Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten

Augsburg: Halle 116: Neue Schau im früheren Augsburger KZ-Außenlager kommt

Augsburg

Halle 116: Neue Schau im früheren Augsburger KZ-Außenlager kommt

    • |
    Die Halle 116 in Pfersee war früher ein KZ-Außenlager von Dachau, später nutzten sie die Amerikaner. Eine neue Schau über die Gesichte dieses Ortes soll ab dem kommenden Jahr zu sehen sein.
    Die Halle 116 in Pfersee war früher ein KZ-Außenlager von Dachau, später nutzten sie die Amerikaner. Eine neue Schau über die Gesichte dieses Ortes soll ab dem kommenden Jahr zu sehen sein. Foto: Annette Zoepf

    Im Nationalsozialismus muss es in der "Halle 116" schlimm zugegangen sein. Bis zu 2000 Zwangsarbeiter wurden in dem früheren KZ-Außenlager im Stadtteil Pfersee zusammengepfercht und von SS-Wachtruppen misshandelt. Dann kamen die amerikanischen Truppen, um Augsburg von den Nazis zu befreien. Sie nutzten das Kasernengebäude mit der schrecklichen Vergangenheit für militärische Zwecke. Die Halle 116 ist damit ein Ort, der untrennbar mit der jüngeren Geschichte Augsburgs verbunden ist - vom NS-Terror bis hinein in die Jahre der jungen deutschen Demokratie. Über diese Zeiten wird eine neue Schau in Halle 116 erzählen. Nach jahrelangem Streit, schier endlosen Diskussionen und Verzögerungen soll die Ausstellung in einer vorläufigen Version im kommenden Jahr eröffnen. Doch noch kämpfen die Ausstellungsmacher mit ungeahnten Problemen.

    Museum? Erinnerungsort? Lernort für Frieden? Seit über einem Jahrzehnt wird in Augsburg darum gerungen, was mit der Halle 116 passieren soll. Das Umfeld hat sich längst komplett verändert. Das ehemalige Kasernengelände ist heute ein modernes Quartier für Wohnen und Gewerbe. Mitten zwischen vielen Neubauten steht, wie verloren, ein einzelner Altbau: die Halle 116 - ein lang gestreckter Baukörper mit großen, bunt gestrichenen Toren. Sie wartet noch immer auf eine neue angemessene Nutzung. Diese rückt nun in greifbare Nähe.

    Die Finanzierung der Interimsausstellung steht

    Zum einen hat die Stadt jetzt die nötigen Gelder für eine erste Interimsausstellung im künftigen Erinnerungsort und "Lernort Frieden" zusammen. Auch die Planungen für die Schau sind weit fortgeschritten. "Inhaltlich geht es voran, das Projekt ist in einer entscheidenden Phase", sagt Reinhold Forster, Mitglied in der Arbeitsgruppe Halle 116. In dem Gremium sitzen Vertreter der Stadt und von Bürgerinitiativen zusammen, die das Projekt gemeinsam realisieren. Leiter der zuständigen städtischen Stabsstelle ist der frühere Kulturreferent Thomas Weitzel.

    Weitzel sagt, das Budget für die Interimsausstellung sei seit einer Zusage des Kultusministeriums gesichert. Von dort kommt eine Fördersumme von 75.000 Euro. Insgesamt stehen 135.000 Euro für die Gestaltung der Ausstellung zur Verfügung. Der Bezirk hat wegen der gesamtschwäbischen Bedeutung des Projekts beschlossen, einen Betriebskostenanteil bis maximal 50.000 Euro zu übernehmen, zunächst befristet auf drei Jahre.

    So sieht es innen in der historischen Halle 116 aus.
    So sieht es innen in der historischen Halle 116 aus. Foto: Silvio Wyszengrad

    Die Stadt beauftragte inzwischen auch professionelle Gestalter für die Schau: das renommierte Büro Bertron/Schwarz/Frey. Das Büro hat beispielsweise die Dauerausstellung für die KZ-Gedenkstätte in Flossenbürg gestaltet. Auch die Ersteinrichtung der Dokumentationsorte in Hersbruck und Happurg stammen von diesen Experten.

    Ein Drehbuch für die Schau in Halle 116

    Die Arbeitsgruppe für die Halle 116 hat ein Grobkonzept für die Schau erarbeitet. "Es wird derzeit in Abstimmung mit dem Gestaltungsbüro in ein Drehbuch übersetzt", sagt Weitzel. Große Themen sind etwa die Epoche des Nationalsozialismus im Raum Augsburg, die Befreiung durch die Amerikaner und die anschließende Präsenz der US-Truppen. Weitere Schwerpunkte sollen die Geschichte von KZ- und Zwangsarbeit in Schwaben, aber auch die von den Amerikanern eingeleitete Demokratisierung und Liberalisierung der Gesellschaft nach 1945 bilden. Auch ein Blick auf die heutige "Friedensstadt Augsburg" ist vorgesehen. Ein didaktisches Begleitkonzept zur Schau für Schulen ist in Arbeit. Die Halle 116 soll vor allem für Schülerinnen und Schüler Geschichte vor Ort erlebbar machen.

    Allerdings gibt es ein Problem. Wissenschaftlicher Koordinator der Stadt ist Felix Bellaire von der Fachstelle Erinnerungskultur. Der Historiker wurde jedoch zu 50 Prozent ins Gesundheitsamt zur Corona-Nachverfolgung abgeordnet. Mehrere Aufgaben in seinem Fachbereich bleiben gerade liegen. Bellaire soll nun seine verbleibenden Kapazitäten darauf konzentrieren, dass es mit der Interimsausstellung in Halle 116 weiter vorangeht. In der Arbeitsgruppe befürchtet man jedoch, es könnte zu weiteren Verzögerungen im Zeitplan kommen.

    Ein weiteres Problem sind baujuristische Genehmigungen, die noch ausstehen. Momentan ist die Halle 116 nur für eine militärische Nutzung zugelassen, nicht jedoch für längerfristige Ausstellungen. Auch die Hürden beim Brandschutz und beim Thema Schadstoffe scheinen hoch zu sein. Offenbar sollen hohe Maßstäbe, ähnlich wie bei einem regulären Museumsbetrieb, angelegt werden. Weitzel sagt: "Wir hoffen hier auf eine baldige pragmatische Lösung der Problemfelder zusammen mit den zuständigen Fachämtern."

    Anstoß für weitere Planungen

    Weitzel hatte noch im August 2020 angekündigt, dass die Schau bis 2021 kommen werde. Nun sagt er: "Eine Eröffnung für Ende 2021 ist von uns so nicht kommuniziert worden." Momentan sehe der Zeitplan einen Start im Mai oder Juni 2022 vor. Weitzel will sich aber auch auf diesen Termin nicht mehr festlegen: Ob angesichts der Pandemie und allgemeiner Produktions- und Lieferprobleme in allen Gewerken der Termin so gehalten werden könne, sei nicht vorhersehbar. Forster aus der Arbeitsgruppe meint dazu: "Mehrheitlich würden wir es sehr begrüßen, wenn jetzt endlich bald eröffnet werden würde." Aus seiner Sicht muss die Interimsschau auch den Anstoß geben, um später den eigentlichen Lern- und Erinnerungsort in Halle 116 zu realisieren. Dieser wurde wegen hoher Kosten - auch für eine Sanierung des Gebäudes - bislang nicht umgesetzt.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden