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Augsburg: Für arme Menschen wird die Wohnungssuche in Augsburg nun noch schwieriger

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Für arme Menschen wird die Wohnungssuche in Augsburg nun noch schwieriger

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    Die Mietobergrenzen mussten in Augsburg angepasst werden, der bisherige Bemessungs-Maßstab der Stadt rechtlich nicht zulässig ist. Das wird die Wohnungssuche für Leistungsbezieher erschweren.
    Die Mietobergrenzen mussten in Augsburg angepasst werden, der bisherige Bemessungs-Maßstab der Stadt rechtlich nicht zulässig ist. Das wird die Wohnungssuche für Leistungsbezieher erschweren. Foto: Silvio Wyszengrad

    Mieter und Mieterinnen mit wenig Geld werden sich in Zukunft bei der Wohnungssuche in Augsburg schwerer tun: Die Mietobergrenzen, bis zu denen die Miete für Hartz-IV-Empfänger übernommen wird, werden teils erheblich gesenkt. Mit gewissen Bauchschmerzen stimmte der Stadtrat noch im alten Jahr mehrheitlich zu. Ein-Personen-Haushalte dürfen künftig 460 Euro Miete geltend machen (bisher 525 Euro), für einen Drei-Personen-Haushalt sinkt die Obergrenze von bisher rund 758 Euro auf 653 Euro - und das, obwohl die Mieten in Augsburg in den vergangenen vier Jahren um 20 Prozent gestiegen sind. Nun ist die Sorge groß.

    Der Wohnungsmarkt sei bisher schon angespannt gewesen und die Klientinnen und Klienten der Wohnungsnotfallhilfe des SKM hätten ohnehin oft mit Stigmatisierungen zu kämpfen, sagt Sozialarbeiterin Verena Ryssel. Die Situation würde sich jetzt verschärfen: "Der für sie relevante Markt schrumpft nun leider noch weiter."

    Hintergrund der Änderungen ist, dass der bisherige Bemessungs-Maßstab der Stadt rechtlich nicht zulässig ist. Für die neue Regelung wurde aus dem Datensatz des Mietspiegels, der seit 1. Dezember gilt, berechnet, was die günstigsten 25 Prozent der Wohnungen kosten. An dieser Trennlinie orientiert sich die Angemessenheitsgrenze. Praktisch heißt das: Jede vierte Wohnung, die in Augsburg angeboten wird oder vermietet ist, käme für Leistungsbezieher in Frage. In Augsburg gibt es etwa 15.000 Leistungsempfänger und -empfängerinnen bei knapp 300.000 Einwohnern und Einwohnerinnen. Das Sozialreferat teilt auf Anfrage mit, dass zum Jahreswechsel 2741 Haushalte mit Wohnberechtigungsschein als wohnsuchend vorgemerkt waren, 485 von ihnen sind auswärtige Haushalte.

    Etwa 1700 Haushalte in Augsburg von Senkung der Mietzuschüsse betroffen

    Die neuen Grenzen gelten nur für neue Mietverhältnisse. Für bestehende Verträge soll die aktuelle Miete weiter gezahlt werden. Die Stadt schätzt, dass um die 1700 Haushalte betroffen sein dürften. Ihre Zahl werde aber mit der Zeit sinken, da viele Hartz-IV-Empfänger wieder in den Arbeitsmarkt zurückfinden. Bei einem Großteil derer, die Grundsicherung im Alter bekommen, werde die Miete unabhängig von der Härtefallregelung ohnehin aufgrund von Alter, Krankheit oder Behinderung anerkannt.

