Nicht, dass eine Stadt wie Augsburg im Umgang mit Demonstrationen nicht erfahren wäre. Allein von diesem Freitag bis Sonntag sind mehr als ein halbes Dutzend angemeldet – mal geht es laut Anmeldung um "Lauheit in der Postmoderne", mal um "Gefahren für Christen", mal um Russland als "Terrorstaat". Doch bestimmte Kundgebungen in der kommenden Woche werfen schon jetzt ihre Schatten voraus. Wie schon am vergangenen Samstag werden Landwirte die Stadt voraussichtlich zum Schauplatz von größeren Demonstrationen machen. Diesmal wird vieles aber wohl anders sein.
Stand jetzt sind für die kommende Woche in ganz Bayern weit mehr als 100 Kundgebungen von Landwirten geplant. Sie richten sich insbesondere gegen Sparbeschlüsse der Bundesregierung – und haben auch nach der Ankündigung von Donnerstag, dass ein Teil dieser Kürzungen zurückgenommen wird, Bestand. Wie der Bayerische Bauernverband (BBV) bestätigte, soll die zentrale Auftaktveranstaltung wie geplant am Montag, 8. Januar, in München stattfinden. Aber auch im Raum Augsburg sind für diesen Tag Aktionen angekündigt.
Bauernprotest in Augsburg: Groß-Kundgebung auf dem Plärrer geplant
Wie das Landratsamt Augsburg am Donnerstag mitteilte, haben Privatpersonen – nicht der BBV – von 6 bis 17 Uhr eine Schlepper-Demo angemeldet, die am Güterverkehrszentrum (GVZ) Gersthofen startet. Die Route verläuft zunächst Richtung Westen nach Zusmarshausen, anschließend aber wieder zurück und über Augsburg nach Täfertingen. Wo genau die Strecke durch das Augsburger Stadtgebiet führen soll, war Stand Donnerstagabend ebenso wie die erwartete Teilnehmerzahl unklar. Laut Polizei sind für Montag auch Kundgebungen in den Landkreisen Aichach-Friedberg und Donau-Ries angekündigt, dem Vernehmen nach stehen zudem Kreisverkehr-Blockaden entlang der Autobahn A8 im Raum.
Am Mittwoch, 10. Januar, verlagert sich der Schwerpunkt der bayernweiten Aktionen dann nach Augsburg. Von 11 bis 13.30 Uhr ist eine stationäre Kundgebung auf dem Plärrergelände geplant, der Zulauf beginnt wohl bereits ab 9 Uhr. Der BBV geht nach eigenen Angaben von rund 3000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus, man rechne zudem mit etwa 1500 Traktoren. Die Fahrzeuge werden auf dem Plärrergelände abgestellt, auf einer Bühne sollen Personen aus Landwirtschaft und Politik sprechen.
Größere Demonstration von Landwirten hat Folgen
Es ist dann das zweite Mal in kurzer Zeit, dass Augsburg zum bayerischen Zentrum des Bauernprotests wird. Der Demonstrationszug, der am vergangenen Samstag durch Augsburg führte, sorgte deutschlandweit für Aufsehen. Einerseits, weil sich die Landwirte dabei den Ex-"Corona-Demos" anschlossen und der Bauernverband sich davon ausdrücklich distanzierte. Aber auch die Größenordnung an jenem 30. Dezember – mehr als 1500 Menschen nahmen teil, viele davon in landwirtschaftlichen Fahrzeugen – überraschte die Behörden offenbar. Zunächst war man offiziell von rund 500 ausgegangen. Dies hat nun Folgen.
Als Teil der Kundgebung am kommenden Mittwoch plante der Bauernverband, wie in anderen Städten auch, ursprünglich eine gemeinsame Anfahrt der Teilnehmerinnen und Teilnehmer – etwa im Konvoi oder als zusammenführende "Sternfahrt". Dies hätte wohl weitreichendere Auswirkungen auf den Stadtverkehr gehabt, wurde aber nicht genehmigt, wie es unter anderem auf einem offiziellen Flyer zur Veranstaltung heißt. Die Stadt erklärt auf Anfrage grundsätzlich, aufgrund des Zulaufs am 30. Dezember werde man künftig von einer höheren Teilnehmerzahl als zunächst angemeldet ausgehen. Dies könne auch Auswirkungen auf Auflagen und Streckenführung haben, sagt Ordnungsreferent Frank Pintsch (CSU). Es sei jeweils zu überlegen, "ob und wie Verkehrsbeeinträchtigungen, die grundsätzlich vom Versammlungsgrundrecht gedeckt sind, gegebenenfalls in Zukunft bei einem weiteren Zug noch weiter verringert werden können." Pintsch verweist dabei auch auf Kooperationsgespräche, man stelle dabei "generell ein kooperatives Verhalten der Versammlungsleitung gegenüber den Behörden" fest. Auch der Bauernverband betont, man wolle die Bürger "nicht unnötig in der Erledigung ihres Tagesgeschäfts behindern".
Bauernprotest trifft im Januar 2024 möglicherweise auf GDL-Bahnstreik
Genau das, die Tagesgeschäfte behindern, könnten in der kommenden Woche auch Vorgänge, die inhaltlich in keinem Zusammenhang mit den Bauernprotesten stehen. Am Sonntag endet der "Weihnachtsfrieden" der Lokführer-Gewerkschaft GDL. Damit drohen bereits ab Montag weitreichende Streiks, die auch Einschränkungen im Zugverkehr in und um Augsburg zur Folge hätten. Die GDL hat angekündigt, längere Arbeitskämpfe mindestens 48 Stunden vorher anzukündigen.
Kommt es bereits am Montag zu größeren Streiks, könnten Schulen davon besonders betroffen sein. An den zuständigen Stellen wird genau verfolgt, was geplant ist. Bernhard Buchhorn, Ministerialbeauftragter der Realschulen in Schwaben, informierte die Schulen noch vor Ferienbeginn über die damals bekannten, von Lokführern, Landwirten und auch Spediteuren angedachten Streikmaßnahmen. Schließlich könnten einige davon mit dem ersten Schultag nach den Weihnachtsferien zusammenfallen. „Ziel war es, dass die Schulen Zeit gewinnen, um die grundsätzlich bekannten organisatorischen Voraussetzungen – von Videokonferenzräumen bis hin zu Informationswegen für Eltern –, während der Ferien zu aktualisieren, um kurzfristig reagieren zu können“, so Buchhorn. Aktuell werde nach seinem Kenntnisstand keine Realschule am Montag in Augsburg Distanzunterricht anbieten, sondern regulär Präsenzunterricht durchführen.
Auch der Ministerialbeauftragte weist darauf hin, dass der Schwerpunkt der Protest- und Streikaktionen wohl erst für Mittwoch geplant ist. „Bis dahin haben wir gegebenenfalls Erfahrungen über die Folgen eines Streiks aus anderen Regionen.“ Schulamtsleiter Markus Wörle bestätigt auf Anfrage, dass am Montag an allen Augsburger Grund- und Mittelschulen Präsenzunterricht stattfindet.