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Augsburg: Kirchengemeinden im Aufbruch: Neue Ideen – und neue Rollen für Frauen

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Kirchengemeinden im Aufbruch: Neue Ideen – und neue Rollen für Frauen

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    In der katholischen Kirche bewegt sich nichts? Stimmt nicht, wie die Augsburger Pfarrgemeinden zeigen.
    In der katholischen Kirche bewegt sich nichts? Stimmt nicht, wie die Augsburger Pfarrgemeinden zeigen. Foto: Nicolas Armer, dpa (Symbolbild)

    Etwas ist anders an diesem Sonntagabend in der katholischen Kirche Christkönig in der Hammerschmiede. Es predigt nicht wie gewohnt der Pfarrer oder ein Diakon, sondern eine Frau: Sandra Strohmeier-Woppowa, Erzieherin und Gemeindemitglied. Sie ist eine von vier Frauen, die jeweils an vier Sonntagen in dieser Fastenzeit ein "Frauen-Statement" abgeben. "Es soll keine klassische Predigt sein", leitet Pfarrer Michael Kratschmer ein. Doch was Sandra Strohmeier-Woppowa zu sagen hat, hat alle Elemente einer klassischen, guten Predigt. Sie übersetzt die Worte des Evangeliums von der Heilung eines Blinden ins Heute, erzählt von einer Mutter, die ihr behindertes Kind aus ganzem Herzen bejaht und spricht von Gott, der die Menschen und ihre Not sieht und der keinem vorwirft, er sei selbst schuld an Krankheit und Leiden. 

    Mit dieser Reihe "Frauen-Statements" – nach offizieller katholischer Lesart darf es nicht Predigt heißen, wenn sie in einer Eucharistiefeier von jemandem, der nicht geweiht ist, gehalten wird – will die Pfarreiengemeinschaft ein "Zeichen hinsichtlich der schon längst fälligen Aufwertung von Frauen in der Kirche setzen", sagt Pfarrer Kratschmer. "Es wird so viel von Reformen geredet. Und es ist kaum etwas passiert. Wir dürfen nicht zufrieden sein mit der derzeitigen Situation in unserer Kirche, wir können nicht nur den Niedergang verwalten", sagt er. Auffallend an diesem Sonntagabend in der Kirche Christkönig: Sie ist gut besucht, von Gläubigen aller Generationen. Ein Zeichen des Aufbruchs.

    "Frauen-Statements" im Gottesdienst: Sandra Strohmeier-Woppowa spricht im Stadtteil Hammerschmiede.
    "Frauen-Statements" im Gottesdienst: Sandra Strohmeier-Woppowa spricht im Stadtteil Hammerschmiede. Foto: Anna Kondratenko

    Mühsam wurde beim "Synodalen Weg", der jüngst nach seiner fünften Vollversammlung in Frankfurt seinen Abschluss gefunden hatte, um Reformen gerungen. Immer in der Spannung, dass Entscheidungen aufgrund der Verfasstheit der katholischen Kirche nur in Rom getroffen werden können. Inzwischen aber gibt es Beispiele aus den Kirchen vor Ort, die neue Wege gehen, die schon mal kleine Schritte vorausgehen, indem sie das verwirklichen, was möglich ist.

    Für zwei Augsburger Pfarreien hat sich ein "Ideenkreis" gebildet

    Wie eben in Christkönig – und in St. Franziskus in Augsburg, wo sich ein "Ideenkreis" gebildet hat, der nach solchen Wegen sucht. Die Reihe "Frauen-Statements" ist ein Beispiel. Vorausschauend, dass die Ressourcen von Priestern immer weniger werden, haben sie jetzt auch sechs Frauen und Männer aus den Gemeinden für die Leitung von Wortgottesfeiern ausbilden lassen. In den beiden Kirchen soll künftig regelmäßig einer der Gottesdienste am Samstag oder Sonntag ein Wortgottesdienst sein. Die Idee der Wortgottesdienst-Beauftragten ist nicht neu, schon vor vielen Jahren wurden diese in und für die Diözese

    Frauen an den Ambo: Sandra Strohmeier-Woppowa macht es im Augsburger Stadtteil Hammerschmiede vor.
    Frauen an den Ambo: Sandra Strohmeier-Woppowa macht es im Augsburger Stadtteil Hammerschmiede vor. Foto: Anna Kondratenko

    Ein drittes Aufbruchsprojekt ist der Popmusik-Projektchor Franz König (eine Anspielung auf St. Franziskus und Christkönig). Im Nu hatten sich unter Leitung von Michael Lutz jüngere Stimmen gefunden, die künftig immer wieder statt klassischer Kirchenmusik mit Popmusik die Gottesdienste gestalten. Wie das klingt und dass die Texte durchaus mit dem zu tun haben können, was im Gottesdienst gefeiert wird, war bei der Premiere zu hören – schon beim Eingangslied von den Sportfreunden Stiller. Wolfgang Ehrle ist angehender Priester, zurzeit in Ausbildung bei Pfarrer Michael Kratschmer. Wenn er einmal Pfarrer sein wird, sagt er, wolle er auch nach jenem Ausschau halten, was die Zeit fordert. Dazu gehöre für ihn, "die Realitäten der Menschen wahrnehmen", da sein für sie, auch dort, wo etwa Beziehungen nicht gelingen, neue Orte von Kirche eröffnen – und auch die Frauen in ihrer Spiritualität ernst nehmen. 

    Es gibt Zeichen des Aufbruchs in katholischen Gemeinden in Augsburg

    Bei der Suche nach Zeichen des Aufbruchs in Augsburger katholischen Gemeinden – von denen es sicherlich mehr gibt – fällt immer wieder auch die Pfarreiengemeinschaft Oberhausen auf. Marcus Lechner, freiberuflicher Fotograf, bringt dort etwa sein künstlerisches Talent in einen "Arbeitskreis Kunst" ein. Und der hat schon etwas bewegt: Im Herbst die Kunstinstallation "Dazwischen" in St. Martin, ein kleines Magazin mit dem Titel "NADU", das – anders als ein klassischer Pfarrbrief – pfiffig aufgemacht auch Themen aus der Welt aufgreift. Ziel dieser Aktionen sei, so Lechner: nicht nur im Pfarreien-Kontext und dessen Grenzen bleiben, auch Menschen aus anderen Lebenswelten ansprechen, die auf der gleichen Sinnsuche sind. Seine Erfahrung ist, dass diese neuen Formen gut ankommen.

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