan Krog die Hintergründe der Tat am Königsplatz – und erzählt, wie Journalisten mit dem Fall umgehen. Den Podcast "Augsburg, meine Stadt" finden Sie auf Spotify, iTunes und überall sonst, wo es Podcasts gibt.

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