Ammar, Linya und Arya sitzen an einem kleinen runden Tisch in der städtischen Kindertagesstätte Zollernstraße und spielen mit Maria del Sato Valentin-Gamazo Restaurant. Die 28-Jährige serviert am schön gedeckten Tisch Schnitzel mit Pommes, Linya möchte vorab gerne noch eine Suppe. Für Maria kein Problem, sie tut so, als würde sie diese in eine kleine Schüssel geben und stellt sie dem Mädchen an ihren Platz. Die Szene wirkt vertraut, als hätten die Kinder und Maria das schon oft gespielt. Doch Maria del Sato Valentin-Gamazo ist an diesem Mittwoch erst zum zweiten Mal in der Einrichtung. Die Stadt Augsburg hat sie und zwei weitere Frauen aus Spanien eingeladen, in Augsburger Kitas zu hospitieren und sich zu überlegen, ob sie hier nicht künftig arbeiten wollen. Die Rekrutierung von Personal aus dem Ausland soll ein Baustein sein, dem Fachkräftemangel zu begegnen. Doch das ist schwieriger als erwartet.
Im Sommer vergangenen Jahres hat sich Augsburg dem Eures-Programm, einem Netzwerk zur Förderung der beruflichen Mobilität zwischen Deutschland und anderen europäischen Staaten, angeschlossen. Ziel war die Anwerbung ausländischer Fachkräfte, um der Personalnot in den städtischen Kitas entgegenzuwirken. Doch ein Jahr später ist man ernüchtert: Gerade einmal drei Frauen haben sich gefunden, die in dieser Woche in drei Einrichtungen (Zollernstraße, Remshartgässchen und Familie-Einstein-Straße) hospitieren, um herauszufinden, ob sie sich eine feste Anstellung in dieser Einrichtung vorstellen können. Zwei wesentliche Gründe für die geringe Anzahl an Bewerberinnen sind sprachliche Schwierigkeiten sowie die Anerkennung von Qualifikationen.
Fachkräfte aus dem Ausland scheitern an Anerkennung ihrer Qualifikation
"Zu Beginn hatten wir zwölf Bewerberinnen", erzählt Diana Schubert, stellvertretende Leiterin des Amts für Kindertagesbetreuung. Manche von ihnen hätten zurückgezogen, weil das Lernen der Sprache doch schwieriger war als angenommen. Einige der Frauen hätten jedoch auch aus finanziellen Gründen abgelehnt. "Ihr Studium in Spanien wird von der Regierung von Schwaben nur als Kinderpflegerin, nicht als Fachkraft anerkannt", sagt Schubert. Das mache auf dem Gehaltszettel doch einen deutlichen Unterschied. "Das war für manche nicht genug, um ihre Heimat zu verlassen und nach Deutschland zu kommen."
Dabei habe sich die Stadt bewusst auf Spanien fokussiert, weil die Erzieherinnen dort eine gute Ausbildung hätten und in dem Land eine hohe Arbeitslosigkeit herrsche, sagt Schubert. Dass sich am Ende nur drei Frauen anwerben ließen, will sie dennoch positiv sehen: "Drei Frauen sind besser als keine." Sie gibt aber auch zu, dass man sich mehr erhofft habe – vor allem gemessen am Aufwand, den die Stadt für die Anwerbung betrieben habe.
Künftig gehe man diesen Weg daher nicht mehr in Eigenregie, sondern wende sich an entsprechende Agenturen. "Wir wollen die Anwerbung ausländischer Fachkräfte nämlich durchaus als einen Baustein im Kampf gegen den Fachkräftemangel beibehalten." Eine erste Tendenz, wie die Integration gelingt, könnte sich am Beispiel der drei Damen zeigen, die in diesen Tagen in Augsburg hospitieren. Dass sie im Herbst eine Stelle antreten, ist noch nicht sicher, auch die Themen Heimweh und Rückkehr nach Spanien bleiben ein Risiko. "Darauf sind wir aber vorbereitet. Abgänge sind unser tägliches Geschäft", sagt Schubert.
Erzieherin aus Spanien kann sich eine Anstellung in Augsburger Kita vorstellen
Maria del Sato Valentin-Gamazo gefällt es jedenfalls gut in der Kita Zollernstraße, in der 100 Kinder in Kita und Hort betreut werden. In ihrer Heimatstadt Madrid hätte sie als Grundschullehrerin arbeiten können, erzählt sie in ordentlichem Deutsch, als sie den Kindern am Tisch im Spiel noch einmal Pommes nachreicht. Sie habe aber auch einmal etwas Neues ausprobieren wollen. Das pädagogische und offene Konzept der Augsburger Kita habe sie sofort angesprochen. "Die Arbeit mit Kindern ist eine Aufgabe, die mich erfüllt." Sie könne sich gut vorstellen, hier fest zu arbeiten. Die Mädchen und Jungs haben Maria bereits in ihr Herz geschlossen. "Sie spielt schöne Spiele im Morgenkreis", findet Arya. Sie könne auch viel besser singen als die anderen Erzieherinnen.
Maria del Sato Valentin-Gamazo wird den Fachkräftemangel an Augsburgs Kitas aber alleine nicht beheben können. Im kommenden Jahr bleiben – sowohl in städtischen als auch in Kitas anderer Träger – 1230 Kinder unversorgt, weil Personal fehlt. Die Stadt hat für sich deshalb, neben der Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland, mehrere Maßnahmen ergriffen. Sie ist auf Jobmessen vertreten, wirbt über einen Instagram-Kanal und bietet Qualifizierungsprogramme an, um Quereinsteiger in einem mehrstufigen Prozess zur Fachkraft auszubilden. Die Bemühungen zeigen erste Effekte: Offiziellen Angaben zufolge sind aktuell an städtischen Kitas 50 Stellen unbesetzt, zum gleichen Zeitpunkt 2022 waren es 80. So bleiben in diesem Jahr auch rund 360 Kinder weniger ohne Kita-Platz als noch im vergangenen Jahr.