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Augsburg: Leises Sterben: Fische in Augsburger Gewässern leiden unter dem Klimawandel

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Leises Sterben: Fische in Augsburger Gewässern leiden unter dem Klimawandel

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    Am Hochblass in Augsburg wird die Temperatur des Lechs regelmäßig gemessen. Im Schnitt ist das Wasser dort innerhalb von 30 Jahren um drei Grad wärmer geworden.
    Am Hochblass in Augsburg wird die Temperatur des Lechs regelmäßig gemessen. Im Schnitt ist das Wasser dort innerhalb von 30 Jahren um drei Grad wärmer geworden. Foto: Ulrich Wagner

    Die Regenfälle der vergangenen Tage haben Wirkung gezeigt. Innerhalb einer Woche ist die Temperatur des Wassers im Autobahnsee von angenehmen 23,6 Grad auf erfrischende 19,3 Grad gefallen. Während so mancher Badegast angesichts dieser Entwicklung vielleicht doch erst einmal wieder aufs beheizte Freibad ausweicht, ist der Temperatursturz für viele Fische und weitere Wasserbewohner im Autobahnsee ein Segen. Denn hier, wie auch in anderen Augsburger Seen, sowie in Wertach und Lech sind die durchschnittlichen Wassertemperaturen in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten beständig gestiegen. Die Folgen sind drastisch, sagen Experten wie der Chef des Augsburger

    Peter Steinle kennt als Vorsitzender des Fischereivereins viele Gewässer in und um die Stadt. Er und seine Mitglieder angeln unter anderem am Kuhsee und am Autobahnsee, aber auch in der Wertach und am Lech, und betrachten die Entwicklung der Wassertemperaturen seit Längerem mit Sorge. "Man merkt, dass das Wasser im Frühling viel früher warm wird und im Herbst auch länger warm bleibt." Früher konnte man auch im Sommer Fische nachsetzen. "Das machen wir jetzt gar nicht mehr", sagt Steinle. Und Forellen setzen die Augsburger Fischer mittlerweile kaum noch in stehende

    Mitte Juli hatte der Augsburger Autobahnsee fast 25 Grad

    24,9 Grad hat das Augsburger Gesundheitsamt bei seiner regelmäßigen Beprobung der Wasserqualität Mitte Juli etwa im Kuhsee gemessen. "Das packen Forellen einfach nicht mehr", sagt Steinle. Das Fischsterben in den Gewässern sei schon lange im Gange. Nur eben nicht sichtbar. "Forellen sterben heimlich, still und leise und sinken einfach auf den Grund." Anderen Arten wie Karpfen setzen die zunehmend hohen Temperaturen dagegen weniger zu. Und auch der Waller fühlt sich im fast badewannenwarmen Wasser pudelwohl. Die Tiere, die mehr als zwei Meter lang werden können, gebe es in allen Augsburger Gewässern, einschließlich der Stadtkanäle. 

    Das kann Christian Witt von der Fischereifachberatung Schwaben bestätigen. Auch er sieht die Erwärmung der Gewässer in und um Augsburg mit Sorge. 23,8 Grad hatte der Lech etwa Mitte Juli am Hochablass. Vor 30 Jahren lag die durchschnittliche Jahrestemperatur an der dortigen Messstelle noch bei etwa neun Grad, heute sind es zwölf. Für Forellen, deren Wohlfühltemperatur bei 14 Grad liegt, sind die derzeitigen Sommerspitzen schlichtweg zu viel. Auch Äschen und Huchen, die eher kälteres Wasser brauchen, kommen zunehmend an ihre Grenzen, sagt Witt. 

    In der Folge hat sich der Fischbestand in Lech und Wertach bereits deutlich verändert. Auf dem Vormarsch sind neben Waller und Karpfen etwa die Schmerle oder der Aitel, die mit den höheren Temperaturen und dem dadurch geringeren Sauerstoffgehalt im Wasser gut umgehen können. Doch der Klimawandel unter der Wasseroberfläche macht nicht bei den Fischen halt. Massiv davon betroffen sind auch die Kleinstlebewesen, sagt Witt. Hier bewege man sich in einer ähnlichen Größenordnung wie beim Insektensterben, wo von einem Rückgang von 70 Prozent die Rede ist. 

    Experte sieht mögliches neues Kraftwerk am Lech bei Augsburg kritisch

    Auch wenn in diesem Jahr die Temperaturen der Gewässer nicht in derartige Höhen geschnellt seien wie im Dürresommer 2022, plädiert Christian Witt für umfangreiche Maßnahmen, um die weitere Erwärmung der Gewässer zumindest auszubremsen. Dazu gehört etwa die Bepflanzung von Uferbereichen an kleineren Flüssen, die in Lech und Wertach münden. Allein durch deren Beschattung könnte die Temperatur an kleineren Bächen um bis zu drei Grad reduziert werden. Weiteren Spielraum sieht Witt am Lech auch bei der Einleitung von Wasser aus der Industrie. 

    Das sind die wichtigsten Maßnahmen von Licca Liber

    Der Lech wird von heute 70 auf 130 Meter aufgeweitet.

    Es entstehen 8,5 Kilometer Nebengewässer.

    Es entstehen 90 Hektar neue Auwälder, so genannte Sekundäraue.

    Von sechs Abstürzen im Lech werden vier komplett zurückgebaut und die übrigen beiden in langgezogene, für die Fische durchlässige Rampen verwandelt.

    Die Uferbefestigungen werden entfernt.

    "Viel Wärmeeinleitung kommt von großen Industrieanlagen. Hier könnte man schauen, dass die Abwärme von den Unternehmen noch besser genutzt wird." Um den empfindlicheren Fischarten kleine Kälte-Refugien zu schaffen, in denen sie den heißen Sommer überdauern können, wären am Leeren Lech unterhalb von Augsburg auch Maßnahmen an den sehr kalten Grundwasserzutritten sinnvoll, die tiefer ausgebaggert werden könnten. Die geplante Renaturierung des Lechs im Rahmen des Projekts "Licca liber" ist für Witt ein Schritt in die richtige Richtung. Pläne für ein neues Kraftwerk sieht er dagegen kritisch. Denn am Lech sei auch die Stauhaltung ein Teil des Problems. "Wenn das Wasser auf einer offenen Fläche steht, erwärmt es sich stärker." Und das sei das Letzte, was der Lech zusätzlich braucht.

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