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Augsburg: Keine Veranstaltungen, neue Regeln: So stellt Corona Polizeiarbeit auf den Kopf

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Keine Veranstaltungen, neue Regeln: So stellt Corona Polizeiarbeit auf den Kopf

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    Für die Polizei hat sich durch Corona die Arbeit zum Teil verändert. Auf Streifenfahrten etwa achten die Beamten auch darauf, ob sich die Bürger an die Corona-Regeln halten.
    Für die Polizei hat sich durch Corona die Arbeit zum Teil verändert. Auf Streifenfahrten etwa achten die Beamten auch darauf, ob sich die Bürger an die Corona-Regeln halten. Foto: Peter Fastl (Archivbild)

    Steht ein Iglu im Winter im Wittelsbacher Park. Schön. Und jetzt? In normalen Zeiten hätte das die Polizeistreife nicht interessiert. Doch nichts ist normal, es herrscht Pandemie. Menschen dürfen sich derzeit so gut wie gar nicht treffen - auch nicht in einem Iglu, wie an einem Abend Mitte Januar geschehen. Als die "Iglu-Bewohner" vor der Polizei in alle Richtungen davon rennen, nimmt diese die Verfolgung auf. Corona hat vieles verändert. Auch die Arbeit der Augsburger Einsatzkräfte. Für die rund 140 Beamten der Polizeiinspektion-Mitte, deren Revier die Innenstadt ist, waren die vergangenen Monate ungewohnt. Nur in der Maximilianstraße gab es trotz Corona zwischenzeitlich weiterhin viel zu tun.

    Großveranstaltungen in Augsburgs Innenstadt fielen wegen Corona aus

    Wenn Andreas Schaumaier an den Anfang des vergangenen Jahres zurückblickt, stellt er fest: "Für viele von uns war es gefühlt noch weit weg, dass sich durch die Pandemie die Aufgabenbereiche so verändern werden". Der Chef des Augsburger Innenstadtreviers zählt auf: "Es gab keinen Plärrer mehr, keine Eishockey-Spiele des AEV, keine Sommernächte, kein EM-Public-Viewing und keinen Christkindlesmarkt".

    In einem selbstgebauten Iglu im Wittelsbacher Park hielten sich junge Leute auf und sich damit nicht an die Corona-Regeln.
    In einem selbstgebauten Iglu im Wittelsbacher Park hielten sich junge Leute auf und sich damit nicht an die Corona-Regeln. Foto: Herbert Ischkum

    Nicht nur im Zentrum der Stadt, in ganz Augsburg brachen Veranstaltungen weg, auf denen die Polizei sonst präsent ist und für Sicherheit sorgt. Die Einsätze bei Fußballspielen blieben aus, auch das Schließen der Discotheken und Bars zeigte Auswirkungen. "Die Kollegen wurden weniger zu alkoholbedingten Streitigkeiten oder Auseinandersetzungen gerufen", berichtet Polizeisprecher Talib Khachab.

    Die Zahl der Verkehrsunfälle ging allein während des Frühjahrs-Lockdowns zurück - im Vergleich zum entsprechenden Zeitraum im Vorjahr um 60 Prozent. Laut dem Augsburger Kripo-Chef Dirk Schmidt ist auch der Rückgang der Einbrüche im Frühjahr ein markantes Beispiel für die veränderten polizeilichen Herausforderungen. Auch die Zahl sonstiger Straftaten erschien ihm im ersten Lockdown weniger. Zuletzt allerdings, so Schmidts Eindruck, hätten Einbrüche und Co. wieder zugenommen. An Zahlen lässt sich das bislang nicht belegen. Der Sicherheitsbericht des Polizeipräsidiums Schwaben-Nord, der jedes Jahr genaue Zahlen und Statistiken auflistet, soll voraussichtlich Anfang März erscheinen.