    Dass nur "angemessene Unterkunftskosten" übernommen würden, sei nicht neu, sagt Sozialreferent Martin Schenkelberg (CSU). "Im Gegenteil: Dass ein entsprechendes Konzept erarbeitet und angewendet wird, wurde vom Bundesgesetzgeber veranlasst. Besondere Härten gibt es immer wieder und so ist und bleibt die Entscheidung über die Anerkennung der Unterkunftskosten auch immer eine Einzelfallentscheidung." In diesem Zusammenhang sei wichtig: Niemand müsse ausziehen. Die Unterkunftskosten würden zwar nach Ablauf einer Frist gesenkt, ein Verbleib in der Wohnung sei jedoch möglich, sofern der Differenzbetrag selber getragen werden kann. Werde später eine angemessene Wohnung gefunden, würden die Kosten getragen, grundsätzlich auch inklusive Mietkaution sowie weiterer Kosten, wie etwa denen für den Umzug.

    Durch die Corona-Pandemie gibt es eine Sonderregelung

    Zudem weist Schenkelberg darauf hin, dass es aufgrund der Pandemie mindestens bis 31. März eine Sonderregelung nach dem Sozialschutz-Paket des Bundes gibt, wonach für sechs Monate die Aufwendungen für Unterkunft in tatsächlicher Höhe als angemessen gelten und erst danach ein Kostensenkungsverfahren einzuleiten sei. "Die Bundesregierung kann diese Regelung bis 31. Dezember 2022 mittels einer Rechtsverordnung verlängern", so der Sozialreferent.

    Im Sozialausschuss und im Stadtrat gab es kritische Fragen. Die Sozialfraktion gab zu bedenken, dass die Konkurrenz um günstige Wohnungen durch steigende Zahlen von Studenten und Studentinnen etwa durch die Medizinfakultät steigen werde. Stadtrat Peter Grab (WSA) sagte im Stadtrat, dass er die neuen Grenzen so nicht mittragen könne.

    Die Auswahl an bezahlbarem Wohnraum sei sehr gering, bestätigt auch SKM-Mitarbeiterin Verena Ryssel. Nicht nur seien auf dem Wohnungsmarkt zu wenige passende Wohnungen vorhanden, auch seien die Mietverhältnisse für die angegebenen Preise teilweise prekär. Zudem scheuten sich Vermieterinnen und Vermieter immer wieder, Personen im Leistungsbezug Wohnraum zu vermieten. Ryssel: "Aus unserer Sicht wäre es wichtig, der Kluft zwischen Arm und Reich in der Gesellschaft stärker entgegenzuwirken und die neu beschlossenen Anpassungen nochmals zu überprüfen."

    Anhaltend hohe Nachfrage nach bezahlbaren Wohnungen in Augsburg

    Durch die neuen Werte werden Mietpreise zwischen acht und neun Euro pro Quadratmeter erstattet. Zuvor war es etwa ein Euro mehr. Auch zum neuen Preis lässt sich etwas finden, in Inseraten macht das Preissegment bis neun Euro inzwischen aber nur noch rund sieben Prozent aus, so eine Auswertung der städtischen Wohnbaugruppe (WBG). Womöglich wird die Neuregelung auch bei der WBG für mehr Ansturm sorgen. "Die Ergebnisse des Augsburger Mietspiegels verdeutlichen einmal mehr, wie wichtig geförderter Wohnraum ist. Als größter Vermieter der Stadt setzen wir alles daran, die Mieten bezahlbar zu halten und neue Wohnungen auf den Markt zu bringen", so WBG-Chef Mark Dominik Hoppe. In ihren gut 10.000 Wohnungen (teils gefördert, teils frei vermietet) bietet sie eine Durchschnittsmiete von gut sechs Euro.

    Allerdings ist die Warteliste 2021 auf mehr als 8000 Personen gewachsen. Dies hänge mit der hohen Nachfrage nach bezahlbaren Wohnungen zusammen, so Sprecherin Iris Zeilnhofer. Laut WBG habe man allerdings auch mehrere tausend Bürger und Bürgerinnen angeschrieben, um in geförderten Sozial-Neubauprojekten auch den Anteil der Wohnungen, der aus Gründen der sozialen Durchmischung für Einkommensgruppen aus der Mittelschicht vorgesehen ist, voll zu bekommen. Wie berichtet hatte es dabei zuletzt gewisse Probleme gegeben.

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