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Augsburg: Geologen messen das Grundwasser in Augsburg und im Lechtal an 5000 Stellen

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Geologen messen das Grundwasser in Augsburg und im Lechtal an 5000 Stellen

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    Die Geologen Marco Kerl (links) und Timo Spörlein messen den Grundwasserstand hinter der City-Galerie. Diese Woche läuft eine große Messkampagne in Augsburg und im Lechtal.
    Die Geologen Marco Kerl (links) und Timo Spörlein messen den Grundwasserstand hinter der City-Galerie. Diese Woche läuft eine große Messkampagne in Augsburg und im Lechtal. Foto: Michael Hochgemuth

    Timo Spörlein und Marco Kerl stehen hinter dem großen Einkaufscenter City-Galerie an einem kleinen unscheinbaren Rohr, das aus dem Boden ragt. Das Stahlrohr mit Deckel ist eine der Grundwassermessstellen in Augsburg. Vorsichtig lassen die beiden an einem langen Kabel eine Messsonde im Rohr hinunter. Das Spezialgerät, ein Lichtlot, gibt ein Geräusch von sich, als es weiter unten auf Wasser trifft. Dann lesen die beiden die Daten am Maßband ab und wissen Bescheid, wie es hier mit dem Grundwasser aussieht. Das geht recht schnell. Aber damit ist die Arbeit längst nicht getan.

    Diese Woche läuft eine große Grundwasser-Messkampagne. Geowissenschaftler des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU) und der Technischen Universität München (TUM) sind in Augsburg und im Lechtal zwischen Donauwörth und Schwabmünchen unterwegs, unterstützt von mehreren Partnern. Bei der Kampagne werden tausende Bohrungen ausgewertet und an über 5000 Grundwassermessstellen und Brunnen Messwerte erhoben. Ermittelt wird zudem der Wasserspiegel an Flüssen wie Lech, Wertach, Singold und Schmutter sowie an Baggerseen in der Region. Ziel sei es, das Grundwasser möglichst genau zu erfassen, erläutert Diplom-Geologe Timo Spörlein vom LfU. In welcher Tiefe befindet es sich? Wohin strömt es? Und welche Temperatur hat es?

    Martin Scholz bestimmt mit einem differentiellen GPS den Wasserspiegel in Gewässern..
    Martin Scholz bestimmt mit einem differentiellen GPS den Wasserspiegel in Gewässern.. Foto: Michael Hochgemuth

    Mit all diesen Informationen sollen dreidimensionale Modelle des Grundwassers entstehen. Anschließend werden in Computermodellen aus diesen Messungen dreidimensionale Grundwasserkörper erstellt, in denen das Wasservolumen, die Strömungsrichtung und die jeweilige Temperatur in der Tiefe dargestellt werden kann. Diese Methode soll unter anderem Kommunen ein modernes Untergrundmanagement ermöglichen, sagt Spörlein – etwa beim Bau von neuen Trinkwasserbrunnen oder bei der Wassernutzung für Geothermie. Auch für Baumaßnahmen sind die Daten wichtig.

    Auch Tiefgaragen erwärmen das Grundwasser in Augsburg

    Hinter der City-Galerie kommt das Grundwasser an diesem Tag 4,03 Meter unterhalb des Messpunktes. Es hat eine Temperatur von 15,4 Grad. Wie Geologe Marco Kerl von der TUM erklärt, gibt es zwischen Stadt und Land große Unterschiede. "Südlich von Augsburg ist das Grundwasser kälter, es hat im Schnitt etwa zehn Grad." Wenn der Grundwasserstrom durchs Stadtgebiet fließt, wird er deutlich wärmer. Das Wasser erwärmt sich beispielsweise durch Rohrleitungen und Abwasserkanäle, die in der Erde liegen. Von Gewerbe- und Industriebauten strahlt Wärme ins Grundwasser ab. "Auch Tiefgaragen wirken ähnlich wie ein Tauchsieder aufs Grundwasser", sagt Spörlein. In München etwa sei diese Wirkung besonders deutlich. Unterm Stachus sei das Grundwasser bis zu 20 Grad warm.

    Spörlein sagt, es gebe Bedarf an neuen Daten, und das aus verschiedenen Gründen. Einerseits seien herkömmliche Grundwasserkarten teils über 20 Jahre alt und vom Maßstab relativ grob. "Andererseits nimmt der Nutzungsdruck zu." Das neue digitale 3D-Modell soll die Grundwasser führenden Schichten im Boden künftig hochauflösend bis auf Zentimeter genau zeigen, so Kerl. München arbeitet nach Angaben der beiden Experten schon mit solchen Daten: zum Beispiel bei der Planungen für die zweite S-Bahn-Stammstrecke. Auch fürs Heizen oder Kühlen von Gebäuden oder für die U-Bahn werden die geologischen Daten herangezogen.

    Warmes Grundwasser hält Fußballrasen schneefrei

    Nach der Augsburger Messkampagne werden Ergebnisse der komplexen Datenanalyse bis Ende 2023 erwartet. Danach soll die Stadt damit arbeiten können. Übers Grundwasser genau Bescheid zu wissen, ist nicht nur bei Bauprojekten wichtig. Schließlich sollen Keller oder Tiefagaragen nicht überraschend unter Wasser stehen. Auch für Firmen und Privatleute seien aktuelle Daten ein Vorteil, so Spörlein, etwa wenn Produktionshallen oder Rechenzentren mit Grundwasser gekühlt werden sollen, oder wenn eine Grundwasser-Wärmepumpe zum Heizen eingebaut werden soll. Sogar in Fußballstadien wird warmes Grundwasser eingesetzt, um den Rasen schneefrei zu halten. Nicht zuletzt mit Blick auf den Klimawandel seien die Daten interessant, sagen die Experten.

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