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Augsburg: Händlern und Gastronomen in Augsburg geht das Personal aus

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Händlern und Gastronomen in Augsburg geht das Personal aus

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    Malin Wiedermann arbeitet Teilzeit im Picnic am Moritzplatz. Arbeitskräfte sind in der Gastro-Branche derzeit gesucht.
    Malin Wiedermann arbeitet Teilzeit im Picnic am Moritzplatz. Arbeitskräfte sind in der Gastro-Branche derzeit gesucht. Foto: Silvio Wyszengrad

    Ulrich Mayer, Inhaber des Tabakwaren- und Spirituosenladens No. 7 in der Steingasse, verbringt dieser Tage abends oft länger im Büro, als ihm lieb ist. Denn tagsüber helfen er und sein Bruder verstärkt im Laden aus, weil Personal fehlt. Ein bis zwei Fachkräfte würde Mayer gerne noch einstellen, doch die Suche verlief bislang ergebnislos. "Der Arbeitsmarkt ist bundesweit leer gefegt", erzählt der Händler. In normalen Zeiten hätten sich auf seine Stellenanzeigen zwischen 40 und 60 Menschen beworben. Jetzt waren es um die vier - und darunter keine einzige Fachkraft.

    "Die Suche nach Personal ist derzeit ein riesiges Thema", bestätigt auch Andreas Gärtner, Geschäftsführer des Schwäbischen Handelsverbands. Im Allgäu müssten erste Betriebe, vor allem auch aus der Gastronomie, schon mit eingeschränkten Öffnungszeiten operieren. In Augsburg sei die Lage zum Glück noch etwas besser, aber dennoch schwierig. Laut Agentur für Arbeit

    Einige Beschäftigte wollen nicht mehr zurück in den Einzelhandel

    Dafür, dass Personal fehlt, haben Gärtner und Mayer eine Erklärung: Einige Mitarbeiter haben sich während der Krise neu orientiert - unter anderem in den Lebensmitteleinzelhandel, aber auch in Impf- oder Testzentren. Dazu sind Beschäftigte in Rente gegangen und die natürliche Fluktuation habe auch Corona nicht gestoppt. Diese Mitarbeiter seien aber im Lockdown nicht ersetzt worden. "Jetzt sucht ganz Deutschland nach diesen fehlenden Mitarbeitern", so Mayer. Elsa Koller-Knedlik, Chefin der Agentur für Arbeit Augsburg, liest aus den Zahlen der Arbeitsagentur zudem ab, dass manche Mitarbeiter sich zunächst keine neue Beschäftigung gesucht haben, weil sie langfristig gar nicht mehr im Einzelhandel tätig sein wollen. "Die Gründe dafür sind individuell, aber Themen wie häufig befristete Verträge, Teilzeit oder die Bezahlung werden immer wieder angeführt", so Koller-Knedlik.

    Ulrich Mayer ist Inhaber des Geschäfts No. 7 in der Augsburger Steingasse. Er sucht dringend Personal.
    Ulrich Mayer ist Inhaber des Geschäfts No. 7 in der Augsburger Steingasse. Er sucht dringend Personal. Foto: Anna Katharina Schmid

    Ähnlich wie dem Einzelhandel geht es auch der Gastronomie. Hier meldet die Agentur für Arbeit derzeit zwar "nur" 74 offene Stellen, aber nicht jeder freie Platz wird auch bei der Agentur eingetragen. Das Restaurant Picnic beispielsweise hat in den sozialen Medien einen Aufruf gestartet: "Wir suchen DICH!" heißt es in dem Post auf Facebook. Dann folgt die Auflistung all jener Jobs, die zu vergeben sind. Von Fachkräften wie Koch oder Köchin über den Barkeeper bis hin zur Service- oder Reinigungskraft reicht das Angebot. Wir konnten zwar die deutliche Mehrzahl unserer Mitarbeiter halten, aber die Personalsituation in der Gastronomie ist immer schon schwierig", so Geschäftsführer Lucciano Bellano.

    Wirte-Sprecher Leo Dietz sagt, die Lage in den Gastrobetrieben hänge dabei stark vom Betriebstypus ab. Gut eingesessene Restaurants konnten dank To-go-Verkauf ihr Personal oft halten. Schwieriger sei es für Betriebe, die geschlossen hatten. In der Nachtgastronomie sei die Lage ebenfalls angespannt. Hatte er selbst in seinen Läden vor Corona noch 90 Mitarbeiter, sind es nun noch 16. "Aktuell komme ich mit dieser Personaldecke einigermaßen klar. Doch wenn wir morgen wieder unter Volllast laufen dürften, könnte ich nicht öffnen, weil mir das Personal fehlt", so Dietz. Während er an manchen Stellen auch auf ungelernte Kräfte zurückgreifen könne, sei dies in vielen Restaurants oder Hotels kaum möglich. Hier spitze sich der Fachkräftemangel, den es bereits vor Corona gegeben hat, aus seiner Sicht weiter zu. Das sieht auch die IHK Schwaben einer aktuellen Umfrage nach so. Die Lage stelle ein Risiko für den Neustart dar.

    Aufschwung zeigt sich in Augsburg auch in anderen Bereichen

    Die Gründe für den Personalmangel sind in der Gastronomie ähnlich wie im Handel: Mitarbeiter haben sich notgedrungen anderweitig orientiert, Saisonarbeitskräfte sind zurück in die Heimat und weil es in einigen Gastrobereichen nach wie vor keine sichere Perspektive gibt, wollen viele auch vorerst nicht zurückkommen. Laut Leo Dietz wird das womöglich auch Folgen für das Gehaltsgefüge haben. "Wer einen guten Koch will, der muss künftig entsprechend bezahlen", glaubt er. Das könnte dann auch wieder Auswirkungen auf die Preise haben.

    Neben Gastronomie und Handel ist ebenso in anderen Bereichen ein Aufschwung nach der Pandemie erkennbar, der Neueinstellungen erlaubt. Das belegen auch die aktuellen Zahlen der Agentur für Arbeit Augsburg. Im Juni sind 1525 neue Stellen gemeldet worden, ein Plus von 95 Prozent gegenüber dem Vorjahr. "Somit stellen wir fest, dass wir uns hier wieder auf dem Niveau vor der Pandemie bewegen", so Agenturleiterin Elsa Koller-Knedlik. Der Stellenbestand ist auf 5517 freie Angebote gewachsen, auch diesen Wert sieht man als Indikator für die wirtschaftliche Erholung.. Die Arbeitslosenquote im Agenturbezirk sinkt im Juni auf 4,1 Prozent. 2020 lag sie zur selben Zeit bei 4,6 Prozent.

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