Der Neubau der städtischen Kindertagesstätte Fabrikstraße in Göggingen ist rechtzeitig zum Start des Betreuungsjahrs am 1. September fertig geworden. Er ist nicht nur modern, sondern bietet auch 50 Plätze mehr als sein Vorgänger. Dass diese auch nach der Eingewöhnungsphase nicht alle besetzt werden, ist einem Problem geschuldet, das derzeit laut Bildungs-Bürgermeisterin Martina Wild (Grüne) alle Kita-Träger umtreibt: der Mangel an Betreuungspersonal. In vielen Familien gibt es deshalb auch in diesem Sommer lange Gesichter, weil ihr Nachwuchs bei der Suche nach einem Platz leer ausgegangen ist.
Viele Stellen in Augsburger Kitas sind unbesetzt
Rund 1500 Kinder vom Krippen- bis zum Grundschulalter stehen derzeit in Augsburg auf der Warteliste für einen Platz. Das seien immerhin 300 weniger als Ende Juni, da es gelungen sei, Personal zu finden, sagt Eva-Maria Hermanns, Leiterin des Amts für Kindertagesbetreuung. Tatsächlich hat sich die Lage gegenüber früheren Jahren umgekehrt. Fehlte es bis vor kurzem an Plätzen, sind diese mittlerweile vorhanden. Dafür sind viele Stellen unbesetzt. Die Folge laut Hermanns: "Wir hätten in der Stadt theoretisch 16.000 Plätze in den verschiedenen Betreuungsformen von der Krippe bis zum Hort anzubieten. Damit wären eigentlich alle angemeldeten Kinder versorgt."
Tatsächlich ist nach den aktuellen Zahlen der Stadt bei den unter Dreijährigen (Krippenalter) etwa jedes zehnte Kind unversorgt, bei den Drei- bis Sechsjährigen haben sieben Prozent eine Absage erhalten. Die Kitas versuchten hier, vor allem die Mädchen und Jungen im Vorschulalter noch unterzubringen, so Hermanns. Die meisten Absagen habe es im Kindergarten für die Dreijährigen gegeben.
Durch das erstmals in diesem Jahr stadtweit praktizierte Anmeldeverfahren über das Kita-Portal weiß die Stadt nicht nur, in welchen Einrichtungen es besonders viele Absagen gab, sondern auch, in welchen Stadtbezirken die meisten Kinder unversorgt sind. Im Krippenalter klafft die größte Versorgungslücke in Teilen der Innenstadt, im Bärenkeller und in Haunstetten, bei den Älteren sind in Oberhausen, Lechhausen und in der Jakobervorstadt-Nord überproportional viele Kinder auf der Strecke geblieben.
Auch Kinder von Alleinerziehenden haben keinen Kita-Platz
Auffällig: Während der Anteil der unversorgten Kinder von Alleinerziehenden im Krippenalter geringer als im Durchschnitt ist, liegt er im Kindergartenalter über dem stadtweiten Level. Dies liegt nach den Beobachtungen von Wild und Hermanns auch daran, dass sich "einige freie Träger ihre Kinder aussuchen", während bei der Stadt der Alleinerziehenden-Status ein wesentliches Vergabekriterium sei. Gerade dieser Personenkreis sei darauf angewiesen zu arbeiten. Die Bürgermeisterin appelliert daher an die freien Träger, ebenso zu verfahren: "Wir tragen gemeinsam Verantwortung."
Im Bereich der Schulkinderbetreuung sieht die Lage momentan vergleichsweise entspannt aus. Demnach haben knapp 400 Mädchen und Jungen und damit weniger als fünf Prozent keinen Hortplatz erhalten. Diese Zahl spiegelt laut Bildungsreferat aber noch nicht die aktuelle Versorgungslage wider, da von den schulischen Angeboten wie Ganztagsbetreuung noch keine aktuellen Daten vorlägen. Mit dem ab 2026 schrittweise in Kraft tretenden Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung kommen auf die Stadt neue Herausforderungen zu. Bislang werden gut 60 Prozent der Augsburger Grundschulkinder über den Unterricht hinaus versorgt. In den nächsten Jahren werde der Bedarf auf 90 Prozent steigen, so die Prognose.
Ob für die Kleinsten oder die Ältesten: Das Personal bleibt der limitierende Faktor. Zwar ist allein bei der Stadt die Zahl der Kita-Beschäftigten seit 2015 um rund 400 auf mehr als 1000 gestiegen. Die Suche bleibt aber Dauerthema: Neben Werbemaßnahmen, neuen Ausbildungsmodellen (etwa Optiprax für Abiturienten) will die Stadt in den nächsten Jahren auch gezielt im europäischen Ausland Fachkräfte finden. Neben Spanien steht aktuell insbesondere Slowenien im Fokus. In dem Land, das an Österreich grenzt, sprächen viele Menschen Deutsch, außerdem sei die Ausbildung vergleichbar, weiß Hermanns. Bürgermeisterin Wild sieht in einer bezahlten Ausbildung die Chance, mehr Fachkräfte zu gewinnen. "Wir wollen das Thema auch bei den Freien Trägern anstoßen." Denn letztlich stehe man nicht in Konkurrenz, sondern sitze im selben Boot.
Kosten von Neubauten verdoppeln sich teilweise
Das gilt auch bei einem weiteren Thema, das angesichts von Preissteigerungen und Lieferengpässen derzeit für böse Überraschungen sorgt. So werde der Neubau der Kita Lützowstraße in Lechhausen (Baubeginn soll im Frühjahr 2023 sein) etwa doppelt so teuer wie vorgesehen, heißt es. Immerhin gibt es auch gute Nachrichten von den Baustellen: Zum 1. September nimmt die Stadt neben der Kita Fabrikstraße auch neue Einrichtungen in der Grenzstraße (Ackermannpark Kriegshaber) sowie beim Kloster St. Stephan (Innenstadt) in Betrieb.