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Augsburg: Ärger um Süchtigentreff: Eigentümer des aktuellen Standorts wundert sich über Stadt

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Ärger um Süchtigentreff: Eigentümer des aktuellen Standorts wundert sich über Stadt

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    Der Eigentümer des Hauses am Haller-Platz, in dem der Be-Treff untergebracht ist, sagt, er habe der Stadt längst das gesamte Gebäude angeboten. Umso mehr wundert er sich über den neuen geplanten Standort.
    Der Eigentümer des Hauses am Haller-Platz, in dem der Be-Treff untergebracht ist, sagt, er habe der Stadt längst das gesamte Gebäude angeboten. Umso mehr wundert er sich über den neuen geplanten Standort. Foto: Silvio Wyszengrad

    Weil es in Augsburg immer mehr Drogensüchtige gibt, platzt die soziale Einrichtung Be-Treff am Oberhauser Bahnhof längst aus allen Nähten. Die Stadt suchte deshalb schon länger nach einem neuen Standort. Doch ihre Pläne, im alten Pfarrhaus von St. Johannes nahe der Wertachbrücke den neuen Süchtigentreff einzurichten, sorgen bei Anwohnern und Geschäftsleuten für Ärger. Einer aber wundert sich in erster Linie nur. Es ist der Eigentümer des Hauses am Helmut-Haller-Platz, in dem der jetzige Be-Treff seit knapp sechs Jahren beheimatet ist. Er sagt, er habe der Stadt längst das gesamte Gebäude für die Nutzung angeboten – und das mehrfach. Das Ordnungsreferat hingegen erklärt, warum der bisherige Standort nicht mehr infrage kommt.

    Thomas Rauscher versteht nicht, warum bei der Suche nach einem neuen Standort "ein riesiges Fass aufgemacht wird". Wie er erzählt, gehört seiner Familie das Haus am Helmut-Haller-Platz. Im Erdgeschoss ist der Be-Treff untergebracht, die beiden oberen Etagen und der ausgebaute Dachstuhl würden als Boardinghaus genutzt. "Hier kommen Handwerker unter, an Familien können wir die Wohnungen ja schlecht vermieten", meint Rauscher mit Blick auf die drogensüchtigen Menschen, die im Parterre verkehrten. Seine Angebote zur erweiterten Vermietung oder gar zum Kauf seien ohne Reaktion geblieben. Letztendlich sei es ihm egal, wie das Gebäude genutzt werde, sagt der 57-Jährige. Aber manche Aspekte an dem Plan findet er befremdlich.

    Süchtigentreff in Oberhausen: "Es gibt doch schon einen Standort"

    Rauscher wirft der Stadt mangelnde Kommunikation vor. "Mit uns redet keiner. Wir haben auf kein einziges Schreiben eine Antwort erhalten. Wir erfahren nur aus der Zeitung, was um uns herum passiert." Rauscher befürchtet wie viele weitere Kritiker einen zweiten Brennpunkt in Oberhausen, sollten die Pläne in St. Johannes Wirklichkeit werden. "Dabei gibt es doch schon einen Standort. Den müsste man nur weiter ausbauen und sich mehr darum kümmern." 

    Sein Haus mit sechs Wohnungen biete 520 Quadratmeter Fläche, sagt Rauscher. Für den Be-Treff seien aktuell das Erdgeschoss und der Keller mit 170 Quadratmetern angemietet. Seine Miete sei zu teuer, sei ihm schon mal an anderer Stelle gesagt worden. Rauscher sieht das nicht so. Wie er erzählt, verlangt er derzeit für den Be-Treff monatlich 4300 Euro warm. "Da sind aber auch die Energiekosten dabei und die Mülltonnen." Im Ordnungsreferat will man sich zu Vertragsangelegenheiten nicht äußern. Nur so viel: "Die Miete liegt ein gutes Stück über den ortsüblichen Mietkonditionen", meint Referent Frank Pintsch (CSU). Er betont, dass der aktuelle Be-Treff im Vergleich zu St. Johannes unter verschiedenen Gesichtspunkten keine gleich geeignete Option darstelle.