    Die Arbeit der Augsburger Polizei hat sich verlagert

    Dabei ist es keineswegs so, dass die Beamten weniger Arbeit gehabt hätten. Sie habe sich nur verlagert, heißt es vonseiten der Polizei. Im Frühjahr etwa mussten die Einsatzkräfte plötzlich den Schwerpunkt auf Kontrollen der Ausgangsbeschränkungen legen. "Das war für alle Neuland, für die Bürger wie für uns", sagt Schaumaier von der PI-Mitte rückblickend. Er betont, dass ein gewisses Fingerspitzengefühl bei derlei Einsätzen durchaus wichtig war. Ab Mai kam für die Innenstadt-Beamten eine neue Aufgabe hinzu: Gegner der Corona-Politik veranstalteten ab da regelmäßig Demonstrationen.

    "Die Kundgebungen verliefen insgesamt friedlich", sagt der Chef des Innenstadt-Reviers. Er räumt aber ein, "dass es mitunter schwierig war, in jedem Fall die Maskenpflicht durchzusetzen. Das hat schon einen gewissen Einsatz an Polizeikräften gefordert." Dass die Zahl der Demos zuletzt zurückging, so vermutet Schaumaier, liege mit am winterlichen Wetter. Auch wenn Clubs geschlossen hatten und Bars nur zeitlich begrenzt im Straßenverkauf ausschenken durften, blieb die Maximilianstraße in den Sommermonaten weiterhin Einsatzschwerpunkt.

    Manche Nachtschwärmer solidarisierten sich gegen die Polizei

    Die Nacht- und Partyszene hatte sich unter freien Himmel verlagert. Hunderte meist junge Augsburger hielten sich vor allem rund um den Herkulesbrunnen auf, in dem sich der Müll häufte. Vielen war der vorgeschriebene Mindestabstand egal. Die Atmosphäre war teils angespannt. Ordnungsdienst und Polizei zogen mit ihren Kontrollen auch Unmut auf sich. Schaumaier spricht von "anfänglichen Konfliktsituationen und Solidarisierungseffekten unter den Nachtschwärmern gegenüber den Beamten". Für besonders viel Aufsehen sorgte der Einsatz am Café Corso, der eskalierte und zu einem rauen Handgemenge zwischen Wirtin, deren Mutter und Polizisten führte.

    Bei dem Polizeieinsatz, der im Mai 2020 vor einer Bar eskalierte, wurden sowohl die Wirtin und ihre Mutter, als auch Polizisten verletzt.
    Bei dem Polizeieinsatz, der im Mai 2020 vor einer Bar eskalierte, wurden sowohl die Wirtin und ihre Mutter, als auch Polizisten verletzt. Foto: Axel Mengewein (Archivbild)

    Laut Schaumaier wurde mit dem neuen städtischen Konzept für die Weggehmeilen Maxstraße und Ludwigstraße dann viel Druck herausgenommen. "Die Sperrung der Straßen am Abend und die Erweiterungen der Bewirtungsflächen verbesserten die Situation vor Ort." Wie Polizeisprecher Khachab berichtet, habe sich die Zusammenarbeit zwischen Stadt und Polizei mit Corona nochmal intensiviert. Man stimme sich bei Kontrollen ab. Schließlich handele es sich bei den meisten Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz um Ordnungswidrigkeiten, die die Stadt Augsburg als zuständige Behörde weiter verfolge.

    Auf die Frage, ob seine rund 140 Beamten des Innenstadtreviers die Corona-Kontrollen nicht langsam satt haben, antwortet Schaumaier: "Natürlich ist jeder Polizist als Bürger auch von den Einschränkungen betroffen und hofft, dass sich die Situation möglichst schnell entspannt. Gerade deshalb nehmen die Kollegen ihre Aufgaben professionell wahr." Und sei es "Iglu-Bewohner" im Wittelsbacher Park zu verfolgen. Einen 22-Jährigen übrigens konnten die Beamten einholen. Den jungen Mann erwartet eine Ordnungswidrigkeitenanzeige nach dem Infektionsschutzgesetz.

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