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Augsburg: Kampf ums Original: So geht es weiter im Ringen der Brauereien um Spezi

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Kampf ums Original: So geht es weiter im Ringen der Brauereien um Spezi

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    "Eine unserer wichtigsten Säulen": Sebastian Priller junior in der Spezi-Abfüllanlage der Augsburger Brauerei Riegele.
    "Eine unserer wichtigsten Säulen": Sebastian Priller junior in der Spezi-Abfüllanlage der Augsburger Brauerei Riegele. Foto: Silvio Wyszengrad (Archivbild)

    Der Spezi-Durst der Deutschen ist groß. Viele Abfüller des Cola-Mix-Getränks haben in den vergangenen Jahren ihren Absatz gesteigert – allen voran die Münchner Großbrauerei Paulaner. Zuletzt haben die Münchner über 900.000 Hektoliter der braunen Limo verkauft. Damit liegt Paulaner inzwischen weit vor den Spezi-Erfindern, der Augsburger Brauerei Riegele. Das Getränk ist Kult; viele Hersteller vermarkten ihren Cola-Mix als Retro-Produkt – als bodenständig, regional, echt. Doch es ist vor allem ein Millionenmarkt, um den hart gekämpft wird. Es ist ein Kampf um Marktanteile, Arbeitsplätze – und um die Frage, ob Mittelständler gegen die Großen eine Chance haben.

    Schon seit einiger Zeit liegt Riegele im Clinch mit Paulaner – wegen der Nutzung des Markennamens Spezi. Nun hat sich Riegele mit der Krombacher-Brauerei einen starken Verbündeten ins Boot geholt. In den nächsten Wochen soll ein "Krombacher Spezi" den Markt aufrollen. In der Münchner Paulaner-Zentrale dürfte man mit großer Aufmerksamkeit verfolgen, was da gerade passiert.

    Die Zahlen zeigen die Bedeutung der Cola-Mix-Getränke für Brauereien. Paulaner verkaufte im Jahr 2021 dem Geschäftsbericht zufolge 944.000 Hektoliter Spezi - das sind umgerechnet 94 Millionen Liter. Zum Vergleich: Im selben Zeitraum wurden von der Münchner Brauerei rund 220 Millionen Liter Bier verkauft - also "nur" gut doppelt so viel. Auch für Riegele ist Spezi "eine der wichtigsten Säulen", wie Juniorchef Sebastian Priller bestätigt. 

    Die Augsburger füllen den Cola-Mix selbst ab, sechs weitere bayerische Brauereien produzieren Spezi mit einer von den Augsburgern vergebenen Lizenz. Mit deutlich über 400.000 Hektolitern gab das Fachmagazin Inside Getränke den Absatz dieses Spezi-Verbunds zuletzt an. Das Problem für die Augsburger: Paulaner wuchs zuletzt deutlich schneller als das Original, mit Raten im zweistelligen Prozentbereich.

    Den Markennamen "Spezi" hat sich die Augsburger Brauerei 1956 geschützt

    Riegele-Chef Priller ärgert sich darüber. Weil Paulaner aus seiner Sicht mit dem Namen Spezi eine Marke nutzt, die man von Augsburg aus konsequent aufgebaut habe. Als in der Nachkriegszeit immer mehr Gastwirte begannen, Cola und Orangenlimo gemischt zu verkaufen, kam Prillers Großvater auf die Idee, die Mischung in der Brauerei zu produzieren und fertig zu verkaufen. Er nannte den Mix "Spezi" - zuvor trug schon ein Riegele-Bier diesen Namen. 

    Die Brauerei hatte den Begriff 1956 geschützt. Wer Spezi verkaufen will, muss sich mit Riegele über eine Lizenz einig werden. Bei Paulaner liegt die Sache etwas anders. Die Münchner schlossen in den 1970er-Jahren mit Riegele eine Vereinbarung - und zahlten dafür einmalig 10.000 Mark. Lange Zeit fristete die Limo bei Paulaner aber ein Nischendasein, erst vor rund einem Jahrzehnt wurde die Marke dort wiederbelebt - und läutete einen Spezi-Boom ein.

