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Augsburgs Geschichte: Bilderreise durch Kö, Maxstraße und Bahnhof

Am Königsplatz diente lange der sogenannte "Pilz" als Wartehäuschen. Wie es dort und an anderen Augsburger Plätzen früher aussah und was sich verändert hat, zeigen wir in dieser Foto-Geschichte.
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Kö, Maxstraße und Bahnhof: Eine Bilderreise durch Augsburgs Geschichte

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    An einem sonnigen Nachmittag sitzt Gregor Nagler am Manzú-Brunnen und schaut dem lebhaften Treiben auf dem Königsplatz zu. Dutzende Schülerinnen und Schüler hasten zu den Haltestellen, um die nächste Tram zu erwischen. "Es ist lustig, wie sich einige Dinge scheinbar nie ändern", sagt der Augsburger Architekturhistoriker mit einem Lächeln. "Der Kö war schon immer ein Knotenpunkt für die umliegenden Schulen." Baulich hat sich hier in den vergangenen Jahrzehnten allerdings einiges verändert. Nagler zeigt auf die Fläche zwischen dem Manzú-Brunnen und den Gleisen: "Etwa hier stand bis 1977 der sogenannte Pilz, ein kleines Wartehäuschen. Daran können sich bestimmt noch viele Augsburgerinnen und Augsburger erinnern."

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    Der Augsburger "Pilz" und die "Pseudo-Beatles"

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    Der Pilz war damals das Herz des Kös, hier trafen sich auch die Straßenbahnlinien. Wer heute hier steht, kann sich das nur schwer vorstellen. Seit etwa 1905 pocht das Herz des Augsburger Straßenbahnverkehrs am Königsplatz. Klar, dass daher die kleine Stadtführung mit Gregor Nagler hier beginnen muss. "Die Fläche, auf der jetzt das Haltestellendreieck ist, war früher ein Teil des Parks", erklärt der Historiker. Das Zentrum des Kös lag daher um besagten Pilz, etwa 100 Meter weiter nördlich, Richtung Annastraße. Der Pilz war ein 1913/14 vom Augsburger Architekten Otto Holzer gebautes Wartehäuschen. Seinen Kosenamen bekam das Häuschen durch sein spitz zulaufendes Dach, das auf einem zylinderförmigen Bau ruhte. "Das war ein wichtiger sozialer Treffpunkt", sagt Nagler. Besonders Schülerinnen und Schüler tummelten sich dort nach Unterrichtsende. 

    Das sorgte auch für Konflikte. Aus seinem Archiv hat Nagler einen Zeitungsschnipsel aus dem Jahr 1966 mitgebracht. Darauf prangt in fetten Buchstaben: "Schüler-Verbot auf dem Königsplatz". Auf eine Anweisung des Ministerialbeauftragten, heißt es dort, dürfen sich Augsburgs Oberschüler "nicht länger als zum Umsteigen nötig auf ihrem Lieblingstreffpunkt" aufhalten. Schon seit langer Zeit sei den Rektoren und Lehrern der Kö als Umschlagplatz für Klatsch und Tratsch ein Dorn im Auge gewesen. "Hier begann das Augsburger Beatle-Unwesen, wurden Parties vorbereitet und gemeinsame Aktionen gestartet", schrieb unsere Redaktion damals und wählte als Foto eine Nahaufnahme von drei Jugendlichen mit Topfhaarschnitt, darunter die Beschreibung: "Die Pseudo-Beatles auf dem Königsplatz". Nagler schmunzelt: "Ich bezweifle, dass sich irgendwer an dieses Verbot gehalten hat."

