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Augsburg: Klima-Oasen in Oberhausen: Lobenswertes Engagement oder "Gerümpel"?

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Klima-Oasen in Oberhausen: Lobenswertes Engagement oder "Gerümpel"?

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     Quartiersmanager Jan Weber-Ebnet möchte Verständnis für die Idee wecken, grüne Oasen statt Parkplätze zu schaffen. Anwohner sind dagegen.
    Quartiersmanager Jan Weber-Ebnet möchte Verständnis für die Idee wecken, grüne Oasen statt Parkplätze zu schaffen. Anwohner sind dagegen. Foto: Michael Hörmann

    Die Sommer werden heißer und in den Städten staut sich die Hitze. Die Stadt Augsburg hat deshalb Maßnahmen für einen klimagerechten Stadtumbau ergriffen. Bei experimentelleren Umsetzungen kann es jedoch vorkommen, dass sich Anwohner auch einmal wundern - so aktuell im Viertel Rechts der Wertach. Unter dem Motto "Grüne Oasen statt Parkplätzen vor dem Haus" versucht die Stadt Augsburg dort, Anwohner für ein Klimaprojekt zu begeistern. Anwohner sind darüber sauer, sie finden an den Sitzmöglichkeiten im Freien, die vorübergehend Parkplätze ersetzen, keinen Gefallen und sprechen von "Gerümpel". Andere, vor allem jüngere Menschen engagieren sich intensiv für die sogenannten Klima-Oasen. Wie ist die Stimmung im Quartier?

    Jan Weber-Ebnet vom Quartiersmanagement Rechts-der-Wertach betreut Projekte zur Klimaanpassung im Viertel, das zum Modellgebiet für sogenannte klimaresiliente Quartiere ernannt wurde. Das bedeutet: Hier können von Stadtverwaltung, lokalen Institutionen, Immobilienbesitzern und Bewohnern kurzfristige Lösungsansätze zur Klimaanpassung ausprobiert werden. "Das Quartiersmanagement verfolgt dabei zwei Strategien", so Weber-Ebnet: Es gebe mobile Klima-Oasen der Stadt, die durch den Stadtteil wandern, und temporäre Klima-Oasen, die von Anwohnenden selbst initiiert und gestaltet werden.

    Klima-Oase in Oberhausen wurde vom "Kollektiv junger Menschen" ins Leben gerufen

    Im Mai startete eine solche temporäre Klima-Oase in der Lindenstraße, Ecke Mittelstraße. Sie wurde vom "Kollektiv junger Menschen" ins Leben gerufen, einer Gruppe von überwiegend Studierenden, die sich ehrenamtlich um die Gestaltung kümmerten. "Irgendwann fanden wir es nicht mehr sinnvoll, Schilder hochzuhalten und an die Politik zu appellieren. Deshalb haben wir uns für eine andere Form von Aktivismus entschieden", so Philosophiestudentin Magdalena Meyer, die seit fünf Jahren im Viertel Rechts der Wertach lebt. Die meisten Mitglieder des Kollektivs wohnen in der Nachbarschaft, sie starteten das Quartiersprojekt "Qualle" ("Quartier für alle") in Zusammenarbeit mit dem Quartiersmanagement. Der Name ist Programm: "Wir wollten nicht einfach ankommen und unser Ding durchziehen, sondern nach den Bedürfnissen der Anwohnenden fragen."

    Doch das wird offenbar nicht von allen so gesehen. "Es ist eine Frechheit", sagt Veronika Braun, die in der Emilienstraße wohnt und sich aktuell über eine neue Klima-Oase an der Ecke Wolfgang- und Emilienstraße beschwert. Sie ärgert sich vor allem darüber, dass die Stadt bereits zum zweiten Mal mit dem Projekt ins Viertel komme. Andere Anwohnerinnen bestätigen ihren Eindruck, dass die Bänke "schon beim ersten Mal überhaupt nicht angenommen wurden". Im Rahmen des neuen Projekts wurden nun auf einer vergleichsweisen großen Fläche, die in den Straßenraum hineinreicht, mehrere Sitzmöglichkeiten aufgestellt. Sie sollen für mehr Aufenthaltsqualität im Viertel sorgen und zugleich das Interesse für ein besseres Klima wecken. 