    Das Ringen um den Spezi-Markt ist hart. Das neue Krombacher Spezi ähnelte in einem ersten Entwurf stark dem Auftritt von Paulaner Spezi. Nun wurde es noch mal überarbeitet.
    Das Ringen um den Spezi-Markt ist hart. Das neue Krombacher Spezi ähnelte in einem ersten Entwurf stark dem Auftritt von Paulaner Spezi. Nun wurde es noch mal überarbeitet. Foto: Peter Kneffel, dpa / Krombacher

    Die 10.000 Mark waren für Paulaner aus heutiger Sicht ein Schnäppchen - angesichts von Umsätzen, die sich auf weit über hundert Millionen Euro summieren dürften. Riegele will von Paulaner deshalb eine Lizenzgebühr, die sich am Absatz bemisst, wie sie die anderen Abfüller auch zahlen. Doch Paulaner weigert sich und hat in einem Rechtsstreit in erster Instanz gewonnen. Riegele geht in die nächste Instanz - im Dezember soll es einen Termin vor dem Münchner Oberlandesgericht geben. Sebastian Priller sagt, es gebe mehrere Gutachten, die Riegele im Recht sehen. Deshalb sei er optimistisch, dass das nächste Urteil anders aussehen könnte. 

    Priller, der eine Firma mit rund 150 Mitarbeitern und zuletzt etwa 30 Millionen Euro Umsatz führt, legt sich mit einem großen Gegner an. Paulaner gehört mehrheitlich der Münchner Schörghuber-Gruppe, aber 30 Prozent der Anteile liegen bei Heineken, einem der größten Brauereikonzerne der Welt.

    Auf dem umkämpften Spezi-Markt mischt bald auch Krombacher mit

    Paulaner hat - anders als Riegele - ein großes, bundesweites Vertriebsnetz. Der Augsburger Mittelständler kann da nicht mithalten. Deshalb ist der Deal mit Krombacher ein kluger Schachzug. Krombacher, das sich noch immer komplett in Privatbesitz befindet, zählt zu den größten deutschen Brauereien und kann es mit Paulaner aufnehmen - gerade im norddeutschen Markt. Die Brauerei aus Nordrhein-Westfalen setzt angesichts eines schrumpfenden Biermarkts zunehmend auf Alkoholfreies; ihre Fassbrause ist ein Erfolg. Auf dem Cola-Mix-Markt mischte Krombacher schon mit - es gibt eine Fassbrause "Cola & Orange". 

    Nun setzt Krombacher auch auf die Marke Spezi. Im November gab die Brauerei (Bierausstoß zuletzt über fünf Millionen Hektoliter) die Kooperation mit Riegele bekannt. In den nächsten Wochen soll das "Krombacher Spezi" auf den Markt kommen - das bestätigt eine Krombacher-Sprecherin auf Anfrage.

    In Spanien lässt die Brauerei Riegele die Spezi-Mischung herstellen. Was
drin ist, verrät Brauereichef Sebastian Priller: Saft aus Limette,
Zitrone, Orange, Mandarine und Grapefruit. Außerdem: die Gewürze Muskatnuss,
Vanille, Zimt. Und - ganz wichtig: Kolanuss. Das ist der Samen des
Kolabaumes, der in Afrika wächst. Wie viel von alledem, wird aber nicht verraten. Ist die Mischung fertig, wird ihr Wasser entzogen. Der Sirup wird in mannshohe Stahlfässer gefüllt und...
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    In Augsburg wurde der Markenname "Spezi" erfunden. Seit mehreren Jahrzehnten produziert die Brauerei Riegele unter diesem Namen die Cola-Mix-Limonade. Ein Blick hinter die Kulissen.

    Dass das Krombacher Spezi auch eine Attacke auf Paulaner ist, liegt auf der Hand - auch wenn das so deutlich niemand ausspricht. Die Rivalität zeigte sich schon in einem ersten Entwurf für die Spezi-Flasche von Krombacher. Farblich war sie fast identisch mit Paulaner Spezi. In Branchenkreise ist zu hören, Paulaner wäre rechtlich wohl gegen das Design vorgegangen, wäre es dabei geblieben. Inzwischen hat man wohl aber auch bei Krombacher selbst ob der großen Ähnlichkeit Bedenken bekommen. Das Design wurde noch mal überarbeitet. 

    In München gibt man sich, zumindest nach außen, gelassen. Auf Fragen zum Design von Krombacher Spezi, heißt es von der Paulaner-Presseabteilung: "Wir bitten um Verständnis, dass wir keine Aussagen über Dritte treffen können. Nach welchen Gesichtspunkten Krombacher seine Etiketten gestaltet, entzieht sich unserer Kenntnis."

    In einer ersten Version des Textes hatte es geheißen, Paulaner sei zu 30 Prozent im Besitz von Heineken, das wiederum zum weltgrößten Brauereikonzern InBev gehöre. Tatsächlich gehört Heineken nicht zu AB InBev - die niederländische Heinkengruppe gilt nach InBev aber als zweitgrößter Brauereikonzern der Welt.

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