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Augsburg: "Humor heilt alle Wunden": Ein Tag auf "Clownsvisite" im Josefinum

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"Humor heilt alle Wunden": Ein Tag auf "Clownsvisite" im Josefinum

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    Im Augsburger Krankenhaus Josefinum sind Lupine (Silke Kettner) und Dr. Belladonna (Angelika Pfiffner) auf Clownsvisite unterwegs. Anja Weißenböck und Tochter Nathalie gefällt's.
    Im Augsburger Krankenhaus Josefinum sind Lupine (Silke Kettner) und Dr. Belladonna (Angelika Pfiffner) auf Clownsvisite unterwegs. Anja Weißenböck und Tochter Nathalie gefällt's. Foto: Peter Fastl

    Erst klopft es kurz an der Tür, dann schiebt sich ein Kopf mit roter Nase und zwei schiefen Zöpfen durch den Türspalt. "Dürfen wir reinkommen?", fragt Clown Lupine mit leiser Stimme. Die 12-jährige Nathalie im Krankenbett nickt schüchtern, und so watscheln Lupine und ihre Clownskollegin Dr. Belladonna in das Patientenzimmer auf der Station B1 für Kinder und Jugendliche in der Ausgburger KJF Klinik Josefinum. Hier ist das Duo auf Clownsvisite unterwegs. Auf wen die beiden heute treffen oder was passieren wird, wissen selbst sie noch nicht.

    Im "echten" Leben ist Dr. Belladonna Angelika Pfiffner, Lupine heißt Silke Kettner. Jeden Montag allerdings, kurz nach 13 Uhr, durchlaufen sie in den Umkleiden des Josefinums eine Clowns-Metamorphose. Pfiffner schlüpft in ein blaues Glitzerkleid und ein Paar zu großer Leopardenschuhe. Kettner stülpt sich ein blaues Oberteil über und zieht eine gelbe Hose an, dazu jeweils ein grüner und pinker Schuh. Beide setzen eine rote Nase auf, werfen sich Arztkittel über und schminken ihr Gesicht. Dann, nach der abgeschlossenen Verwandlung, holen sie sich den Patientenzettel ab, auf dem alle Kinder, ihre Krankheiten und Hinweise zum individuellen Umgang vermerkt sind. Dieser ist wichtig, um sensibel mit den verschiedenen Gründen, aus denen die Kinder im Krankenhaus sind, umgehen zu können. Die beiden Clowns besuchen jeden einzelnen jungen Patienten der beiden Kinder- und Jugendstationen.

    In den Umkleiden des Josefinums schminkt sich Silke Kettner zum Clown Lupine. Zusammen mit ihrer Kollegin Angelika Pfiffner geht sie anschließend auf Clownsvisite auf den Kinder- und Jugendstationen.
    In den Umkleiden des Josefinums schminkt sich Silke Kettner zum Clown Lupine. Zusammen mit ihrer Kollegin Angelika Pfiffner geht sie anschließend auf Clownsvisite auf den Kinder- und Jugendstationen. Foto: Peter Fastl

    Bald ist auch Nathalies Zimmer dran. Lupine und Dr. Belladonna stehen vor ihrem Bett und tuscheln. "Ich glaube, sie ist eine Geheimagentin, sie hat nämlich etwas unter der Bettdecke versteckt", vermutet Lupine und kneift die Augen zusammen. Ohne klaren roten Faden spinnt sich das Gespräch immer weiter, bald schon versuchen sich die beiden Clowns im Showtanz und probieren sogar eine Hebefigur. Während sie so von Thema zu Thema hüpfen, gestikulieren sie ausschweifend mit ihren Armen und wippen mit dem Körper vor und zurück. Fest im Blick haben sie dabei immer Nathalie, Mutter Anja Weißenböck und ihre Reaktionen: Was bringt die zwei zum Lachen? Die beiden Clowns müssen flüstern, da im Nachbarbett ein Kind im Arm seiner Mutter schläft. Ihrer Einlage tut das keinen Abbruch: Während Nathalie am Anfang noch etwas zurückhaltend im Bett liegt, sitzt sie bald aufrecht, um alles genau mitzubekommen. Auch ihr Gesicht hellt sich langsam auf, bis es strahlt.

