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Augsburg: Hier werden in Augsburg Menschen ohne Krankenversicherung behandelt

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Hier werden in Augsburg Menschen ohne Krankenversicherung behandelt

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    Der Arzt Dr. Peter Lindner behandelt auch Menschen ohne Krankenversicherung. Für den 72-Jährigen ist das "Passion, nicht Arbeit".
    Der Arzt Dr. Peter Lindner behandelt auch Menschen ohne Krankenversicherung. Für den 72-Jährigen ist das "Passion, nicht Arbeit". Foto: Silvio Wyszengrad

    Jeder Mensch, der in Deutschland seinen Wohnsitz hat, muss krankenversichert sein. Nach den Zahlen des Statistischen Bundesamtes leben hierzulande jedoch mindestens 80.000 Personen, die keinen Versicherungsschutz haben - also etwa 0,1 Prozent der Gesamtbevölkerung. Neben Selbstständigen, die aus finanziellen Gründen aus der privaten Krankenversicherung herausgefallen sind, zählen häufig Ausländer zu dieser Gruppe. Abgesehen davon, dass Unversicherte gegen das Gesetz verstoßen, geraten sie in ernsthafte Probleme, wenn sie medizinische Hilfe benötigen. Sie müssen die private Arztrechnung sowie Medikamente selbst bezahlen.

    Augsburger Arzt ist für Patienten da, die es gar nicht geben dürfte

    Der (frühere) Allgemeinmediziner und Psychosomatiker Dr. Peter Lindner hat in den vergangenen 15 Jahren in seiner Praxis in der Augsburger Innenstadt Hunderte von nicht (mehr) versicherten Menschen behandelt, ohne dafür einen Cent zu verlangen. Mittwochvormittag ist der mittlerweile 72-jährige Arzt für diese Patientinnen und Patienten da, die es eigentlich gar nicht geben dürfte und die von Wohlfahrtsverbänden, Beratungsstellen, Vereinen oder Hebammen zu ihm geschickt werden. Dazu zählen Menschen, die sich illegal in Deutschland aufhalten, die keine Papiere haben oder die ihren Versicherungsschutz verloren haben. Manche der überwiegend aus dem Ausland stammenden Hilfesuchenden kämen wegen Bagatellerkrankungen. Bei anderen sei die Behandlung aufwendiger. Etwa wenn eine schwangere Frau vor Peter Lindner sitzt und nicht weiß, wo sie ihr Kind zur Welt bringen soll.

    In Fällen wie diesen greift der Arzt auf ein Netzwerk aus rund 20 Kolleginnen und Kollegen zurück, das er über Jahre hinweg geknüpft hat, und sorgt dafür, dass die Frau im Josefinum entbinden kann. Nicht immer endet hier die Behandlung. Als ein Mädchen vor geraumer Zeit mit zwei Klumpfüßen auf die Welt kam, war Lindner sofort klar: "Sie wird nie laufen können, wenn sie nicht operiert wird." Der Mediziner setzte viele Hebel in Bewegung, bis dann die Hessing-Klinik und eine Stiftung den Eingriff möglich gemacht. hätten. "Das Kind wird laufen können", sagt Lindner und strahlt. Für ihn, der in Togo ein Gesundheitszentrum aufgebaut hat, sei es "eine Erfüllung, anderen zu helfen".

    Malteser helfen Menschen ohne Krankenversicherung

    Angedockt sind der Augsburger Arzt und sein Netzwerk an das Projekts MMM (Malteser Medizin für Menschen ohne Krankenversicherung), das es an 19 Standorten in Deutschland gibt. Auch in Augsburg ist die Hilfsorganisation seit Langem Träger des Projekts. Im Gegensatz zur Anfangszeit hat laut Dienststellenleiter Manuel Heckmann mittlerweile die überwiegende Anzahl der rund 35 Patientinnen und Patienten jährlich einen legalen Aufenthaltsstatus. "Uns liegt das Projekt sehr am Herzen", betont er. Doch leider sei dieses für die Malteser, die ebenso wie die beteiligten Mediziner sowie Stiftungen einen Teil der Kosten übernehmen, hochdefizitär. "Weil jetzt auch Fördergelder wegfallen, können wir den jährlich fünfstelligen Betrag nicht mehr stemmen. Wir müssen daher kürzertreten", sagt Heckmann. Künftig werde es das Projekt MMM nur noch in abgespeckter Form geben.

    Froh ist der Malteser-Dienststellenleiter deshalb um Unterstützung aus den Reihen der Hilfsorganisationen. Das Augsburger Rote Kreuz will in diesem neuen Jahr eine Praxis für Menschen ohne Krankenversicherung eröffnen. Geschäftsführer Michael Gebler geht von einem hohen Bedarf aus. "Nach unserer Hochrechnung leben in der Stadt rund 300 Menschen, die durch das System gerutscht sind." Auch er werde in seiner Arbeit immer wieder mit Personen konfrontiert, die ohne Krankenversicherung dastehen. "Das sind beispielsweise Selbstständige mit bescheidenen Einkommen, die erst den Job verloren haben und dann die Versicherung nicht mehr bezahlen konnten."

    Das Rote Kreuz hat einen ehrenamtlich tätigen Arzt an seiner Seite

    Mit dem Augsburger Mediziner Dr. Reinhard Eder hat das Rote Kreuz einen Arzt an der Seite, der im Ruhestand das Projekt ehrenamtlich leiten wird. Gebler sagt: "Er kam auf uns zu und verfügt auch über ein entsprechendes Netzwerk." Starten soll die Praxis voraussichtlich noch im ersten Quartal 2022 in Räumen in der Augsburger Innenstadt, die vom Vermieter kostenlos zur Verfügung gestellt würden. Näheres möchte Gebler aktuell nicht verraten, da die renovierten Räume aufgrund der Nutzungsänderung noch abgenommen werden müssten. Geplant sei ein Behandlungstag pro Woche. "Es wird voraussichtlich um eine medizinische Grundversorgung gehen, um Weitervermittlung und auch um Beratung, wie man eine Krankenversicherung erlangen kann." Denn manchmal hätten auch diffuse Ängste und Unwissenheit dazu beigetragen, dass jemand keinen Versicherungsschutz hat. Die Finanzierung ist laut Michael Gebler in trockenen Tücher, da das Rote Kreuz die nötige medizinische Grundausstattung gespendet bekommen habe und etwaige Restkosten über Spendengelder beglichen werden könnten.

    Was tun ohne Krankenversicherung?

    Wer Rat in Versicherungsfragen sucht, kann sich beispielsweise an die AOK Bayern wenden. Dort erfährt man, dass es seit 2013 eine obligatorische Anschlussversicherung gibt, die vermeiden soll, dass Versicherte ihre Krankenversicherung verlieren. Wenn eine Pflicht- oder Familienversicherung ende, dann seien die gesetzlichen Krankenkassen verpflichtet, den weiteren Versicherungsschutz sicherzustellen. Auch Asylbewerber haben laut AOK Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall. Die Übernahme der Kosten erfolge in der Regel über die Sozialhilfeträger.

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