    So präsentiert sich das Parklet in Oberhausen zur Nachmittagszeit.
    So präsentiert sich das Parklet in Oberhausen zur Nachmittagszeit. Foto: Michael Hörmann

    Beim ersten Testlauf im Juni waren die Anwohner bewusst nicht vorab informiert worden. Die Stadt Augsburg hatte argumentiert, man wolle lieber vor Ort direkt mit den Menschen ins Gespräch kommen. Dieses Vorgehen sorgte für Unmut. Nun kehrt das Projekt zurück. Darüber wurde an den sogenannten Parklets, also dem Ort der weggefallenen Parkplätze, informiert. Am vergangenen Freitag war eine Informationsveranstaltung mit Anwohnern vorgesehen. Viel los war nicht. Veronika Braun gehörte zu den Teilnehmerinnen, die ihre Erfahrungen schilderten: "Warum macht man das jetzt nochmals? Die Resonanz war doch schon beim ersten Mal gleich null." Es habe kaum jemand die Bänke benutzt. Viel größer sei im Viertel der Ärger, weil Parkplätze weggefallen waren. Sie habe kein Verständnis für das Agieren der Stadt. 

    So schildert eine Anwohnerin ihren Ärger mit den Sitzmöglichkeiten

    Mit dieser Einschätzung steht die junge Frau nicht allein da. Eine Mutter von zwei Kindern, die unmittelbar am Parklet wohnt, sagt: "Lärm und Rauch, der nach oben zog, waren das Ergebnis beim ersten Versuch." Eine andere Frau ("Zum Glück habe ich seit September einen Tiefgaragenplatz") berichtet von Betrunkenen, die sich nachts an den Bänken vergnügten: "Das kann es doch nicht sein." Unverständnis herrscht darüber, dass die Stadt ein weiteres Mal das Viertel ausgesucht habe.

    Quartiersmanager Jan Weber-Ebnet stellt sich der Kritik. Es gehe generell darum, mehr Verständnis für ein besseres Klima zu wecken. Der Straßenzug biete sich für eine Umplanung an. Im Jahr 2024 soll es dazu Workshops mit Bürgern geben. Das Quartiersmanagement ist im Auftrag des Stadtplanungsamts im Einsatz. Weber-Ebnet betont, dass die Stadtteile Oberhausen-Mitte und Rechts der Wertach sehr dicht bebaut seien. Sie hätten im Vergleich zu anderen Stadtteilen wenig Grün. Die Gebiete seien schon jetzt "Hitze-Hotspots", also Orte mit außergewöhnlich hohen Temperaturen. Man möchte die Bürger beraten, was sie selbst für mehr Klimaschutz tun könnten. 

    Quartiersmanager Jan Weber-Ebnet: Nicht alle waren kritisch

    Ziel sei es, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Weber-Ebnet sagt, dass beim ersten Test die Resonanz keineswegs nur negativ ausgefallen sei. Es seien viele Gespräche geführt worden, Weber-Ebnet ist voll des Lobes für die Arbeit des Kollektivs junger Menschen. Es gehe darum, "den Wandel in die Köpfe der Menschen zu bekommen". Das Auto werde künftig nicht mehr die Bedeutung haben wie früher. Lebensqualität vor Ort zähle mehr denn je. Immer mehr Menschen würden auf das eigene Auto verzichten. Car-Sharing, also die gemeinsame Nutzung eines Autos, sei eine Alternative. Am Straßeneck Wolfgangstraße, Emilienstraße sind nun zwei dauerhafte Parkplätze für Car-Sharing-Fahrzeuge der Stadtwerke Augsburg ausgewiesen. Auch ein Lastenfahrrad, das dann ausgeliehen werden kann, soll bald abgestellt werden.

    Geplant ist das aktuelle Parklet momentan bis 22. Oktober. Weber-Ebnet sagte bei der Informationsveranstaltung, er könne sich vorstellen, den Standort aufgrund des Widerstands früher aufzugeben.

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