Sie haben an diesem Abend offenbar noch etwas vor. Etwa ein Dutzend Jugendliche und junge Erwachsene treffen sich am Samstag auf dem Drei-Auen-Platz, auf einem der Tische steht Alkohol, den sie mitgebracht haben. Ein paar Dosen Jack-Daniels, aber auch eine riesige Flasche Wodka, die wie ein Ausrufezeichen wirkt. Es ist kurz nach 20 Uhr, der Abend ist noch jung. Nachher wolle man weiterziehen, erzählt einer aus der Gruppe. Die jungen Menschen unterhalten sich, fahren mit Rollern oder E-Scootern umher, es riecht nach Marihuana. Die Stimmung ist friedlich, aber das ist hier nicht immer so.
Immer wieder rückte die Polizei in den vergangenen Monaten zu dem öffentlichen Platz im Norden Oberhausens an. Mal weil Anwohner den Lärm nicht aushielten, mal weil hier Corona-Regeln nicht eingehalten worden sein sollen. So wird es auch an diesem Abend sein: Die Polizei wird später berichten, dass sich Anwohner gegen 22 Uhr aufgrund von Lärmbelästigung beschwerten und man 15 Platzverweise erteilt habe.
Drei-Auen-Platz in Augsburg: Beschwerden und Drogendelikte
Wenn man sich mit Polizisten aus Augsburg unterhält, die hier öfter im Einsatz sind, hört man durchaus kritische und nachdenkliche Worte. Die Jugendlichen, die sich hier treffen, verhielten sich aus Polizeisicht vielfach sehr problematisch, heißt es etwa: Sie seien im Gespräch nur schwer zu erreichen, sie blockten ab, betrachteten die Beamten vor allem als Feind. Sie hätten nicht nur die Posen deutscher Gangster-Rap-Stars verinnerlicht, sondern auch das negative Bild der Polizei, das in deren Texten oft rübergebracht wird. Es gibt Polizisten, die vieles hier als „jugendtypisches Verhalten“ bezeichnen, aber durchaus auch Beamte, die die Szene auf dem Drei-Auen-Platz schwieriger finden als überall sonst in der Stadt.
Polizeisprecher Michael Jakob sagt, dass sich der Drei-Auen-Platz insbesondere in den Abendstunden und zur Nachtzeit zu einem beliebten Treffpunkt junger Menschen entwickelt habe, die in der Regel zwischen 16 und 21 Jahren alt seien. In Zeiten der Corona-Regeln seien durch Anwohner vermehrt Ansammlungen gemeldet worden, seitens der Polizei sei mit entsprechenden Kontrollen und erhöhter Präsenz reagiert worden. Die coronabedingten Schließungen anderer Treffmöglichkeiten hätten die Entwicklung intensiviert.
Am Platz sowie in seinem Umfeld habe man eine Steigerung im Bereich der Rauschgiftdelikte mit Cannabis festgestellt, die sich allerdings immer noch in einem sehr niedrigen Bereich befinde und vor allem auf den erhöhten Kontrolldruck zurückzuführen sei. Wegen Rohheits- oder Diebstahlsdelikten seien bislang noch keine Ermittlungen geführt worden, sagt Jakob. Unter dem Begriff Rohheitsdelikte fasst die Polizei Raubüberfälle, Körperverletzungen, Bedrohungen und Nötigungen zusammen.
Wer sich mit den Jugendlichen vor Ort unterhält, bekommt in der Tat schnell den Eindruck, dass sie von der Polizei nicht allzu viel halten. „Jeden Tag“ seien die Beamten da, erzählt einer von ihnen. Freunde sei man nicht gerade. Die jungen Menschen, Männer wie Frauen, sind neugierig, dass die Presse da ist. Sie flachsen herum. Er sei auch Journalist und von der Bild, sagt einer lachend.
Drei-Auen-Platz in Augsburg: Anwohner beschweren sich
Früher, als dieses Wort noch modern war, hätten manche Menschen die Gruppe hier vielleicht als „Halbstarke“ bezeichnet. Ein junger Mann, vielleicht 18 Jahre alt, vielleicht jünger, zückt ein Smartphone und zeigt ein Foto von sich, auf dem er ein geschwollenes Auge und Schürfwunden am Kopf hat. Die Polizei sei das gewesen, sagt er, vor ein paar Wochen. „Ich war besoffen und frech“, sagt er. Doch der Einsatz der Polizei hier sei überhart und unfair gewesen.
Dass sich am Drei-Auen-Platz vieles zum Negativen entwickelt hat, finden allerdings auch Menschen, die nicht bei der Polizei arbeiten.
Der frühere Stadtrat Dieter Benkard etwa, 76, sagt, es habe sich auf dem Platz „gewaltig verschlechtert“. Benkard saß 30 Jahre für die SPD im Stadtrat. Er hat sich immer auch als Stimme Oberhausens verstanden und sich für den Stadtteil eingesetzt, wo er nur konnte. Benkard wohnt nicht weit vom Platz entfernt in einer Wohnung der städtischen Wohnbaugruppe, ohnehin dominieren um den Drei-Auen-Platz herum die Wohnblöcke der WBG das Straßenbild.
Benkard sagt, früher habe er sich noch oft mit den jungen Leuten unterhalten, wenn er von Sitzungen nach Hause gekommen sei. Das würde er nun nicht mehr machen; die Jugendlichen seien zumeist unter sich und wirkten aggressiv. Ihn störten auch der viele Müll und der Dreck auf dem Platz, sagt Benkard.
Auch Paul Waninger kennt sich in Oberhausen gut aus. Er ist hier seit Jahren als Streetworker für den Stadtjugendring tätig; er kennt viele der Jugendlichen. Und sieht ebenfalls massive Probleme. Die Szene hier sei nicht gewaltbereit, seit Corona sei die Stimmung der Polizei gegenüber unter den Jugendlichen aber aggressiver geworden, sagt er. Es habe sich etwas angestaut.
Der Platz, sagt er, sei wie ein Dorfkern gestaltet, ein Treffpunkt, aber nie wirklich fertiggestellt worden, „es ist eine Betonwüste“. Man habe als Stadtjugendring viele Projekte gestartet, um die Lage dort zu verbessern, zur Drogen-Prävention, zur Müll-Thematik. Es gebe aber Eltern, die zusehen würden, „wie ihr 14-jähriger Sohn am Drei-Auen-Platz im öffentlichen Raum kifft oder mit dem Krankenwagen abgeholt wird“, ohne zu reagieren. Da stoße man mit Sozialarbeit auch an Grenzen.
Lesen Sie auch den Kommentar zum Thema: Debatte um öffentliche Plätze: Warum die Corona-Krise ein Faktor ist
Lesen Sie auch:
Rathausplatz, Kö & Co. in der Kritik: Gibt es einen Brennpunkt in Augsburg?
Party-Schläger bekommen in Augsburg Innenstadt-Verbot
Zahlen der Polizei: Wie gefährlich ist es auf Augsburger Plätzen?