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Augsburg: Gibt es ein Problem mit jungen Migranten?

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Gibt es ein Problem mit jungen Migranten?

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    Junge Zuwanderer im Blick der Polizei: Die Beamten fahren derzeit vor allem am Königsplatz häufiger Streife.
    Junge Zuwanderer im Blick der Polizei: Die Beamten fahren derzeit vor allem am Königsplatz häufiger Streife. Foto: Silvio Wyszengrad

    Die Meinungen gehen auseinander. CSU-Stadtrat Peter Schwab ist sauer. „Das sind keine Flüchtlinge, das sind Lügner und Betrüger“, schreibt der Kommunalpolitiker, der als Polizist arbeitet, im Internet. „Wer wirklich Schutz und Hilfe sucht, führt sich nicht so auf und beißt nicht die Hand, die ihn füttert.“ Ein anderer Internetnutzer dagegen bezeichnet die Polizeimeldungen der vorigen Woche als „rassistisch“. Medienberichte, wonach die Polizei mehrfach Ärger mit jungen Migranten hatte, seien „Hetze“.

    Hat Augsburg ein Problem mit jungen Menschen, die aus dem Ausland stammen – oder nicht? Seit die Polizei meldete, dass sie am vergangenen Dienstag in Kriegshaber eine Massenschlägerei mit über 100 Jugendlichen gerade noch verhindern konnte, wird darüber diskutiert. Polizisten berichten, es gebe seit einiger Zeit verstärkt Ärger mit Gruppen von jungen Migranten, die sich vor allem in der Innenstadt aufhalten. Die Jugendlichen geraten demnach öfter untereinander in Streit. Und Passanten, heißt es, fühlten sich durch lautes und teils aggressives Verhalten gestört. Am Montag vergangener Woche wurde ein 15-jähriger Iraker am Rathausplatz durch Schläge verletzt. Bei einer Kontrollaktion am Donnerstag am Kö konnten die Beamten nur mit Mühe dafür sorgen, dass sich die jungen Migranten an die Anweisungen hielten. Einem Syrer nahmen sie einen Lautsprecher ab, weil er sich weigerte, die Musik leiser zu stellen. Ein anderer kam in den Arrest, weil er einen Platzverweis nicht befolgte.

    Verhinderte Massenschlägerei: Was die Polizei jetzt unternimmt 

    Woran liegt es?

    Einer, der die Berichte über die jungen Migranten aufmerksam verfolgt, ist Matthias Schopf-Emrich. Er arbeitet in der Flüchtlingshilfe der Diakonie und sitzt im Vorstand des Vereins Tür an Tür, der sich der Integration verschrieben hat. Ein generelles Problem sieht er nicht. Viele arbeiteten hart, um sich zu integrieren, sagt er. Er hat aber auch eine Erklärung dafür, weshalb einige junge Zuwanderer über die Stränge schlagen. Kinder von Asylbewerbern müssten plötzlich mit einem ganz anderen Umfeld und neuen Regeln klarkommen. Auch für die Eltern sei alles neu – so entstehe oft ein „erzieherisches Vakuum“. Es fehle dann eine Instanz, die den Jugendlichen klare Grenzen aufzeige.

    Dazu komme die Erfahrung der jungen Migranten, dass sich die Polizei in Deutschland ganz anders verhalte als in ihren Heimatländern. Sie legten das dann als „Schwäche“ aus. Und: „Ein Teil der Flüchtlinge hat zuvor auf der Straße gelebt, mit ganz anderen Freiheiten.“ Der Flüchtlingshelfer ist überzeugt, dass sich solche Probleme mit der Zeit lösen lassen. In den 1990er-Jahren habe es mit jungen Russlanddeutschen, die damals nach Deutschland kamen, ähnliche Vorfälle gegeben. Damals kam es wiederholt zu Schlägereien. Heute sei das längst kein Thema mehr. Matthias Schopf-Emrich sieht zwei wichtige Ansätze, wie man mit den Jugendlichen umgehen sollte. Zum einen müssten Polizei und Justiz rasch reagieren und zeigen, wo die Grenzen sind. Es seien aber auch Angebote wichtig, die den jungen Zuwanderern eine Perspektive geben – und Projekte, die sich gezielt mit „Macho-Verhalten“, das es teils bei jungen Zuwandern gebe, auseinandersetzen.

    Jugendliche werden gut betreut

    Als problematisch sieht man im Augsburger Jugendamt vor allem die Altersgruppe der 18- bis 25-jährigen Zuwanderer. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, von denen in Augsburg etwa 300 leben, seien in aller Regel gut betreut, sagt Manfred Klopf, der stellvertretende Amtsleiter. In den Wohngruppen gebe es zahlreiche Angebote und eine 24-Stunden-Aufsicht. Das ändere sich jedoch, sobald ein Asylbewerber volljährig wird. Zwar gebe es noch Unterstützung beim Übergang – dann aber müsse er relativ schnell auf eigenen Beinen stehen. Arbeiten sei aber oft verboten und es gäbe längere Wartezeiten für Sprachkurse und Berufsschulplätze. Dann entstehe Langeweile. Oder auch Frust, wenn ein junger Flüchtling keine Perspektive habe. In Bayern müssten Flüchtlinge ausreisen, obwohl sie einen Ausbildungsplatz haben und von ihrer Firma geschätzt werden. Eigentlich gelte die Regel, dass Azubis für die Zeit ihrer Lehre und weitere zwei Jahre ein Bleiberecht hätten. Im Freistaat sei das aber leider nicht immer gewährleistet, sagt Manfred Klopf. Manche Flüchtlinge erhielten zum 18. Geburtstag einen Glückwunschbrief von der Stadt – und den Ausreisebescheid des Ausländeramts. Das sei eine „gravierende Enttäuschung“.

    Die Polizei will die Jugendlichen, mit denen es zuletzt Schwierigkeiten gab, im Auge behalten. Nach Angaben eines Sprechers handelt es sich nicht nur Flüchtlinge, sondern auch um Jugendliche mit Migrationshintergrund, die länger oder schon immer in Deutschland leben. Am Königsplatz zeigt die Polizei mehr Präsenz – jedoch nicht alleine wegen der Jugendlichen. Die Beamten haben auch die Trinkerszene im Blick, die sich hier trifft.

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