Ein normaler Nachmittag in der Annastraße, bei schönem Wetter sind einige Passanten in der Fußgängerzone in Augsburg unterwegs. Ein Mülleimer auf der Höhe des "Müller"-Drogeriemarkts quillt über, Trinkbecher aus Plastik und Pappe stapeln sich schon bis zum Rand. Übervolle Abfalleimer und Müll auf Straßen, Plätzen, Grünanlagen gehören zu den hässlichen Seiten des Corona-Sommers. Weil die Gastronomie wegen der Corona-Regeln noch mehr Getränke und auch Speisen zum Mitnehmen verkauft hat, hat die Müllmenge in der Stadt stark zugenommen. Beim Versuch, dem Abfall Herr zu werden, setzt die Stadt auch auf moderne Technik. Derzeit wird ein ganz besonderer Mülleimer getestet – der allerdings auch alles andere als billig ist.
Am Augsburger Königsplatz, in der Nähe des Manzú-Brunnens, steht der Mülleimer der Zukunft – zumindest, wenn man dem Schweizer Hersteller der High-Tech-Tonne glauben darf. Der Mülleimer wirkt auf den ersten Blick recht unspektakulär. Ein runder Behälter aus glänzendem Chromstahl mit einem schrägen Deckel, schlicht und zurückhaltend im Design. Doch im Inneren befindet sich mehr als nur Abfall. In dem Eimer gibt es eine Presse, die den Inhalt zusammendrückt, sobald der Behälter überzuquellen droht. Zuvor wird auch automatisch der Einwurfschacht geschlossen, damit sich niemand verletzt. Einen Stromanschluss braucht der Eimer nicht, denn im Deckel befinden sich Solarzellen, mit denen ein Akku aufgeladen wird.
Solar-Mülleimer: Standort am Königsplatz in Augsburg
In den "Solar-Presshai", so der offizielle Name, passt laut Hersteller drei bis sieben Mal mehr Müll als in eine Standard-Tonne der selben Größe - er kann damit zwischen 450 und gut 700 Liter Abfall schlucken. Allerdings hat es der Preis mit an die 10.000 Euro auch in sich. Ein einfacher normaler Mülleimer kostet einige hundert Euro. Augsburg soll deshalb auch nicht großflächig mit dem modernen Abfallfresser ausgestattet werden, sondern nur an wenigen Stellen, wo besonders viel weggeworfen wird. Derzeit testet der Abfallwirtschafts- und Stadtreinigungsbetrieb (AWS) eine solche Tonne am Königsplatz.
Angedacht ist, bis zu drei Exemplare anzuschaffen und aufzustellen – vielleicht noch eine zweite Tonne am Kö und eine an der Wertach in der Nähe der Kulperhütte." Es kann sich an den Stellen lohnen, an denen wir uns dadurch mehrere Leerungen sparen", sagt Christian Schulze, Abteilungsleiter für Logistik beim AWS.
Der Königsplatz in Augsburg ist ein Müll-Hotspot in der Stadt. Hier rücken Mitarbeiter der Stadt zwei bis drei Mal am Tag an, um Abfalleimer zu leeren und Müll, der unter anderem im Kö-Park liegt, aufzusammeln. Am Wochenende, wenn besonders viele Partygänger unterwegs sind, kommen die Mitarbeiter der Stadtreinigung sogar sechs bis sieben Mal täglich. Trotzdem sieht es manchmal schon kurz nach dem Einsatz der Müllmänner wieder so aus wie vorher. Das Ziel beim Abfallwirtschaftsbetrieb ist es, die Mitarbeiter gezielter einsetzen zu können. Auch das könnte mit dem neuen High-Tech-Mülleimer gehen. Er meldet nämlich auch seinen Füllstand, per Handy-App können die Mitarbeiter der Stadt die Daten abrufen.
Mehr Müll in Parks und auf den Straßen in Augsburg – wegen Corona
Laut AWS hat es in der Stadt seit Beginn der Corona-Pandemie eine "deutliche Mengensteigerung" beim Abfall gegeben. "Die Bürgerinnen und Bürger haben die Naherholungsgebiete genutzt und dort vermehrt Abfall hinterlassen", sagt Christopher Schuhknecht, der stellvertretende Werkleiter beim AWS. Er stellt auch fest: "In der Innenstadt führte das 'To-Go-Geschäft' vieler Bars und Gaststätten zu einer massiven Zunahme des Plastikabfalls in den Abfallkörben, auf Straßen und auf Gehwegen." Wegen des vielen Abfalls hat die Stadt auch große Plastiktonnen, die sie sonst bei Festen und Festivals nutzt, in der Innenstadt aufgestellt. Sie sollen vorerst bleiben, solang die Müllmenge so groß ist, auch wenn sie nicht besonders schmuck sind für das Stadtbild.
Augsburg ist nicht die erste Stadt, die auf den "Presshai" setzt. Eingesetzt wird er unter anderem auch in Stuttgart und Potsdam. In Potsdam gab es Widerstand, der Bund der Steuerzahler hielt in wegen des hohen Preises für Verschwendung und nahm die Anschaffung in sein Schwarzbuch auf. Allerdings ist die Stadtverwaltung mit der Tonne zufrieden – auch deshalb, weil Vandalen sich schwer tun, den massiven Eimer zu beschädigen. In Köln dagegen war man enttäuscht, dass der Akku für die Müllpresse sich an Tagen, an denen sich keine Sonne zeigte, nicht ausreichend auflud. Solche Probleme habe es in Augsburg beim Testlauf bislang nicht gegeben, sagt Christian Schulze vom AWS.
Rund 2000 Abfalleimer des AWS mit 27 und 45 Liter Fassungsvermögen gibt es in der Stadt, dazu kommen noch die Körbe in Parks und Naherholungsgebieten, die vom Amt für Grünordnung aufgestellt werden. In der Innenstadt sind einige Mülleimer inzwischen ziemlich in die Jahre gekommen. Etwa am Rathausplatz. Die Entscheidung, ob neue Tonnen angeschafft werden, werde im Baureferat der Stadt getroffen, heißt es beim AWS. In der Regel würden die Eimer dann erneuert, wenn ein Straßenzug neu gestaltet werde - so war es auch bei der Neugestaltung der Fußgängerzone vor einigen Jahren der Fall.
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