    Interaktionen zwischen Kindern und Klinikclowns entstehen spontan

    Interaktionen wie diese entstehen spontan. "Man muss sich Zeit nehmen, um die Atmosphäre zu spüren — und dann passiert, was passiert", sagt Pfiffner. Kettner fügt hinzu: "Wir arbeiten gleich mit dem ersten Impuls." Auf dem Weg ins nächste Zimmer treffen sie auf einen kleinen Jungen im Kinderwagen, der gerade mit seinen Eltern im Krankenhaus angekommen ist. Schwups: Der Kleine bekommt von Lupine einen Luftballon herbeigezaubert. Ein zaghaftes Lächeln der Eltern verrät, dass auch ihnen die Spaßmacherinnen guttun. Das Clowns-Duo betont, dass es für alle im Krankenhaus da ist: für Kinder, Jugendliche, Eltern, Personal — und auch für sich selbst. "Klinikclown zu sein, ist eine wertvolle Arbeit. Auch ich profitiere davon", erklärt Kettner, "Es macht mir so viel Spaß, dass man direkt etwas von den Kindern zurückbekommt." Ihre Kollegin ergänzt: "Unser Ziel ist es, eine gewisse Leichtigkeit zu verbreiten. Ich denke: Humor heilt alle Wunden."

    Die Klinik-Clowns sind in Augsburg sowohl im Josefinum als auch in der Uniklinik im Einsatz.
    Die Klinik-Clowns sind in Augsburg sowohl im Josefinum als auch in der Uniklinik im Einsatz. Foto: Peter Fastl

    Oberarzt und Kinderrheumatologe Dr. Thomas Keller stimmt dem zu. Er findet die Arbeit der Klinikclowns, wie er sagt, "absolut unterstützenswert". Man merke, "dass sich die Clownsvisiten auf die Patientinnen und Patienten günstig auswirken. Der Grundgedanke ist ja, dass die Clowns die Laune der Kinder verbessern und so können psychosoziale Nebeneffekte bei der Genesung helfen." Darauf deuten auch wissenschaftliche Erkenntnisse hin.

    Augsburger Krankenhäuser Josefinum und Uniklinik bieten "Clownsvisiten"

    Weiter geht's im Zimmer der 15-jährigen Alina: "Machst du hier einen All-inclusive-Urlaub?", fragt Lupine. Durch das gekippte Fenster hört man Baustellengeräusche, Bohren und Hämmern. "Ah, du hast auch das Programm mit dem Lärm gebucht, wie schön", sagt Dr. Belladonna. Sowohl Alina als auch ihre Mutter fangen an zu lachen, laut und unbeschwert. Die Leichtigkeit, von der die Clowns erzählen, verbreitet sich im Raum. Das ist aber nicht immer der Fall: "Manchmal schicken uns die Kinder auch gleich wieder raus", erklärt Pfiffner. "Das ist eine Entscheidung, die sie absolut selbstständig treffen dürfen."

    Lupine und Dr. Belladonna sind zwei von 70 Clowns des Klinikclowns Bayern e.V., die in ganz Bayern Patienten und Pflegepersonal in 115 Einrichtungen aufmuntern. In Augsburg finden sowohl im Josefinum als auch im Universitätsklinikum Clownsvisiten statt. In diesem Jahr feiert der Verein der Klinikclowns sein 25-jähriges Bestehen. Die Clowns besuchen nicht nur Kinder und Jugendliche in Krankenhäusern, sondern auch Einrichtungen für Senioren und Menschen mit Behinderung, Stationen mit schwerkranken oder chronisch kranken Erwachsenen, Hospize und Palliativstationen. Sie arbeiten hauptamtlich und sind meist ausgebildete Schauspieler, Synchronsprecher, Tänzer oder Clowns.

    So unterschiedlich die Einsatzorte: Clownsvisiten leben immer vom persönlichen Kontakt. Feedback, ob ein Witz gut ankommt oder nicht, gibt es immer direkt. Vor allem die Kinder sind, in Lupines Worten, "sauehrlich". Nathalies Fazit nach der Clownsvisite ist eindeutig: "Am besten gefallen hat mir alles", sagt sie. Und grinst.

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