    Der Königsplatz war schon immer ein beliebter Treffpunkt für Schülerinnen und Schüler. Das führte 1966 sogar zu einem "Schüler-Verbot", wie unsere Redaktion berichtete.
    Der Königsplatz war schon immer ein beliebter Treffpunkt für Schülerinnen und Schüler. Das führte 1966 sogar zu einem "Schüler-Verbot", wie unsere Redaktion berichtete. Foto: Gregor Nagler

    Nicht nur Augsburgs Jugendliche sorgten zu dieser Zeit am Kö für – vermeintliches – Chaos und Aufregung. "Durch das Wirtschaftswunder war nicht nur die Frequenz an Straßenbahnen stark angestiegen, sondern auch der Autoverkehr", erzählt Nagler. "Deshalb standen hier am Königsplatz und in der Maxstraße regelmäßig Verkehrspolizisten, die die Autos geleitet haben." Doch mit der Zeit reichte auch das nicht mehr aus. 1971 wurden daher zuerst Annastraße, Philippine-Welser-Straße, Steingasse, Martin-Luther-Platz und Färbergäßchen zu bestimmten Zeiten autofrei, ein paar Jahre später kam die Bürgermeister-Fischer-Straße dazu.

    "Auch für die Trams wurde es an der früheren Stelle zu eng", berichtet Nagler. So kam es 1977 zu einem für viele Augsburgerinnen und Augsburger traurigen Ereignis: Der Pilz wurde abgerissen, weil der Kreuzungspunkt der Trams und ein neues Umsteigebauwerk im Süden des Kös, an der heutigen Stelle, entstehen sollten. Doch 2011 hatte auch dieses Bauwerk ausgedient und musste dem aktuellen weichen. 

    Nicht nur an der Verkehrssituation hat sich seit den 60er-Jahren einiges verändert, weiß Nagler. Auch die heutige Umbauung gibt dem Königsplatz einen anderen Charakter. "Früher gab es hier noch mehr Villen, etwa im Jugendstil oder mit neubarocken Fassaden." Dann aber folgte das, was als Brutalismus in die Geschichte einging: Vielerorts mussten in den 70er-Jahren historische Bauten massiven Wohn- und Bürokomplexen weichen. So auch hier am Königsplatz. Ein Bauwerk, das 1971 dem Brutalismus zum Opfer fiel, war das Hotel Kaiserhof, erbaut 1891. Das thronte an der Ecke Halder-/Hermanstraße, wo sich heute das Gebäude der Stadtsparkasse gen Himmel reckt. "Da hatten die Planer Glück, dass das neue Denkmalschutzgesetz erst zwei Jahre später in Kraft getreten ist", sagt Nagler. Immerhin der Name des modernen Baus erinnert noch an die Geschichte des Stadthotels: Kaiserhof 2000.

    Das älteste, noch betriebene Empfangsgebäude

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    An diesem Gebäude vorbei führt die Tour zum Hauptbahnhof, wo die jüngste Veränderung noch im vollen Gange ist. Bauzäune und Container machen den Vorplatz aktuell zu einem eher trostlosten Ort. Nagler zückt aus seiner Tasche ein Foto aus den 60er-Jahren, auf dem der Parkplatz und das Bahnhofsgebäude zu sehen sind. Sofort sticht besonders eines ins Auge: Hier war es mal deutlicher grüner, auf einem angelegten Rasen sprießen Büsche mit roten Blumen. Während des Vergleichs mit dem heutigen Anblick wird eine ältere Dame auf die Stadtführung aufmerksam. Nachdem sie einen Blick auf das Foto geworfen hat, seufzt sie auf: "Ach ja, so schön sah das damals aus!" Dann ergänzt die Augsburgerin: "Da stand hier ja noch gar nicht der Brunnen". Gemeint ist der Bechteler-Brunnen, benannt nach dem Bildhauer und Kunstmaler Theo Bechteler. 