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    Es fehlten Barrierefreiheit und eine angemessene Außenfläche. "Das bisherige Mietverhältnis hat auch gezeigt, dass ein Vermieter mit Bezugspunkten zur Thematik und einer damit einhergehenden intrinsischen Motivation dem Hilfeangebot sicher deutlich zuträglicher ist – etwa mit Blick auf den Mietpreis pro Quadratmeter und den Unterhalt des Mietobjekts." Ein Verbleib komme aber vor allem nicht infrage, weil ein Aufenthaltsangebot untertags nicht ausreichend darstellbar sei. Pintsch führt noch ein gewichtiges Gegenargument ins Feld: "Zudem hat der Stadtrat unmissverständlich im Dezember beschlossen, dass eine Situierung weg vom Helmut-Haller-Platz erfolgen soll, um die Probleme im öffentlichen Raum zu lösen." Diese könnten aufgrund der beengten Verhältnisse im jetzigen Be-Treff nicht gelöst werden.

    Augsburgs Ordnungsreferent Frank Pintsch wirbt für den neuen Standort St. Johannes, wie unlängst am Informationsabend in Oberhausen.
    Augsburgs Ordnungsreferent Frank Pintsch wirbt für den neuen Standort St. Johannes, wie unlängst am Informationsabend in Oberhausen. Foto: Silvio Wyszengrad

    Rauscher allerdings führt den neu anvisierten Standort auf eine "Verbandelung" zwischen Kirche und Stadt zurück. Er habe den Eindruck, dass der neue Standort innerhalb eines informellen Kreises längst beschlossene Sache sei. Die jetzige Diskussion erinnere ihn an das Jahr 2017. Damals hatte der anfängliche Plan des zuständigen Ordnungsreferenten Dirk Wurm (SPD), einen Süchtigentreff in der Dinglerstraße unterzubringen, einem Wohngebiet in Oberhausen, die Anwohner auf die Palme gebracht. Das Vorhaben scheiterte am Protest der Bürger. Dann wurde es sein Haus am Haller-Platz, erzählt Thomas Rauscher, der selbst nicht mehr in Augsburg wohnt. "Man hat etwas gebraucht, uns gefragt, und wir sagten ja." Feinde habe er sich damals unter Anwohnern gemacht. "Es wurde gedroht, mir einen Spaten über den Schädel zu ziehen." Wegen dieser Erfahrungen wolle er sich jetzt für die aktuelle Berichterstattung nicht fotografieren lassen. 

    "Kirche hat eine Tradition, sich um Menschen zu kümmern"

    Bei der Diakonie widerspricht man dem Vorwurf der "Verbandelung" deutlich. Die Immobilie, so Pfarrer Fritz Graßmann, Vorstand des Diakonischen Werks, sei für die heutige Zahl an Gläubigen in der Pfarrei in der Tat zu groß. Schnellschüsse habe man aber nicht nötig. "Wir suchen nicht auf Teufel komm raus", betont Graßmann. Momentan hat unter anderem die Volkshochschule noch Räume angemietet, in der Vergangenheit habe man im Pfarrhaus Wohnraum vermietet. "Uns ist es wichtig, da eine gute soziale Nutzung hinzubekommen", sagt Graßmann. "Kirche hat eine Tradition, sich um Menschen zu kümmern, um die sich andere nicht kümmern wollen." Dazu zählten suchtkranke Menschen. Die Bürgerinformation vergangene Woche habe er in weiten Teilen als sachlich und differenziert wahrgenommen. An den Bedenken der Bürger komme man nicht vorbei. "Wir sehen auch mögliche Probleme, aber wir glauben, dass das lösbar ist und das Projekt am Ende auch dem Stadtteil helfen könnte." Man werde sich weiter dem Dialog stellen. "Christen erwarten auch, dass man als Kirche nicht zurückzieht, wenn es mal schwierig wird, sondern bereit ist, sich dem Gegenwind zu stellen." 

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