Das von der Stadt erarbeitete Klima-Sofortprogramm, das ein Bündel an 40 relativ zügig umzusetzenden Maßnahmen beinhaltet, hat den Stadtrat trotz längerer Grundsatzdiskussionen fast einstimmig passiert. Lediglich die AfD stimmte dagegen. Das Beschlusspaket beinhaltet wie berichtet unter anderem einen Ausbau der Fernwärme durch die Stadtwerke mit einem Volumen von 80 Millionen Euro in den kommenden fünf Jahren, ein Förderprogramm für Fotovoltaik auf Dachflächen, eine sukzessive Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED sowie mehrere Maßnahmen im Bereich Mobilität. Das fängt an bei der Prüfung von temporären Straßenunterbrechungen, setzt sich fort über eine Bevorrechtigung von Elektroautos beim Parken und endet bei einem Beschleunigungsprogramm für den Nahverkehr.
Opposition kritisiert langsames Tempo beim Klima-Sofortprogramm
"Es geht nicht darum, Weltmeister zu werden, sondern beim Klimaschutz gemeinsam durchs Ziel zu kommen und niemanden zurückzulassen. Wir bringen ökologische und ökonomische Dinge zusammen", so CSU-Stadtrat Josef Hummel. Wolle man dem Pariser Klimaschutzabkommen genügen, müsse etwas passieren. Teils kam aus der Opposition Kritik am Regierungsbündnis auf, dass alles zu langsam gehe. "Das ist ein Sammelsurium aus Prüfaufträgen und neuen Arbeitsgruppen. Wir brauchen jetzt mal Ideen, die umgesetzt werden", so Florian Freund, Vorsitzender der Sozialfraktion.
Bruno Marcon (Augsburg in Bürgerhand) sagte, die Stadt gehe nach wie vor zu unentschlossen vor. Wolle man vorankommen, sei eine Dezentralisierung der Energieversorgung nötig. Am Ende lief es aber dennoch auf einen fast einstimmigen Beschluss hinaus, abgesehen von der AfD. Stadtrat Raimond Scheirich sagte, es handle sich bei dem Sofortpaket und der im Oktober vorgestellten Klimastudie um eine "überteuerte Lobbybroschüre". Die jetzt schon eingetretene Steigerung der Strompreise schade der Wirtschaft. "Wir laufen in eine Mangel- und Planwirtschaft", so Scheirich.
Das Sofortprogramm, so Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU), sei als Anstoß zu verstehen, bis weitergehende Maßnahmen aus der Klimaschutzstudie abgeleitet sind. Das Papier hält die Erreichung eines Restbudgets von 20 Millionen Tonnen CO2 in Augsburg für machbar. Eine Begrenzung auf diese Menge entspräche dem Augsburger Anteil der Menge, die weltweit noch ausgestoßen werden darf, bevor die Erderwärmung die zwei Grad übersteigt. "Allerdings braucht es dafür einen entschiedenen Antritt", so Umweltreferent Reiner Erben (Grüne). Unter anderem sieht das Papier eine Halbierung des Autoverkehrs bis 2040 und eine Elektrifizierung des verbliebenen Verkehrs vor. Nicht gelöst ist die Wärmeversorgung, weil Erdgas absehbar nicht einfach durch "grün" erzeugten Wasserstoff ersetzt werden kann und Fernwärme nicht für jedes Viertel in Frage kommt.
Augsburger Stadtrat lehnt Empfehlungen aus Bürgerversammlung ab
Der Stadtrat beschäftigte sich zuletzt auch mit mehreren Empfehlungen aus der Bürgerversammlung vom Oktober. Damals wurde von Teilnehmern und Teilnehmerinnen aus der Bürgerschaft eine Vielzahl an Anregungen rund um den Klimaschutz eingebracht, mit denen sich der Stadtrat innerhalb von drei Monaten beschäftigen muss. Zeitweise verlief die Sitzung in angespannter Atmosphäre zwischen Oberbürgermeisterin Weber und Teilnehmern und Teilnehmerinnen.
Unter anderem ging es um einen Verkauf der Stadtwerke-Anteile an Erdgas Schwaben und Bayerngas, um von fossilen Energien loszukommen. Stadtwerke-Geschäftsführer Alfred Müllner sagte jetzt vor den Stadträten, der Bedarf an Erdgas sei auf der einen Seite aktuell nach wie vor da. Ohne gehe es nicht. "Das Verbrennen und Verwenden von Erdgas ist auf der anderen Seite endlich, das ist allen klar. Die Branche ist in einem Transformationsprozess." Mit der Mitbestimmung über das Netz von Erdgas Schwaben könne man diesen Prozess mitsteuern.
Ein Verkauf wurde von der Mehrheit im Stadtrat abgelehnt, ebenso wie das Ansinnen, dass die Stadtwerke sich komplett aus dem Geschäft mit Strom aus Kohlekraftwerken zurückziehen. "Wo immer es geht, verkaufen wir Ökostrom", so Müllner. Dies betreffe alle Neukunden, ebenso wie Kunden im Basistarif. Auch im Gewerbe steige das Interesse, weil Ökostrom nötig ist, um Umweltzertifizierungen zu erhalten. "Aber es wäre betriebswirtschaftlich fahrlässig, allen Graustromkunden zu kündigen", so Müllner. Man wolle diese nach und nach in den Ökostrom mitnehmen.