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Augsburg: Karstadt vor dem Aus: So könnte es mit dem Gebäude weitergehen

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Karstadt vor dem Aus: So könnte es mit dem Gebäude weitergehen

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    Die Augsburger Galeria-Karstadt-Filiale soll Ende August 2024 schließen.
    Die Augsburger Galeria-Karstadt-Filiale soll Ende August 2024 schließen. Foto: Silvio Wyszengrad

    Der Schock über das Aus von Karstadt sitzt auch Tage nach Bekanntwerden tief. Während Beschäftigte am Montag versuchen, den Betrieb so normal wie möglich weiterlaufen zu lassen und sich mit größeren Protesten vorerst zurückhalten, versuchen Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber, Wirtschaftsreferent Wolfgang Hübschle sowie Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) im Hintergrund, doch noch einen letzten möglichen Strohhalm zu ergreifen: „Ich setze mich dafür ein, dass Karstadt in Augsburg bleibt“, so Weber am Montagabend. Auch der Immobilienbesitzer, der

    Die Augsburger Filiale von Galeria Karstadt-Kaufhof (GKK) ist eines der 16 Häuser, die der neue Eigentümer in Absprache mit dem Insolvenzverwalter nicht mehr weiter führen will. Eine rasche Profitabilität bei den aktuellen Gegebenheiten zu erzielen, sieht man vor Ort offenbar nicht. Dabei spielt die Miete eine zentrale Rolle. Als Ziel habe man sich einen marktüblichen Mietkorridor von sieben bis elf Prozent des Umsatzes definiert, um die jeweilige Filiale wirtschaftlich rentabel betreiben zu können, erklärte Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus. Dort, wo man sich mit Vermietern nicht habe einigen können, würden die betreffenden Häuser nicht fortgeführt. Das trifft auch Augsburg, Stand jetzt muss die Niederlassung Ende August schließen.

    Miete für Augsburger Karstadt-Filiale liegt weit unter Marktpreis

    Für Daniel Utz, Prokurist des Vermieters Solidas, ist die Entscheidung ein Stück weit enttäuschend. "Wir haben bei der ersten Insolvenz bereits die Miete gesenkt und zusätzlich Flächen zurückgenommen, um eine noch größere Entlastung zu ermöglichen. Jetzt sind wir bei einem Drittel des marktüblichen Mietpreises angekommen und hätten auf diesen noch einmal mehr als 35 Prozent nachlassen sollen", ordnet er ein. Ein Konzept, wie GKK gleichzeitig seine Umsätze steigern will, sei dagegen nicht vorgelegt worden.

    Die Augsburger Galeria-Karstadt-Filiale soll Ende August 2024 schließen.
    Die Augsburger Galeria-Karstadt-Filiale soll Ende August 2024 schließen. Foto: Silvio Wyszengrad

    Laut A³ Immobilienmarktreport liegt die Durchschnittsmiete in 1a-Lagen im Einzelhandel in Augsburg bei 43,50 Euro pro Quadratmeter. Karstadt belegt rund 15.000 Quadratmeter. Den Mietpreis noch weiter zu senken, würde für Solidas ein wirtschaftliches Risiko darstellen, so Utz. "Auch wir haben nach dem Erwerb der Immobilie 2022 finanzielle Verpflichtungen." Derzeit prüfe man noch einmal alle weiteren zur Verfügung stehenden Stellschrauben, um eventuell doch noch eine Einigung zu erzielen. "Wir würden das Warenhaus gerne halten und könnten dabei helfen, neben Apollo und Aldi noch weitere Untermieter zu finden, die den Mietpreis somit indirekt senken", so Utz. Mehr sei nicht mehr möglich.

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    Im innerstädtischen Handel war 2023 jede Menge Bewegung. Geschäfte haben Augsburg verlassen oder haben sich neu angesiedelt. Ein Überblick ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

    Für den Fall der Fälle habe sich Solidas bereits Gedanken über eine mögliche Umnutzung gemacht. "Wir wollen auf jeden Fall weiter Einzelhandel am Standort haben. Dafür sehen wir in dieser Lage auch sehr gute Chancen", so Utz. Allerdings werde dieser womöglich nicht mehr alle Stockwerke belegen. Im vierten Obergeschoss des Karstadt-Gebäudes könnte sich Daniel Utz daher weiter einen Restaurantbetrieb vorstellen. Wegen der guten Lichtverhältnisse und der Möglichkeit eines separaten Zugangs wäre auch eine Arztpraxis oder ähnliches denkbar. Schwieriger dürfte die Nachbesetzung der Etagen zwei und drei werden. So ordnet es Frank Danzinger, Wirtschaftsprofessor und Einzelhandelsexperte der Technischen Hochschule Augsburg ein.

    Eine Mischnutzung kann Augsburger Karstadt-Filiale neu beleben

    "In die oberen Etagen eines Geschäfts kommen immer weniger Menschen. Sie erwarten stattdessen einen schnellen Zugang zur Ware, wie sie es im Online-Shop gewohnt sind." Hier müsse umgedacht werden, die Zukunft liege in einer Mischnutzung. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Studie der BBE Handelsberatung und der IHP Gruppe. Die in Bonn 2020 geschlossene Karstadt-Filiale wurde demnach erfolgreich mit Peek & Cloppenburg nachbesetzt, Aldi und der Drogeriemarkt dm blieben im Untergeschoss, der fünfte Stock wurde in eine Kultur-, Konzert- und Veranstaltungslocation umgewandelt. In Osnabrück ist die Universität einer der Mieter und hat einen Raum für Studierende und Start-ups eingerichtet. In Herne zog ein Fitnessstudio sowie ein Callcenter ein. Andernorts wurden ganze Erlebnisräume geschaffen. Eine Garantie auf Erfolg sei dies aber nicht immer, so Frank Danzinger. Das Projekt Lovecraft in München ist unter anderem mit einem Nutzungsmix aus Kunst, Kultur und Sport gescheitert. 

    "Solche Versuche bleiben ein Wagnis", so Danzinger weiter. Ein Grund liege in der fehlenden Erfahrung. "Bislang waren wir es gewohnt, dass ein Mieter auszieht und ein andere ein oder dass man vorhandene Interessenten auf einer Fläche zusammenführt." Dies sei heute anders, das Konsumverhalten habe sich verändert und damit die Spielregeln. Man müsse ganz neue Nutzungskonzepte entwickeln. Solidas, so Utz, sei hierfür bereit und für alle Ideen offen. Viel hänge allerdings davon ab, wie die prominenten Flächen im Haus nachbesetzt werden können und was dann zu diesen Mietern als sinnvolle Ergänzung passe. Inwiefern Aldi am Standort festhalten wird, ist bislang nicht bekannt. Auf Nachfrage heißt es: "Grundsätzlich ist die Augsburger Innenstadt für Aldi Süd ein attraktiver Standort." Aus wettbewerbsrechtlichen Gründen werde man sich zu mehr aktuell nicht äußern.

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