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Augsburg: Attacke am Königsplatz: Schläge, die Leben zerstören

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Attacke am Königsplatz: Schläge, die Leben zerstören

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    Am Königsplatz in Augsburg hat sich kurz vor Jahreswechsel eine schwere Straftat ereignet – nicht zum  ersten Mal.
    Am Königsplatz in Augsburg hat sich kurz vor Jahreswechsel eine schwere Straftat ereignet – nicht zum ersten Mal. Foto: Annette Zoepf (Archivbild)

    In den sozialen Netzwerken im Internet gibt Manuel R. (Name geändert), anders als viele Gleichaltrige, nur wenig von sich preis. Die Beiträge, die teils mehrere Jahre alt sind, zeigen einen sehr jungen Menschen – ein Kind. Aber Manuel R. ist ja auch noch fast ein Kind, gerade einmal 18 Jahre alt, ein junger Mann, der seit dem vergangenen Wochenende in Untersuchungshaft sitzt. Die Staatsanwaltschaft Augsburg ermittelt wegen versuchten Totschlags gegen ihn und wirft ihm vor, einen 44-Jährigen schwer verletzt, ja fast umgebracht zu haben. Es ist ein Fall, der auch verdeutlicht, wie schwerwiegend die Folgen von Schlägereien im Nachtleben sein können.

    Denn wenn es stimmt, was die Ermittler der Kriminalpolizei derzeit annehmen, war es wohl vor allem ein Faustschlag, der dem 44-Jährigen gravierende Verletzungen zufügte. Wie berichtet, geriet der Mann am Samstag gegen 6 Uhr am Königsplatz in einen Streit mit Manuel R. und einem anderen 18-Jährigen, die Polizei spricht von einer "gegenseitigen körperlichen Auseinandersetzung". Manuel R. soll "erheblich alkoholisiert" gewesen sein, der 44-Jährige "überdurchschnittlich alkoholisiert". Eine alkoholgeschwängerte Situation, die hochkochte, so klingen die ersten Einschätzungen der Ermittler. 

    Der Königsplatz in Augsburg ist ein zentraler Treffpunkt – und leider auch ein Schwerpunkt für Gewalttaten.
    Der Königsplatz in Augsburg ist ein zentraler Treffpunkt – und leider auch ein Schwerpunkt für Gewalttaten. Foto: Ulrich Wagner (Archivbild)

    Und eine, die eigentlich schon hätte beendet sein können, als der 44-Jährige auf dem Boden lag und die beiden 18-Jährigen nach mehreren Tritten gegen ihn von dem Mann abließen. Laut Polizei stand der 44-Jährige allerdings wieder auf, folgte dem Duo und sprach es erneut an – daraufhin soll Manuel R. zugeschlagen haben. Die Verletzungen des Mannes waren so schwer, dass die Polizei ihn vor Ort reanimieren musste. Nach Informationen unserer Redaktion erlitt der 44-Jährige unter anderem eine Fraktur im Gesicht sowie weitere, schwerwiegende Verletzungen im Schädelbereich. Seither liegt er im Krankenhaus, ob und wann er von der Polizei vernommen werden kann, ist unklar. 

    Gewalttat in Augsburg: Mann muss nach Faustschlag wiederbelebt werden

    Einer, der sich mit gewalttätigen Jugendlichen und den Folgen von Auseinandersetzungen im Nachtleben gut auskennt, ist Erwin Schletterer. Er ist Leiter des Vereins "Die Brücke", der mit jungen Straffälligen arbeitet und unter anderem Anti-Gewalt-Trainings anbietet. In den Kursen, sagt Schletterer, versuche man den Jugendlichen zu verdeutlichen, was sie mit solchen Taten anrichten könnten. Die Experten des Vereins führen dabei herausgehobene Fälle an: den Tod des Geschäftsmannes Dominik Brunner etwa, der 2009 nach Schlägen von Jugendlichen an einem Müncher S-Bahnhof starb, auch den Tod eines 49-Jährigen, der 2019 nach dem Schlag eines damals 17-Jährigen am Augsburger Königsplatz ums Leben kam. Man thematisiere, "wie schnell ein Schlag ein Leben beenden kann", sagt Schletterer. Und das Leben weiterer Menschen zerstören könne, das der Angehörigen, auch das desjenigen, der zuschlage. Er beobachte, dass die Zündschnur vieler Jugendlicher derzeit kürzer sei als gewöhnlich, Konflikte also schneller mal eskalierten, möglicherweise auch eine Folge der Pandemie-Maßnahmen. 

    Was der konkrete Anlass war, dass die beiden 18-Jährigen und der deutlich ältere Mann am Samstag aneinandergerieten, ist noch unklar. Dass sich die beiden jungen Männer und das Opfer vor der Schlägerei kannten, ist eher unwahrscheinlich. Manuel R. kommt nach Recherchen unserer Redaktion aus dem Univiertel, lebte dort bis zu seiner Festnahme mit seiner Familie in einem der größeren Wohnblöcke in der Nähe der Uni. Eine unauffällige Wohnanlage, wie es im Stadtteil viele gibt, an diesem Nachmittag öffnet in dem Mehrparteienhaus niemand die Tür. Sein 18-jähriger Begleiter wohnt nach Angaben der Polizei in Kriegshaber. Der 44-Jährige lebte zuletzt im Hochfeld in einer kleinen Wohnung, offenbar alleine.

    Nach der Attacke am Königsplatz schweigen die Verdächtigen

    Beide Verdächtigen, von denen nur Manuel R. im Gefängnis sitzt, schweigen bislang zu den Vorwürfen. Die Polizei sucht weiter Zeugen, um den Fall aufzuklären, und dabei insbesondere eine Frau, die am Königsplatz die beiden 18-Jährigen aufgrund ihres Verhaltens angesprochen haben soll. Die Frau trug den Angaben zufolge einen Mantel, Jeans und eine dunkle Kopfbedeckung und hatte mehrere Plastiktüten dabei. Bei der Polizei gemeldet hat sich die Zeugin bislang noch nicht. 

    Das Univiertel in Augsburg: Aus diesem Stadtteil stammt der mutmaßliche Täter - das 44-jährige Opfer kannte er vor der Auseinandersetzung am Königsplatz wohl nicht.
    Das Univiertel in Augsburg: Aus diesem Stadtteil stammt der mutmaßliche Täter - das 44-jährige Opfer kannte er vor der Auseinandersetzung am Königsplatz wohl nicht. Foto: Silvio Wyszengrad

    Wenn gegen einen Beschuldigten wegen eines bestimmten Verdachtes ermittelt wird, heißt das nicht, dass jemand zwangsläufig auch wegen dieses Deliktes verurteilt werden muss, zumal bis zu einem möglichen Urteil in einem Prozess die Unschuldsvermutung gilt. Im Fall von Manuel R. geht die Staatsanwaltschaft derzeit vom Vorwurf des versuchten Totschlags aus, was bedeutet, dass die Ermittler annehmen, dass der 18-Jährige einen Tötungsvorsatz hatte. Ähnlich war es auch beim tödlichen Schlag am Königsplatz 2019 gewesen, damals hatten die Ermittler zunächst wegen Totschlags gegen den Täter ermittelt. Verurteilt wurde der 17-Jährige letztlich allerdings wegen Körperverletzung mit Todesfolge. 

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