Nicht in Sitzreihen sondern an Tischen saßen die zahlreichen Gäste der Vesperkirche in St. Paul am Sonntag. Einige lauschten sogar stehend dem Eröffnungsgottesdienst zur Veranstaltung. Die meisten Gäste trafen bereits vormittags zum ökumenischen Gottesdienst ein und blieben zum gemeinsamen Essen im Anschluss. Bis zu 400 Personen werden in den kommenden zwei Wochen jeden Tag in der Vesperkirche im Augsburger Stadtteil Pfersee verköstigt. Das Projekt ist in seiner Form einmalig in Bayern. "Die erste ökumenische Vesperkirche in Bayern ist eine herzliche Handreichung, die sich ohne Unterschied an alle Augsburgerinnen und Augsburger richtet", sagt Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU).
Neben Weber waren auch zahlreiche Kirchenvertreter und -vertreterinnen sowie der Augsburger Bischof Bertram Meier bei der Eröffnung dabei. Für ihn habe von Beginn an festgestanden, dass die Diözese Augsburg sich am Projekt beteiligt: "Es geht uns darum, die Menschen zusammenzubringen unabhängig von Konfession, Herkunft und finanziellen Mitteln." Dem stimmt auch Pfarrerin Marianne Werr von St. Paul zu: "Jeder und jede, die uns in den nächsten Tagen besucht, trägt dazu bei, dass das Projekt gelingt. Wir möchten Brücken bauen und ohne die Menschen geht das nicht."
Die Freude über die vielen Gäste ist auch bei den Freiwilligen groß. Daniela Daege und Tochter Julia (10) helfen bei der Organisation der zweiwöchigen Vesperkirche mit. Neben der Pflege der offiziellen Social-Media-Kanäle hilft Daniela Daege auch vor Ort mit, wo sie kann. "Wir sind heute flexible Springer. Wir begrüßen die kommenden Gäste, unterstützen beim Geschirr abräumen und machen Fotos", erklärt Daege. Für den späteren Ablauf hat Julia sogar eigene Brettspiele mitgebracht, um sie mit ihren Tischnachbarn zu spielen. "Das soziale Miteinander steht für uns im Mittelpunkt. Als ich von der Veranstaltung im Gemeindebrief las, war ich ganz ergriffen und wollte unbedingt mitmachen", sagt ihre Mutter.
Um 12 Uhr ging es dann mit der Essensausgabe los. Das Gericht des Tages: Lasagne mit oder ohne Fleisch. Während des Essens setzte sich die 75-Jährige Pianistin Natalia Ramazanova an das Klavier und begleitete den Mittagstisch musikalisch. Seit fast zwei Jahren lebt die gebürtige Ukrainerin aus Slowjansk in Augsburg und kommt bei verschiedenen Veranstaltungen der Stadt ihrer Liebe zur Jazzmusik nach. Auch in den kommenden Tagen ist ein vielfältiges Rahmenprogramm um die Vesperkirche geplant. Unter anderem gibt es in den Räumlichkeiten der Kirche einen Secondhand-Markt, Infostände von medizinischen und sozialen Einrichtungen sowie kostenlose Haarschnitte und verschiedene Vorträge. "Wir sind allen, die sich so tatkräftig engagieren, sehr dankbar, ohne sie würde das alles nicht stattfinden", betont Pfarrerin Marianne Werr. Die Veranstaltung sei mit ihren vielen Helferinnen und Helfern, Programmgestaltern und Sponsoren von allen für alle - ein wahres Gemeinschaftsprojekt. Das Essen wird täglich frisch von der Küche der Naumanns zubereitet und durch Sponsoren finanziert. Die Getränke werden für den gesamten Zeitraum von der Riegele Brauerei gestellt und auch für Kaffee und Kuchen ist gesorgt.
Johanna und Judith sind Freundinnen und ebenfalls zur Eröffnungsfeier nach Pfersee gekommen. "Ich habe durch meine Mutter von der Aktion erfahren und bin daher heute mitgekommen", erzählt Judith. "Wir haben uns auch für einen Tag als Helferinnen eingetragen und sind heute aber zum gemeinsamen Essen da." Auch Johanna gefällt der soziale Aspekt sehr. "Ich finde, man kann sich hier am Tisch gut unterhalten. Man begegnet sich ganz ungezwungen auf Augenhöhe", berichtet die 17-Jährige.
Info: Die Vesperkirche in der Kirche St. Paul findet täglich bis zum 17. März statt. Ab 1 Euro Eintrittspreis gibt es dort jeden Tag ab 12 Uhr ein warmes Gericht und Getränke. Eine Anmeldung ist nicht nötig. Informationen gibt es unter www.vesperkirche-augsburg.de oder auf der Instagramseite vesperkirche_augsburg.