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Augsburg: Gefahren im Wasser: Ehrenamtliche zeigen, wie sie Menschenleben retten

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Gefahren im Wasser: Ehrenamtliche zeigen, wie sie Menschenleben retten

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    Die Zuschauer verfolgen am Kuhsee eine Übung, bei der es in der Realität um Leben und Tod gehen würde: Ein Jugendlicher droht zu ertrinken und wird dank Taucher und Rettungshundestaffel gerettet.
    Die Zuschauer verfolgen am Kuhsee eine Übung, bei der es in der Realität um Leben und Tod gehen würde: Ein Jugendlicher droht zu ertrinken und wird dank Taucher und Rettungshundestaffel gerettet. Foto: Bernd Hohlen

    Wenn es ernst wird, muss jeder Handgriff sitzen. Zeit entscheidet über Leben und Tod. Vor etwa 200 Zuschauerinnen und Zuschauern zeigten Wasserrettungshunde, Rettungshundestaffel, Wasser- und Bergwacht was sie drauf haben. Alle Disziplinen sind Teil des Bayerischen Roten Kreuzes Augsburg Stadt.

    Das Szenario, das sie für ihre Vorführung aufgebaut haben, hat auch in Deutschland längst keinen Ausnahmecharakter mehr. Es herrscht Hochwasser. Auf einem Hausdach, das noch aus den Wassermassen des Kuhsee herausschaut, winken und schreien vier Jugendliche, bis einer ins Wasser fällt. Ein Nichtschwimmer. Von rechts braust das Rettungsboot der schnellen Einsatzgruppe der Augsburger Wasserwacht heran, ein angeseilter Taucher lässt sich ins Wasser, um nach einem weiteren Vermissten zu suchen. Über die Halteleine kommuniziert er per Kabel mit der Besatzung.

    Beim Blaulichttag des Bayerischen Roten Kreuzes Augsburg-Stadt am Kuhsee zeigen Golden Retriever Whiskey mit Christine Frey (links) und Labradorhündin Lara mit Tina Kerler ihr Können.
    Beim Blaulichttag des Bayerischen Roten Kreuzes Augsburg-Stadt am Kuhsee zeigen Golden Retriever Whiskey mit Christine Frey (links) und Labradorhündin Lara mit Tina Kerler ihr Können. Foto: Bernd Hohlen

    Vom Ufer aus rennen Labrador Lara und Retriever Whiskey in ihren neongelben Prallwesten los, stürzen sich zusammen mit ihren Hundeführerinnen Tina Kerler und Christine Frey in das gefährliche Nass. Zügig erreichen sie den Nichtschwimmer, der unweit des Kuhseestegs im Wasser schreit und winkt. Der Golden Retriever bekommt die Leine der mitgeführten Boje ins Maul, Frey nimmt den panischen Jungen in den rückwärtigen Kinngriff, beginnt, beruhigend auf ihn einzureden. Sie hält die Boje, die Whiskey paddelnd ans Ufer zieht.

    "Whiskey weiß genau, was zu tun ist, er muss immer eine Armlänge rechts von mir paddeln, damit ich ihn ohne weitere Befehle fassen kann, wenn es nötig ist", erklärt Christine Frey. Retriever seien eigentlich eine Züchtung für die Jagd, berichtet sie. Whiskey ist seit April Azubi in der Wasserrettungshundestaffel. Eigentlich dauert die Ausbildung für Mensch und Tier zwei Jahre. Doch die zwei sind besonders, Whiskey wird seine Prüfung schon im September zur Prüfung antreten. Dass er besonders ist, spüren auch die Familien, die sich nach der Kuhsee-Rettungsaktion um den Stand Hundestaffel drängen.

    Die Wasserwacht wirbt in Augsburg um Nachwuchs im Ehrenamt

    Zehn solcher Doppelteams mit Hund und Mensch sind derzeit in der Kreiswasserwacht Augsburg-Stadt ausgebildet und im Einsatz, berichtet Saskia Greiner, ebenfalls Hundetrainerin, die diesen "Fachdienst" vor vier Jahren mitgegründet hat. Inzwischen wird die Abteilung bayernweit angefordert. "Wir sind bis zum Ammersee im Einsatz. Auch mal bei einem Triathlon, um die Wasserstrecke zu sichern", berichtet Tina Kerler. Die Bautechnikerin reist mit Lara für ihr Training und die Bereitschaften jedes Mal aus dem Allgäu an. Geld gibt es keines, noch nicht mal die Kosten für die Anreise. Gut findet die 30-Jährige das nicht. "Es ist halt echtes Ehrenamt. Wir legen sogar drauf. Aber es macht sehr viel Spaß, ist eine gute, auch soziale Abwechslung."

    Der Blaulichttag des BRK Augsburg Stadt ist ein traditionelles Familien-Event, bei dem auch um junge neue Aktive geworben wird. "Nachwuchs geht immer", das sagen Greiner und Matthias Sporck, der Vorstand der Wasserwachtstation am Kuhsee, übereinstimmend. "Wir haben eine sehr aktive Jugend, aber es wäre schon toll, wenn wir noch mehr werden würden", so Sporck. Er selbst wurde in eine Familie von Wasserwachtlern hineingeboren. Schwimmen konnte er schon mit vier Jahren. Mehr Einsätze, weil die Augsburger schlechter schwimmen können, kann er so nicht bestätigen. Es hänge vom Wetter und von der Frequentierung der Gewässer ab.

    Rund 800 Besucherinnen und Besucher kommen an den Kuhsee

    Doch zwei Familien aus Hochzoll, die sich mit ihren Söhnen begeistert die Show ansehen, haben Bedenken. "Wir haben versucht, unserem Sohn in einem Schwimmbad das Schwimmen beizubringen. Aber die Nutzung zum Beispiel im Spickelbad, ist so stark auf Schulen und Vereine beschränkt, dass man auf einen kommerziellen Anbieter von Schwimmkursen zurückgreifen muss", erklärt Julia. Diese Anbieter kosten, so ihre Erfahrung, zwischen 60 und 180 Euro im Monat. Ihren Nachnamen will sie lieber nicht preisgeben. Auch Jason, 11, lernte in einer solchen Schwimmschule. Seine Mutter findet, Schwimmenlernen dürfe kein Kostenfaktor sein. Sonst sei es auch nicht verwunderlich, wenn immer weniger Kinder schwimmen könnten.

    Timo Tempelmann von der Wasserwacht Kuhsee zeigt sich am späteren Nachmittag zufrieden mit dem Interesse am Blaulichttag. "Die Stände sind voll, die Leute löchern uns mit Fragen. Ich denke, trotz des Regens haben etwa 800 Besucherinnen und Besucher unsere Arbeit gesehen, das ist fast Vor-Pandemie-Niveau."

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