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Augsburg: Forderung: Kapelle mit Partykeller soll erhalten bleiben

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Forderung: Kapelle mit Partykeller soll erhalten bleiben

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    Das Bistum will die Kapelle an der Schillstraße für neue Sozialwohnungen abreißen.
    Das Bistum will die Kapelle an der Schillstraße für neue Sozialwohnungen abreißen. Foto: Silvio Wyszengrad

    "Man hat seine Erinnerungen", sagt Wilhelm Schmid. Es war eine Zeit des Aufbruchs, als er Anfang der 1970er-Jahre an der Pädagogischen Hochschule (PH) in Augsburg studierte. Damals war er oft in der Kapelle – oder im darunter liegenden Raum für gesellige Zusammenkünfte. Nun meldet sich der pensionierte Lehrer aus Illertissen zu Wort, weil er sich eine Rettung dieses ungewöhnlichen Gotteshauses wünscht. Mit seinem Appell zum Erhalt ist er nicht der Einzige. Stimmen, die den geplanten Abriss kritisch sehen, mehren sich.

    Die Kapelle bei der früheren Pädagogischen Hochschule in Augsburg ist aus vielen Gründen ungewöhnlich.
    Die Kapelle bei der früheren Pädagogischen Hochschule in Augsburg ist aus vielen Gründen ungewöhnlich. Foto: Gregor Nagler

    Aktuell gibt es Pläne der katholischen Kirche, neue Sozialwohnungen in Lechhausen zu bauen. Das Bistum will das Wohnheim und dessen Kapelle an der früheren PH abbrechen, um auf dem Grundstück an der Schillstraße möglichst viele preisgünstige Wohnungen unterzubringen. Sie sind in Augsburg stark nachgefragt. Bei der Stadt liegt dazu eine Bauvoranfrage vor. 

    Kirche an der Pädagogischen Hochschule: Oben Gottesdienst, unten Geselligkeit

    Wilhelm Schmid meint dagegen: "Wenn man etwas erhalten muss von diesem Komplex, dann ist es die Kapelle." Architektonisch sei sie ein Abbild dessen, was sich in der Zeit ereignet hat. Der 70-Jährige hat es selbst hautnah erlebt. Drei Jahre studierte er in Augsburg auf Lehramt und lebte im Studentenwohnheim der Pädagogischen Hochschule, dem Albertus-Magnus-Heim. "Damals herrschte Aufbruchstimmung in der Kirche," sagt Schmid. Papst Johannes XXIII. habe sie in die Welt öffnen wollen. "Wir alle wollten das miterleben."

    Entsprechend wurden nach seiner Erinnerung die Gottesdienste gefeiert: Studentinnen und Studenten trugen als Messdiener normale Kleidung. Der Studentenpfarrer vertrat eine "moderne" Theologie. Schmid fand auch die moderne Architektur der Kapelle sehr eindrucksvoll. "Wir Studenten wussten es sehr zu schätzen, dass unsere Kunstprofessorin die tollen Fenster gestaltet hat." Die Kapelle sei ein wichtiger Teil des studentischen Lebens gewesen, sagt er. Auch der Veranstaltungsraum ein Stockwerk tiefer war ein zentraler Treffpunkt. Dort gab es Gastvorträge, Filmvorführungen und gesellige Veranstaltungen wie Faschingsbälle. Schmid kann sich vorstellen, dass die einstige Wohnheimkapelle "geistiger Mittelpunkt einer neuen Sozialsiedlung" werden könnte. 

    Peter Fassl fordert kreative Lösung für Kapelle und Sozialwohnungen

    Auch andere fordern, den Bau zu erhalten und unter Denkmalschutz zu stellen, darunter Kunstpädagogen, Kunsthistoriker und Historiker der Uni Augsburg sowie Architekturhistorikerin Barbara Wolf. Ein weiterer Appell kommt nun von Studierenden am Lehrstuhl für Kunstpädagogik. Er war bis zum Umzug in das neue Gebäude für Kunst und Musik am Campus in dem Gebäudeensemble in der Schillstraße 98–100 untergebracht. "Mit dem Abriss der vor allem im Innenraum eindrücklich gestalteten Kapelle mit Buntglasfenstern, die von der ersten Lehrstuhlinhaberin, der Künstlerin und Kunstpädagogin Hilda Sandtner, konzipiert wurden, ginge uns Studierenden der Kunstpädagogik ein ganz besonderer historischer Bezugspunkt verloren", schreiben Studentinnen und Studenten an die Augsburger Allgemeine. Es drohe also nicht nur der Verlust eines hochwertig gestalteten Gebäudes aus den 1960er-Jahren, auch ein Stück Technik- und Gestaltungsgeschichte werde verloren gehen.

    Der frühere Bezirksheimatpfleger Peter Fassl hat sich die Kapelle kürzlich angeschaut. Er sagt: "Meiner Meinung nach ist es ein hochwertiges Denkmal." Im Vergleich zu anderen Kirchenbauten der Zeit sei der annähernd quadratische Grundriss ungewöhnlich und bemerkenswert. Auch die Ausstattung im Inneren sei komplett erhalten, unverändert und von hochrangiger künstlerischer Qualität – etwa die umlaufenden farbigen Glasfenster von Hilda Sandtner oder die ornamental verlegten, teilweise blau glasierten Klinkerziegel von Reinhold Grübel. Zum Raumeindruck für Besuchende sagt Fassl: "Es ist ein phantastisches Farbspiel, wenn man drinnen sitzt." Darüber hinaus weist er auf Zusammenhänge zwischen der Architektur der Kapelle und der Kirchengeschichte hin. Im Vorfeld des Zweiten Vatikanischen Konzils habe man Licht in die Kirchen bringen wollen. Der Augsburger Entwurf spiele aber auch auf ältere Bautraditionen an.

    Aus Sicht des langjährigen Heimatpflegers und Architekturexperten sollte die Kapelle unbedingt erhalten werden, zumal sie als Teil des Ensembles der Pädagogischen Hochschule zu sehen sei, die bereits unter Denkmalschutz steht. Er sei überzeugt, dass die Kirche und alle beteiligten Stellen kreativ genug seien, um eine gute Lösung zusammen mit dem geplanten Sozialwohnungsbau zu finden. "Auch die Stadt Augsburg kann sich nicht aus der Verantwortung ziehen, das baukulturelle Erbe zu erhalten", betont Fassl. Denkbar sei etwa ein städtebaulicher Wettbewerb, um Probleme zu lösen. 

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