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Augsburg: Geplanter Süchtigentreff: Bürger treiben bei Versammlung die Stadt vor sich her

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Geplanter Süchtigentreff: Bürger treiben bei Versammlung die Stadt vor sich her

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    Die Aktionsgemeinschaft "Unser Oberhausen" um die Initiatoren Maximilian-Philipp Walser und Alexander Ferstl will den Süchtigentreff in St. Johannes verhindern.
    Die Aktionsgemeinschaft "Unser Oberhausen" um die Initiatoren Maximilian-Philipp Walser und Alexander Ferstl will den Süchtigentreff in St. Johannes verhindern. Foto: Annette Zoepf

    Es gab viel Redebedarf am Donnerstagabend im Pfarrsaal von St. Konrad. Bereits 20 Minuten vor Beginn der Bürgerversammlung waren alle 150 vorgesehenen Sitzplätze belegt. Weitere Gäste mussten mit Stehplätzen am Rand und hinter der Bestuhlung vorliebnehmen. Grund des zahlreichen Erscheinens war vor allem die Diskussion um den geplanten Süchtigentreff im Pfarrzentrum von St. Johannes. Die kürzlich ins Leben gerufene Aktionsgemeinschaft "Unser Oberhausen" mobilisierte ihre Unterstützer, um den Standort im Südosten Oberhausens zu verhindern. Für ihre Anträge bekamen die Initiatoren Alexander Ferstl und Maximilian-Philipp Walser eine breite Unterstützung vom Plenum. Der Stadtrat muss sich nun damit befassen.

    'I love my hood Oberhausen', auf Deutsch "Ich liebe mein Oberhausen" – mit bedruckten T-Shirts zeigten die Unterstützer der Aktionsgemeinschaft Präsenz im vollen Pfarrsaal. Ferstl und Walser sammelten die Anträge aus den Reihen des losen Verbundes und übergaben sie gebündelt an Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU). Hauptanliegen bleibt, den geplanten Süchtigentreff in St. Johannes zu verhindern. Der erste Antrag beinhaltet ein komplettes Ende der Planungen rund um die Kirche. So heißt es: "Der Standort St. Johannes für ein neues Suchthilfekonzept der Stadt Augsburg wird nicht weiterverfolgt."

    Alle Sitzplätze belegt: Bürgerversammlung im Pfarrsaal St. Konrad war sehr gut besucht.
    Alle Sitzplätze belegt: Bürgerversammlung im Pfarrsaal St. Konrad war sehr gut besucht. Foto: Annette Zoepf

    Ferstl und Walser begründen dies mit früheren Stadtratsbeschlüssen zum integrierten Handlungskonzept Oberhausen-Mitte und Vorgaben aus den Sanierungsgebieten "Flurstraßenviertel" und "Hettenbachviertel". Im Handlungskonzept heiße es, "dass ein übergeordnetes Ziel der Sanierung darin besteht, die Wohnfunktion und die wohnungsnahe Versorgung zu stärken". Dies bedeute auch, dass künftig die das Wohnen störenden Faktoren kritischer gesehen und gegebenenfalls restriktiver behandelt werden müssten. Das Handlungskonzept erkenne um St. Johannes ausdrücklich das sensibelste Gebiet mit dem höchsten Entwicklungspotenzial, so die Antragsteller. Ein Drogentreffpunkt gehöre dort nicht hin. 

    Süchtigentreff bei St. Johannes: Anwohner fordern anderen Standort

    Beinahe einstimmig nahmen die Teilnehmer der Bürgerversammlung den Antrag an. Dazu gab es großen Beifall. Die Stadtregierung hatte bei der Veranstaltung mit Gegenwind gerechnet. Weber beteuerte mehrfach, dass man es sich mit der Auswahl des Standortes nicht leicht mache. Ferstl sagt auf Anfrage unserer Redaktion, dass das Konzept der Stadt rund um den Süchtigentreff zwar gut sei, nur der vorgesehene Standort komplett ungeeignet. 

    Deshalb fordert die Aktionsgemeinschaft in einem weiteren Antrag die Suche nach Alternativstandorten. In einer langen Liste an Vorschlägen nennt man beispielsweise das Industriegebiet an der Riedingerstraße in Oberhausen, inklusive der städtischen Liegenschaft, die aktuell durch den Abfallwirtschaftsbetrieb genutzt wird, oder die leer stehende ehemalige Lagerhalle und ein Wohnhaus in der Austraße, "die derzeit bereits als Übernachtungsmöglichkeit von Süchtigen genutzt werden", so die Antragssteller.

    Ferstl sagt, dass es maßgeblich an den Alternativstandorten hänge, ob es eine Umkehr der Stadt geben werde. "Wenn es gelingt, ernsthafte Alternativen darzustellen, dann bin ich optimistisch." Klar sei aber auch, dass jeder Standort Vor- und Nachteile habe, es werde um eine Abwägung gehen.

    Augsburger Stadtrat befasst sich in den nächsten drei Monaten mit Anträgen

    Die weiteren Anträge zeigten: Sollte sich die Stadt trotz teils massiven Widerstands für St. Johannes als Standort entscheiden, würde die Aktionsgemeinschaft ihr das Leben weiterhin schwer machen. So fordert ein Antrag einen Probebetrieb für maximal zwei Jahre, sollte sich der Stadtrat für St. Johannes aussprechen. Ein weiterer Antrag fordert "eine halbjährliche Evaluation der Entwicklungen und der Zustände rund um die Einrichtung St. Johannes und das angrenzende Wohnviertel". Weit in die Zukunft gedacht sieht ein zusätzlicher Antrag vor, dass nach einer möglichen Festlegung auf St. Johannes "eine Verlängerung nur durch einen neuerlichen Stadtratsbeschluss und unter Einbeziehung sämtlicher Ergebnisse der Evaluationen während des zweijährigen Probebetriebs möglich" sein dürfte. Eine Verlängerung könnte dann erneut nur für maximal zwei Jahre erfolgen, so die Antragsteller.

    Unabhängig vom künftigen Standort sind die Sorgen vieler Anwohner in Oberhausen groß. Deshalb fordert die Aktionsgemeinschaft in einem Antrag, eine "Bannmeile" einzuführen. Demnach dürfte der Süchtigentreff in Oberhausen oder im Bärenkeller nur an einem Ort errichtet werden, der mindestens 300 Meter von "besonders schützenswerten Institutionen wie Schulen, Kindergärten, Kitas, Sportstätten und Parks, die im Wesentlichen von Kindern und Familien besucht werden", entfernt liegt. 

    Da alle – insgesamt neun – Anträge mit einer großen Mehrheit angenommen wurden, muss sich der Stadtrat innerhalb der nächsten drei Monate damit befassen. Weber betonte bei all dem Applaus und Jubel im Publikum, dass dies nicht bedeute, dass die Anträge im Stadtrat auch durchgehen würden. Die Bürgerversammlung nahm ebenfalls den Antrag an, die Abstimmung über den Standort St. Johannes im Stadtrat namentlich und öffentlich durchzuführen. Öffentlich sind die Stadtratssitzungen sowieso. Eine namentliche Abstimmung hätte in diesem Fall aber rechtliche Hürden, so Weber. Der Antrag dürfte also nach Prüfung nicht mal den Stadtrat erreichen. 

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