    Errichtet wurde der Brunnen 1987 und zwar dort, wo die Trasse des künftigen Bahnhoftunnels entlangführen wird. "Für die Baumaßnahmen musste der Brunnen 2015 leider abmontiert werden", erzählt Nagler. "Nach der Fertigstellung soll der aber wieder hierher kommen." Das wünscht sich auch die Augsburgerin und verabschiedet sich mit einem Lächeln. Nagler führt fort: "Vor dem letzten Umbau in den 80ern waren die Bushaltestellen noch dort, wo sich jetzt die Verkaufsbuden reihen. Am Bahnhofsgebäude an sich hat sich aber seit Jahrzehnten nichts verändert." Spannender Fakt: Das Empfangsgebäude ist etwa 150 Jahre alt und gilt damit als das älteste, das in einer deutschen Großstadt noch in Betrieb ist. Dadurch steht es auch unter Denkmalschutz. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich daher mehr an der umliegenden Bebauung verändert, etwa beim Gebäude des heutigen Helio-Centers, weiß Nagler. Das trug bis zur Neueröffnung 2018 den Namen "Fuggerstadt-Center" und beherbergte bis in die 90er-Jahre die Hauptfiliale der Post. 

    Auf der Maxstraße waren Ocker-Farben im Trend

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    Vom Bahnhof geht es weiter zur Maxstraße, der letzten Station dieser Tour. Angekommen am Moritzplatz lässt Nagler den Blick die Straße entlang schweifen. "In den 60er-Jahren war der Wiederaufbau der kriegszerstörten Häuser schon zum Großteil durch, aber einige Baulücken gab es hier noch bis in die 80er oder gar noch länger", erzählt er und zeigt auf den Capitol-Bau, der lange als Kino diente. "Links davon war sogar noch bis vor einigen Jahren eine Lücke." Ansonsten fällt Nagler im Vergleich mit den Fotos aus den 60er- und 70er-Jahren besonders eines auf: Ockerfarbene Fassaden waren scheinbar im Trend. Auch das Palasthotel mit dem ehemaligen Namen "Drei Mohren" wurde beim Wiederaufbau 1954 in Braun-Tönen gestrichen. "Leider entschied man sich wohl aus wirtschaftlichen Gründen gegen eine Restaurierung der historischen Fassade im Stil der Régence, einem Kunststil als Übergangsform zum Rokoko"", bedauert Nagler. 

    Die neueste Veränderung auf der Maxstraße wird auch vor dem heutigen Hotel sichtbar: Hier weisen seit dem 1. Mai zwei Straßenschilder auf die neue Fußgängerzone zwischen Herkulesbrunnen und Moritzplatz hin. Nagler kann sich noch gut an das hohe Verkehrsaufkommen vor der Jahrtausendwende erinnern: "Bis in die 90er-Jahre fuhren in der Maxstraße regulär Trams, zudem durften Autos quasi mitten auf der Straße parken, etwa direkt vor dem Herkulesbrunnen." Die Fußgängerzone in der unteren Maxstraße wurde erst 1992 eingeführt. Auf jeden Fall fällt auf, dass sich viele Augsburgerinnen und Augsburger noch nicht an die neue Fußgängerzone gewöhnt haben: Auch wenn an diesem Nachmittag viel Trubel herrscht, läuft niemand in der Straßenmitte. 

    Die Stadtführung mit Gregor Nagler endet vor dem Café Sommacal auf der Maxstraße. Denn nicht nur Themen wie Verkehrsberuhigung und – scheinbar – problematische Jugendgruppen sind in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder aufgekommen – auch alteingesessene Lokalitäten erleben eine Renaissance. So etwa das Sommacal, das bereits 1930 unter demselben Namen an derselben Stelle eröffnet hatte und nach zwei Jahren Leerstand im Jahr 2017 wieder zum Leben erweckt wurde. "Das Sommacal zählte, zusammen mit dem Cortina in der Karolinenstraße, lange zu den beliebtesten Eisdielen in der Stadt", sagt Nagler. Auf einem Foto aus den 80er-Jahren ist sogar derselbe Schriftzug an der Fassade zu sehen, der auch heute noch das Eiscafé ziert. 

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