Noch geht es für die geflüchteten Frauen und Kinder aus der Ukraine vor allem um ein Dach über dem Kopf und die Versorgung mit dem Nötigsten. Doch schon jetzt hört man von vielen, die in Augsburg und der Region untergekommen sind, den Wunsch, für ihren Lebensunterhalt selbst zu sorgen, um niemandem zur Last zu fallen. Die Geflüchteten treffen auf einen Arbeitsmarkt, in dem engagierte Mitarbeiter so dringend gesucht werden wie selten zuvor.
Vor wenigen Tagen hat Antonina aus Kiew eine kleine eigene Unterkunft in der Stadt für sich und ihren behinderten Mann gefunden. Es geht dem Paar den Umständen entsprechend gut, doch die Frage nach Arbeit treibt die Friseurin um. "Ich bin gut in meinem Beruf und würde mich so gerne wieder einbringen", sagt sie. In
Rechtlich sei es für die Flüchtlinge aus der Ukraine jederzeit möglich, eine Arbeit aufzunehmen, heißt es von der Arbeitsagentur in Augsburg. Über den Schutz der Massenzustrom-Richtlinie erhalten sie eine Aufenthaltserlaubnis, die auch den Arbeitsmarktzugang beinhaltet, erklärt die Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Augsburg, Elsa Koller-Knedlik. Die wichtigste Voraussetzung für Arbeit in Deutschland sei sicherlich die Sprache. Dazu sollen die Geflüchteten schnellstmöglich Zugang zu Integrationskursen erhalten. "Auch die darauf aufbauenden Berufssprachkurse stehen Menschen mit einem Arbeitsmarktzugang offen", betont Koller-Knedlik.
Arbeitsagentur berät Geflüchtete aus Ukraine bei Anerkennung von Abschlüssen
Wenn es um die Anerkennung von Berufsabschlüssen geht, gibt es bei der Arbeitsagentur das Förderprogramm "Integration durch Qualifizierung (IQ)", bei der in verschiedenen Sprachen diese Thematik behandelt wird. "Wir stehen mit unserem Beratungs- und Vermittlungsangebot den Geflüchteten zur Seite, zudem wird es wieder ein spezielles Team an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wie 2015 geben, das sich verstärkt um geflüchtete Menschen kümmern wird", so die Agenturchefin. Zudem sei die Agentur für Arbeit Augsburg in ein dichtes Netz an Arbeitsmarktakteuren eingebunden, wie Kommunen, Tür an Tür und weitere. "Mit diesen Partnern befindet sich die Agentur für Arbeit Augsburg bereits im Gespräch."
In der Gastronomie und Hotellerie herrscht nach dem Corona-Lockdown ein enormer Mitarbeitermangel. Aus diesem Grund werde beim Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) gerade intensiv diskutiert, was man den Frauen aus der Ukraine anbieten könne, berichtet Augsburgs DEHOGA-Vorsitzender Leo Dietz. Neben rechtlichen Themen wie der Krankenversicherung sei vor allem die Kinderbetreuung eine Frage, die geklärt werden müsse. Tätigkeiten, die auch mit geringen Sprachkenntnissen ausgefüllt werden können, gebe es in diesem Bereich genügend. "Housekeeping, Zimmer, Küche - in gastfernen Tätigkeiten geht immer etwas", ist er überzeugt. Wenn das Sprachproblem erst einmal behoben sei, gebe es noch weitaus mehr Bereiche, wo dringend Mitarbeiter gesucht würden, so Dietz.
Wieder mit Kindern zu arbeiten, wäre Marinas größter Wunsch. In der Ukraine hat die Regisseurin und Drehbuchautorin in Kindergärten Theaterstücke mit den Kleinen einstudiert. Daneben war sie als Moderatorin auf Hochzeiten und Geburtstagsfeiern im Einsatz. "Wenn der Krieg länger dauert, wäre ich auch bereit, in Deutschland eine Ausbildung zur Erzieherin zu machen", sagt die 25-Jährige. Sie hofft, dass sie bald in einen Deutschkurs kann. "Wenn man hier lebt, hängt alles an der Sprache", ist sie überzeugt. Und auch Marina sagt, dass sie sich für den Übergang jede andere Tätigkeit vorstellen könne.
Diakonie Augsburg möchte Frauen aus der Ukraine beschäftigen
Auch bei der Diakonie Augsburg mache man sich Gedanken um die geflüchteten Frauen, sagt deren theologischer Vorstand, Pfarrer Fritz Graßmann. "Zunächst geht es mal darum, den Menschen zu helfen, und nicht, Vorteile für den Arbeitsmarkt herauszuholen", betont der Pfarrer. Doch wenn die Frauen erst einmal in Ruhe angekommen seien, könnten sie eine enorme Bereicherung für den sozialen Bereich darstellen. "Alle Pflegeheime und ambulanten Dienste suchen händeringend nach Kräften", weiß er. Weil schon jetzt viele Frauen aus Osteuropa und der Ukraine in Augsburg in diesem Bereich tätig sind, sei die berufliche Integration für die Geflüchteten einfach. "Wir würden sehr gerne Frauen aus der Ukraine in unsere Einrichtungen aufnehmen", betont er.
Auch Graßmann sieht die Kinderbetreuung als eine Aufgabe, die schnell angegangen werden muss. "Man könnte Kindergruppen einrichten, die von einer hauptamtlichen Kraft geleitet und von Müttern oder Großeltern aus der Ukraine unterstützt werden", so seine Vorstellung. Den Wunsch vieler Frauen, möglichst schnell Arbeit zu finden, kann er nachvollziehen. "Arbeit gibt Menschen ja auch einen Sinn und das Gefühl, etwas im Leben bewirken zu können", ist der Pfarrer überzeugt.