Ein großer Knall, mehrere Verletzte, Verkehrschaos: Die Explosion einer Fliegerbombe nahe der Donnersbergerbrücke hält München in Atem. Vier Bauarbeiter kamen bei der schweren Detonation zu Schaden, einem Mann wurde fast ein Bein abgerissen. Noch ist vieles unklar, etwa, wie der rund 250 Kilogramm schwere Blindgänger übersehen werden konnte. Fest steht aber: In den Böden bayerischer Städte schlummern noch viele Gefahren. Besonders betroffen ist Augsburg. Bereits mehrfach schrammte die Stadt nur knapp an Tragödien durch jahrzehntealtes Kriegsgerät vorbei.
Blindgänger: In Augsburg könnten etliche Fliegerbomben schlummern
Rund 300.000 Bomben warfen US-amerikanische, kanadische und britische Bomber allein im Februar 1944 über Augsburg ab. Wichtigste Ziele der Angriffe waren die Firmen Messerschmitt, wo Flugzeuge gebaut wurden, die MAN und der Hauptbahnhof. Nicht immer wurden diese Ziele getroffen. Am massivsten traf es Lechhausen und Oberhausen, die Einschläge verteilten sich aber fast auf das ganze Stadtgebiet. Experten gehen davon aus, dass etwa zehn bis 15 Prozent der abgeworfenen Bomben nicht explodierten. Viele dieser Blindgänger wurden beim Wiederaufbau beseitigt, wie Ordnungsreferent Frank Pintsch (CSU) erklärt. "Was heute noch im Boden liegt, ist aber kaum einzuschätzen. Das ist leider eine große Unbekannte."
Luftaufnahmen aus der Zeit nach der Bombardierung helfen dabei, besonders betroffene Bereiche im Stadtgebiet zu lokalisieren und so mögliche Risiken zu minimieren. Die Gefahr einer Explosion, wie sie nun München erlebte, ist nach Einschätzung von Pintsch in Augsburg sehr gering. Gerade bei Bauprojekten in fraglichem Gebiet, wie zuletzt etwa auf dem Renk-Areal, werde der Boden gründlich untersucht. "Ganz sicher kann man sich aber nie sein", sagt Pintsch. Wer größere metallische Gegenstände entdecke, solle auf jeden Fall Vorsicht walten lassen und Polizei oder Feuerwehr rufen.
Nach Explosion in München: In Augsburg fehlte nicht viel zu Tragödien
Wird im Stadtgebiet ein sogenanntes Kampfmittel entdeckt, ist Friedhelm Bechtel vom Amt für Brand- und Katastrophenschutz oft einer der ersten an Ort und Stelle. Wie häufig die Feuerwehr zu einem Kampfmittelfund gerufen wird, variiert auf niedrigem Niveau: In einem Jahr ist es ein Einsatz, im nächsten sind es ein paar. Manchmal brächten die Kampfmittel-Sondierungen - also Untersuchungen, die Tiefe und Größe der fraglichen Gegenstände sehr zuverlässig bestimmen können -nur metallischen Schrott zu Tage. Doch es gebe auch Fälle, in denen nicht viel zu einer echten Katastrophe gefehlt habe.
Bechtel erinnert an die sogenannte Weihnachtsbombe, wegen der rund um Weihnachten 2016 mehr als 54.000 Augsburgerinnen und Augsburger ihre Wohnungen verlassen mussten. Entdeckt wurde sie bei Bauarbeiten für eine Tiefgarage am Jakoberwall. Zuvor befand sich an der Stelle eine Kfz-Werkstatt, auf deren Parkplatz ein Schild befestigt war - just dort, wo die knapp zwei Tonnen schwere Bombe ruhte. Um das Schild vormals zu befestigen, wurde mit einem Spezialbohrer metertief in den asphaltierten Parkplatz gebohrt. "Etwas tiefer oder ein bisschen seitlicher - das hätte richtig böse ausgehen können", sagt Bechtel. Ähnlich sei es bei einer 225 Kilogramm schweren Fliegerbombe gewesen, die 2018 bei Bauarbeiten an der Herrenbachstraße monatelang in einem Berghügel schlummerte. Sie war zuvor unbemerkt ausgehoben worden - und scharf.
Weihnachtsbombe, Siebentischwald, Wertach: Viele Bombenfunde
Die in Augsburg gefundenen Kampfmittel haben meistens noch einen Zünder, sind also technisch völlig intakt. Sie könnten damit grundsätzlich "genauso Schaden anrichten wie vor 75 Jahren", ist Bechtel überzeugt. Dies sei vor vielen Jahren auch im Siebentischwald sichtbar geworden. "Dort waren abseits der Wege plötzlich Krater im Boden, von denen niemand wusste, woher sie kamen." Ebenfalls im Siebentischwald sei ein Mountainbike-Fahrer vor knapp fünf Jahren über eine Phosphor-Brandbombe gefahren. Und dann war da noch der Fall einer Frau, die in einem Feld im Stadtteil Hammerschmiede einen metallischen Gegenstand fand. Weil er ihr dekorativ ansprechend schien, nahm sie ihn im Kinderwagen nach Hause. Dort stellte sich heraus: Es handelte sich um eine Panzergranate.